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(BERNHARD CLAIRVAUX, De grad. 1, 2) und von
die Haupttugend denn es gilt der Satz: Wo du nichts ver-
magst, da wolle nichts nihil nihil Die D. beruht auf Be-
trachtung und seiner selbst („inspectio et despectio sui" (Eth. I,
sct. 2, § 2).
(voeXv, cpgoveXv, cogitare) bedeutet: 1. allgemein-populär auch
das „Gedenken", das sich Erinnern, Achten, Vorstellen; 2. im engeren, wissen-
schaftlichen Sinne: eine vom bloßen Vorstellen unterschiedene Tätigkeit,
Funktion des Geistes. Das D. ist, psychologisch, geistige aktive Ver-
arbeitung eines gegebenen Empfindungs- und Vorstellungsmaterials, welches
durch die Apperzeption (s. d.) erfaßt wird, es ist Gliederung, Verknüpfung,
Ordnung, Vereinheitlichung dieses Erlebnissen und durch Assoziation (s. d.)
erworbenen Materials, Gestaltung desselben im Sinne des Denkwillens, der
die Mannigfaltigkeit der Vorstellungen so bearbeitet, daß
Gebilde, Zusammenhänge entstehen, die dem Denkzwecke entsprechen. Das
ist also eine Willenstätigkeit, welche dem Vorstellungsablauf eine
eigene Richtung gibt, ihn hemmt, gliedert usw., kurz ihn so reguliert, daß das
Denkziel, streng Zusammenhang der Vorstellungen und
Gedanken, möglichst erreicht wird. Das Denken trennt und verbindet, ver-
gleicht und bezieht, gliedert und ordnet, bildet Begriffe, Urteile, Schlüsse, bzw.
besteht in allen diesen Funktionen, deren Resultat die Herstellung logischer
Verbindungen ist, die den Relationen (s. d.) der Wirklichkeit entsprechen
können, bzw. in denen solche Relationen selbst zum (symbolischen, ideellen)
Ausdruck kommen. Rein ist das Denken ein Zusammenhang von
Urteilen (s. in welchen bestimmt wird, was von den Gegenständen des
zu gelten hat, was nicht. Richtig (s. d.) ist ein Denken, dessen An-
spruch auf Gültigkeit berechtigt ist, sich bewährt, weil es dem Denkzweck
angemessen ist, weil es so urteilt, einen solchen Zusammenhang herstellt, wie
ihn die Gegenstände selbst erfordern (sachlich begründetes Denken); formal
richtig ist das D., wofern es mit sich selbst übereinstimmt, dem allen
zugrundeliegenden Einheitswillen genügt. Je weniger von subjektiven
Gefühlen, Strebungen das D. beeinflußt ist, desto objektiver kann es sein; aber
das hindert nicht, sondern fordert, daß der reine Denkwille logisch (als
inhalt, nicht als Funktion) dem Denken Richtung, Ziel und Normen gibt
(s. Denkgesetze), so wie psychologisch das Wollen der Motor, der Antrieb der
Denktätigkeit ist. „Reines" Denken ist das Denken der eigenen Formen und
Gesetze, das aus diesen allein schöpfende Denken (s. Kategorien), das aber
stets nur an der Erfahrung sich betätigt und sich im Einzelnen dem
material anpaßt, wie dieses sich der Denkgesetzlichkeit anpassen, fügen muß
(s. Erkenntnis). Das (primäre) D. verarbeitet die Wahrnehmungs-
und Vorstellungsinhalte direkt, das abstrakte, begriffliche Denken arbeitet mit
Begriffen und Urteilsinhalten. Das Denken ist kein Akt, getrennt von
einem Inhalt besteht, der Denkinhalt gehört konkret in einen lebendigen Denk-
zusammenhang, aus dem er nur durch Abstraktion herausgehoben wird und
betrachtet wird, als ob er selbständig wäre. Denken ist „Denken eines Inhalts";
die Zusammenhänge, Relationen der Denkobjekte, Denkgebilde sind die objek-
tive Seite dessen, was, psychologisch betrachtet, als Zusammenhang von Denk-
prozessen sich darstellt, so daß die Gesetze des Denkens zugleich Gesetze
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Handwörterbuch der Philosophie
- Title
- Handwörterbuch der Philosophie
- Author
- Rudolf Eisler
- Publisher
- ERNST SIEGFRIED MITTLER UND SOHN
- Location
- Berlin
- Date
- 1913
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- Size
- 12.7 x 21.4 cm
- Pages
- 807
- Keywords
- Philosophie, Geisteswissenschaften, Objektivismus
- Category
- Geisteswissenschaften