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IV.5. Weitere Ordnungen 169
IV.5.3. Sicherheit und Zusammenleben: Vorstadt-, Tor- und Mauerbewachung,
Banntaiding der Bewohner des Unteren Werds
Wie bereits weiter oben besprochen1212, galt es als Grundpflicht der Bürger, zu denen
auch die Handwerksmeister zählten, der Stadt Wehr- und Sicherheitsdienst zu leisten.
Die Stadtverwaltung erließ jedoch ab dem 15. Jahrhundert zunehmend umfangreichere
Sicherheitsordnungen, die auf eine allgemeine Organisation des Wacht- und Wehrsystems
abzielten.
An erster Stelle ist hier die Ordnung der geschworenen Vierer vor den Toren von 1432
zu nennen1213. Diese Gruppe aus vier ehrbaren Männern pro Vorstadtgebiet – also jeweils
in einem bestimmten Bereich vor den vier Haupttoren Stubentor, Widmertor, Kärntner-
tor und Schottentor – soll von der Gemein jedes Jahr zu Weihnachten gewählt und am
ersten Ratstag nach Weihnachten durch den Stadtrat nach erfolgter Eidesleistung1214 be-
stätigt werden; zwei der erwählten Vierer pro Stadttor bleiben auch im kommenden Jahr
in diesem Amt, zwei andere werden neu gewählt (Art. 1). Die in der Ordnung genannten
Aufgabengebiete der geschworenen Vierer sind vielfältig. Anscheinend gibt es einen fixen
Termin für die jährliche Beschau aller Feuerstätten, und zwar die Zeit zwischen dem ers-
ten und dem 29. September, also vor Beginn der Heizperiode; eine laufende Beschau der
Feuerstätten ist jedoch ebenso üblich, um mögliche Brandherde rechtzeitig zu erkennen
und die Brandgefahr zu beseitigen (Art. 2). Vor dem vierten Fastensonntag, dem Sonntag
Laetare, müssen die Vierer in ihren Zuständigkeitsbereichen auch alle Wege, Gräben und
Fußpfade (stigel ) besichtigen sowie ungewöhnliche bzw. verbotene Bauten und Wege an-
zeigen, die Besitzer derselben zur Änderung anhalten und bei Nichtbefolgung bestrafen
(Art. 3). Haus- und Grundstücksbeschau (Art. 4, 5) zählen also wohl zu den Hauptagen-
den der Vierer. Bei Fragen von Grenzziehungen infolge von Grundstücksteilungen kön-
nen sie ebenfalls anwesend sein (Art. 7). Die Vierer sind auch berechtigt, einen Weingar-
ten ze reys zu sagen, also den Grund infolge einer unsachgemäßen Bebauung einem neuen
Besitzer zu übertragen (Art. 8)1215. Bei der Beschau und als Merkmal für einen negativ
beschauten Grund, bei dem Änderungen zu erwarten sind, stoßen die Vierer offenbar
ein erkennbares Zeichen (march oder krewtz) in den Boden, das vom Grundstücksbesitzer
nicht entfernt werden darf (Art. 3, 11). Für all diese Leistungen der Vierer müssen die
betroffenen Personen eine Abgabe in genau festgelegter Höhe entrichten.
In Summe kann also gesagt werden, dass die Vierer vor den Toren sowohl Zustän-
digkeiten im Brandschutz als auch in der Grundstücks- und Hausbeschau hatten; ihr
Zuständigkeitsbereich lag in den Vorstädten Wiens. Für den Bereich innerhalb der Stadt-
mauern wurden ab 1454 eigene Amtsträger bestellt, die ähnliche Aufgabengebiete inne-
hatten wie die Vierer vor den Toren: die geschworenen Werkleute1216. Spätestens ab 1522
sind in Wien auch sogenannte Feuerrufer als von der Stadt besoldete Wachtkräfte nach-
1212 Siehe oben S. 119–121.
1213 Siehe Nr. 232. Siehe zu den Aufgaben der Vierer auch Czeike, Feuerlöschwesen 30; Pils, Brandge-
fahr 187; Kowarsch-Wache, Feuerbeschau 151.
1214 Siehe Nr. 54.
1215 Vgl. zu diesem Ausdruck DRW 11 (2003–2007) 764f.
1216 In diesem Jahr wurde für die Stadt Wien eine Feuerordnung erlassen, Druck: FRA II/7 6–9; Rechte
und Freiheiten 2, ed. Tomaschek Nr. CLIV. Siehe zu diesen und ausführlich zu anderen Bestimmungen der
Ordnung von 1454 auch Czeike, Feuerlöschwesen 34–38. Für die im HWOB überlieferten Eide der Werkleute
siehe Nr. 46; 52; 354; oben S. 156.
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
(1364–1555)
- Title
- Das Wiener Handwerksordnungsbuch
- Subtitle
- (1364–1555)
- Author
- Markus Gneiß
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20418-3
- Size
- 17.3 x 24.5 cm
- Pages
- 674
- Keywords
- Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen