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Die Hakoah als Legitimation 45
Innerhalb des Spektrums der Vereine, die keine Juden und Jüdinnen als
Mitglieder akzeptierten, gab es nicht nur in der Art der Ausschlussmechanis-
men eine große Bandbreite. Bemerkenswert ist, wie unterschiedlich etwa der
WienerSport-ClubundderEWASCnachaußenhinauftraten:Währendesbeim
Sportclub keine offiziellenHinweise auf denAusschluss von Juden gibt – die
Tatsacheaberoffensichtlich inSportkreisenallgemeinbekanntwar (undauch
nie dementiert wurde) –, trug der EWASC seinen Deutschnationalismus und
Antisemitismusstolzvorsichher.AntimarxismusundAntisemitismusbildeten
zentrale Klammern des christlich-konservativen und deutschnationalen „La-
gers“.
Als Gegenkräfte erwiesen sich vor allemdie internationalen Sportverbän-
de, es ist auch ein Gegensatz zwischenWien und der Provinz zu erkennen.
Umgekehrt konntendie sehr ausgeprägtenAusformungendesAntisemitismus
etwainderSteiermarkoderTirolauchalsZeichenvonProvinzialismusgelesen
werden. So nutzteWilly Schmieger die erwähnten Vorgänge beimDeutschen
Sportverein Leoben zu einer Polemik gegen die „provinziellen“ Steirer. Lisa
Silverman schreibt imZusammenhangmit der (falschenund inweiten Teilen
antisemitischmotivierten)Verurteilungdes jüdischenFotografenPhilippHals-
mann durch ein Innsbrucker Geschworenengericht für die angebliche Ermor-
dungseinesVatersbeieinerBergtour indenTirolerAlpen:„Ontheotherhand,
manyViennesenewspapersalsoused theoccasion topoke funat theprovinci-
al Innsbruckers for their xenophobia andopportunism.“88
ChronologischlassensichzweiWellendesAusschlussesvonJüdinnenund
JudenausTeilendesSportbetriebs verorten, jeweils in engemZusammenhang
mit breiteren gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen: Mitte der
1890er-JahreundkurznachdemErstenWeltkrieg.Silvermanschreibt:„By the
endof 1923, as theeconomyrecovered, thewaveofpostwarantisemitic action
bythosewhoheldJewsresponsible for the lossof thewarhadbeguntoebb.“89
AuchdieDiskussionenüberArierparagrafen imSportwurdenMitteder1920er-
Jahre leiser. ImAustrofaschismuswurdevonstaatlicherSeiteab1933versucht,
trotz der antisemitischen Tradition der Christlichsozialen den Anschein der
DiskriminierungvonJudenundJüdinnenzuvermeiden–siewarenpotenzielle
PartnerInnen in der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus, ein
Kampf, der auch im Sport ausgetragen wurde. Die zitierte Festschrift des
EWASCausdemJahr 1937, inder sichderVerein für seinen imArierparagrafen
festgeschriebenenAntisemitismus feiert, lässt sichwohl schon imKonnexder
88 Lisa Silverman, Becoming Austrians. Jews and Culture between theWorldWars (Oxford/
NewYork 2012) 49.
89 Silverman, BecomingAustrians, 4.
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Sportfunktionäre und jüdische Differenz
Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Title
- Sportfunktionäre und jüdische Differenz
- Subtitle
- Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Authors
- Bernhard Hachleitner
- Matthias Marschik
- Georg Spitaler
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Location
- Berlin
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-055331-4
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 376
- Categories
- Geschichte Nach 1918