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Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)
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92 IV. Inhaltliche Aspekte zentren wie Augsburg, Regensburg oder Ulm zusammen545. Auch siedelten sich wohl im letzten Viertel des 14. Jahrhunderts zahlreiche oberdeutsche Barchenter in Wien an546. Zusammenfassend lässt sich eine Zunahme der Bezeichnung geselle seit ca. 1440 in den Texten des HWOB feststellen. Der ältere Begriff knecht, der sich ursprünglich ledig- lich auf ein Abhängigkeitsverhältnis des so Bezeichneten bezieht und keine negative Kon- notation per se darstellt, hält sich aber bis in das 16. Jahrhundert hinein, teilweise werden in ein- und derselben Ordnung auch beide Begriffe verwendet. Das Wort geselle setzt sich in den Wiener Ordnungen auffälligerweise zunehmend nach dem Erlass der allgemeinen Gesellenordnung von 1439 und der Zunahme von Konflikten zwischen Meistern und Gesellen von den 1410er bis zu den späten 1430er Jahren durch547. Auch die Rasur des Wortes knecht und seine Ersetzung durch geselle in zwei Ordnungen aus dem Jahre 1435 fallen wohl nicht ganz zufällig in diese Zeit der Unruhen und des steigenden Selbstbe- wusstseins der Gesellen als eigenständige soziale Gruppe und sprechen für eine zuneh- mende Bedeutungsverschlechterung des Wortes knecht. Die lateinische Entsprechung für geselle – socius – unterstreicht das korporative Element des sich immer mehr durchsetzen- den neuen Begriffs. Der Befund der zwar häufigeren Verwendung des Wortes geselle seit dem 15. Jahrhundert bei gleichzeitiger Abnahme, aber nicht völligem Verschwinden, der Bezeichnung knecht deckt sich somit mit den vor allem durch Auswertung von Quellen- material deutscher Städte erzielten Ergebnissen548. IV.2.4. Die arbeitsbezogenen Bestimmungen IV.2.4.1. Aufdingung und Einstellung Die Aufdingung steht am Beginn jeder Arbeitstätigkeit eines Gesellen in einer Stadt. Im Grunde wird hierbei ein Arbeitsvertrag zwischen Meister und Geselle abgeschlossen, der die Pflicht zur Entrichtung eines Lohns beinhaltet549. Allerdings muss der Geselle zu- vor gewisse Voraussetzungen erfüllen, um überhaupt für eine Anstellung in Frage zu kom- men. Beispielsweise legen die Messerer von Wien, Steyr, Waidhofen/Ybbs und St. Pölten bereits im Jahre 1439 fest, dass man sich über das Verhalten eines Gesellen bei seinem vo- rigen Meister erkundigen soll, falls der Aufzudingende innerhalb der Stadt die Werkstatt wechselt550. Diese Bestimmung findet sich auch in der Messererordnung der sogenannten 545 Nicht umsonst versuchten die Wiener Barchentweber im Jahr 1428 beim Rat der Stadt, ein allge- meines Einfuhrverbot für Barchent aus Ulm, Augsburg, Regensburg, Passau und – als einziger österreichischer Marktort – Kirchdorf an der Krems (OÖ) zu erwirken, lediglich der Barchent aus Venedig wurde geduldet, da man von dort auch die Baumwolle bezog, vgl. dazu Nr. 69; Mayer, Handel 56; Kallbrunner, Barchentweberei 81; Zatschek, Handwerksordnungen 28; von Stromer, Gründung 85. 546 Mayer, Handel 36; Kallbrunner, Barchentweberei 77. 547 Zu den Konflikten siehe oben S. 84−89. 548 Siehe z. B. Reininghaus, Gesellengilden 69; Schulz, Handwerksgesellen 52f.; Kluge, Zünfte 165f. Eine Ausnahme stellt hierbei vor allem Haberleitner, Handwerk 40–45, dar, der für die Steiermark und Kärnten unter anderem das dortige Gesellenwesen vom Spätmittelalter bis 1850 untersucht und dabei detailliert auf die Bezeichnungen für Gesellen eingeht. Auch er sieht das Wort knecht im 14. Jh. und der ersten Hälfte des 15. Jhs. als dominierend an, ab ca. 1450 taucht erstmals vermehrt geselle in der Untersuchungsregion auf. Trotz allem wird knecht bis in das 17. Jh. hinein relativ konstant weiterverwendet. Siehe zur Verwendung von knecht und geselle in Wien auch überblicksmäßig Hollnsteiner, Lehrlings- und Gesellenwesen 44f. 549 Uhlirz, Gewerbe 633; Hollnsteiner, Lehrlings- und Gesellenwesen 48. 550 Siehe Nr. 104 Art. 8.
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Das Wiener Handwerksordnungsbuch (1364–1555)
Title
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
Subtitle
(1364–1555)
Author
Markus Gneiß
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2017
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20418-3
Size
17.3 x 24.5 cm
Pages
674
Keywords
Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
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