Page - 106 - in Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, Volume LIX
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Werner
Telesko106
aufgestützt dargestellt sind. Gemeinsam hal-
ten sie das ungarische Krönungsszepter.11 Maria
Theresia ergreift mit ihrer freien Linken das ne-
ben ihr liegende ungarische Krönungsschwert
(Abb. 3) – nicht ohne Grund in unmittelbarer
Nachbarschaft zum Relief mit der Darstellung
von Maria Theresias Ritt auf dem Krönungshü-
gel in Pressburg, wo sie das Schwert in alle vier
Himmelsrichtungen schwenkt. Maria Theresias
Rücken wird von einem Kissen gestützt, an des-
sen Rand der traditionsreiche und mit der Fröm- migkeit des Hauses Habsburg unmittelbar ver-
bundene Sternkreuz-Orden als Relief angebracht
ist. Franz Stephans linker aufgestützter und von
der Draperie verdeckter Arm hält das Reichs-
szepter. Maria Theresia, die ein Diadem aus Per-
len und einen Lorbeerkranz trägt, ist mit ihrem
Schmuck, ihrem Gewand und dem ungarischen
Szepter in ihrer Funktion als ungarische Königin
wiedergegeben. Diese Darstellung Maria There-
sias im ungarischen Krönungsornat kann prak-
tisch als „amtliche“ Darstellung der Herrscherin
bezeichnet werden und erfreute sich im 18. Jahr-
hundert besonderer Beliebtheit.12 Das am Sarko-
phag fehlende – und durch einen Edelstein er-
setzte – Miniaturporträt Franz Stephans an Maria
Theresias Brust läßt sich schlüssig durch die An-
wesenheit ihres Gemahls am Sarkophag erklären.
Dieser ist im zeitlos-allegorischen Gewand eines
römischen Imperators – als Anspielung auf seine
römisch-deutsche Kaiserwürde – wiedergegeben
und – wie Maria Theresia – mit einem Lorbeer-
kranz gekrönt sowie mit dem Orden vom Gol-
denen Vlies ausgestattet. Auf dem Mittelfuß der
Vorderseite erhebt sich über einem gekreuzt gege-
benen, lorbeerumrankten Schwert mit Szepter ein
mit der habsburgischen Mitrenkrone bekrönter
Totenschädel, die Schmalseite des Kopfendes wird
durch zwei Inschriftenkartuschen dekoriert.
Das Attribut der lorbeerumwundenen Tuba
(Posaune) des hinter dem Kaiserpaar wie schwe-
bend dargestellten Genius kennzeichnet diesen
als Fama. Joseph Edler von Kurzböck schilderte
in seiner 1779 publizierten „Neuesten Beschrei-
bung aller Merkwürdigkeiten Wiens“ diesen
Genius als einen Sinngeiste mit der Krone der
Unsterblichkeit.13 Das auf dem Tumbadeckel pla-
12 M. Pötzl-Malikova, Die Statuen Maria Theresias und Franz I. Stephan von Lothringen von Franz Xaver
Messerschmidt. Ein Beitrag zur typologischen Ableitung des spätbarocken Herrscherstandbildes, in: Wiener Jahr-
buch für Kunstgeschichte, 34, 1981, S. 131–145, hier S. 137. – G. Mraz/G. Schlag (Hrsg.), Maria Theresia als Kö-
nigin von Ungarn, Ausstellungskatalog, Schloß Halbturn, 15.05.1980-26.10.1980, Eisenstadt 1980. – W. Häusler,
Herrscherstatuen und Menschenbild. Zur politisch-historischen Dimension der Porträtkunst Messerschmidts,
in: M. Krapf (Hrsg.), Franz Xaver Messerschmidt 1736–1783, Ausstellungskatalog, Wien, Österreichische Galerie
Belvedere, 11.10.2002-09.02.2003, Ostfildern-Ruit 2002, S. 31–47.
13 Vgl. Beelitz, Grabmal (zit. Anm. 7), S. 54, ähnlich bei: F. de P.-A. Gaheis, Beschreibung der auffallendsten Merk-
3: Wien, Kapuzinergruft, Prunksarkophag für
Maria Theresia und Franz Stephan von Balthasar
Ferdinand Moll, 1754, Detail: Maria Theresia ergreift das
ungarische Krönungsschwert
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
Volume LIX
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
- Volume
- LIX
- Editor
- Bundesdenkmalamt Wien
- Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German, English
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78674-0
- Size
- 19.0 x 26.2 cm
- Pages
- 280
- Keywords
- research, baroque art, methodology, modern art, medieval art, historiography, Baraock, Methodolgiem, Kunst, Wien
- Category
- Kunst und Kultur