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26 II. Das Wiener Handwerk vom 13. Jahrhundert bis zum Jahre 1527
älteren Stadtbüchern und diversen Urkunden zusammengetragen, als Aussteller der Texte
finden sich ausschließlich der Landesfürst oder – in den meisten Fällen – Bürgermeister
und Rat von Wien. Die älteste im Wiener Handwerksordnungsbuch eingetragene Ord-
nung – jene der Zaumstricker – stammt noch aus demselben Jahr wie der genannte Erlass
Rudolfs, also aus 1364105. Im Gegensatz zu den herzoglichen Verordnungen werden hier
bereits wieder Bedingungen an die Ausübung eines Gewerbes gestellt, wenngleich noch
nicht von einem verpflichteten Beitritt zur Zeche gesprochen wird. In jedem Fall muss
ein Zaumstrickermeister laut dieser Ordnung urkundlich einen guten Leumund nach-
weisen106, weiters ist er dazu verpflichtet, das Bürgerrecht zu gewinnen. Im zweiten Arti-
kel wird überdies eine Qualitätskontrolle der hergestellten Waren durch Beschaumeister
eingefordert107. Diese Einschränkungen sind zwar im Vergleich zu späteren Verfügungen
über den Gewinn des Meisterrechts noch weniger streng, legen jedoch bereits die Grund-
lage für ein baldiges erneutes Aufleben der Zechen in Wien108.
Bereits in den kommenden Jahren erließ der Rat zahlreiche Ordnungen für Hand-
werker, die sich, wie die Narrationes dieser Texte berichten, vor allem darüber beschwert
hatten, dass zu viele Fremde nach Wien kämen und dort ihre Waren feil bieten würden,
wodurch das in der Stadt ansässige Handwerk geschädigt werde. Am 5. August 1367
brachten die beiden Gürtlermeister Jans von Prag und Peter von Würzburg diese Klage
vor den Rat109, im darauffolgenden Jahr ist ähnliches von den Schneidern110, Taschnern111
und von den Messerern112 zu hören. Die diesbezüglichen Bestimmungen des Rats glei-
chen sich vor allem in dem Punkt, dass einerseits nur mehr Wiener Bürgern die Ausübung
des Handwerks gestattet, zum anderen aber auch eine strenge Qualitätskontrolle der Wa-
ren gefordert wurde, die Vertreter des betreffenden Wiener Handwerks durchführen sol-
len. Am umfangreichsten gestaltet sich hierbei der betreffende Artikel der Taschner, in
dem neben dem Bürgerrecht und einem guten Leumund auch ein Beitritt zur Zeche als
Voraussetzung zur Ausübung des Handwerks gefordert wird113. Bei den Gürtlern wird
1367 zwar kein Erwerb der Zechmitgliedschaft erwartet, jedoch sollte der angehende
verantwortlich sein, die heute unter der Bezeichnung Copeybuch der gemainen Stat Wienn bekannt ist. Dieses bis
1464 fortgeführte und zwei Bände umfassende Stadtbuch ist heute nicht mehr im Original erhalten. Teile des
von 1440 bis 1453 reichenden Bandes wurden vom Wiener Hofbibliothekar Adam Franz Kollár (1718–1783)
unter der Bezeichnung: Publicorum Actorum Commentarii Civitatis Vindobonensis abgedruckt, siehe ders., Ana-
lecta 2 827–1404. Eine Abschrift des zweiten Bandes dieser Sammlung wurde vom kaiserlichen Hofarchivar
Ferdinand von Freysleben (gest. 1788) angelegt, die im Archiv des Stifts Klosterneuburg aufbewahrt wird und
auf deren Grundlage Hartmann Joseph Zeibig eine Edition der von 1454 bis 1464 überlieferten Stücke veröf-
fentlichte, siehe FRA II/7. Vgl. zu der Tätigkeit Hirssauers in der städtischen Kanzlei Schuster, Rechtsleben
383; Uhlirz, Quellen 45f., 78f.; unten S. 53f.
105 Siehe Nr. 115.
106 Siehe Nr. 115 Art. 1; allgemein dazu unten S. 125–129.
107 Siehe Nr. 115 Art. 2.
108 Während Zatschek, Handwerksordnungen 11, die Zaumstrickerordnung in diesem Sinne inter-
pretiert, sieht Uhlirz, Gewerbe 610, die Verfügungen über den Zugang zur Zaumstrickermeisterschaft als
weitgehend auf einer Linie mit den Bestimmungen Rudolfs IV. von 1361 und 1364 an. Auf Zatschek aufbau-
end, beurteilt Baum, Rudolf IV. 249, die Bestimmungen der ersten beiden Artikel der Ordnung als Beginn des
erneuten Aufblühens der Zechen.
109 Siehe Nr. 88.
110 Siehe Nr. 77.
111 Siehe Nr. 94.
112 Siehe Nr. 99.
113 Siehe Nr. 94 Art. 1; vgl. zum frühen Beleg der Taschnerzeche Zatschek, Handwerk 26.
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
(1364–1555)
- Title
- Das Wiener Handwerksordnungsbuch
- Subtitle
- (1364–1555)
- Author
- Markus Gneiß
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20418-3
- Size
- 17.3 x 24.5 cm
- Pages
- 674
- Keywords
- Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen