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Die jüdische Bevölkerung Wiens in der Zwischenkriegszeit 53
RunddieHälfte (57,7 Prozent) der jüdischenWienerInnenwar laut Volks-
zählung 1923 imAusland geboren. Diese Personen stammten vorwiegend aus
Galizien,derBukowinaundUngarn.29Allein inderLeopoldstadt lagderAnteil
der imAusland geborenen Bevölkerung an der gesamten Bezirksbevölkerung
bei44Prozent.30Rund25.000vorrangigmännliche Judenwaren indenJahren
nach dem Ersten Weltkrieg als Flüchtlinge aus Galizien und der Bukowina
nachWien gekommen,31 was für die Zwischenkriegszeit zu einem geringeren
FrauenanteilunterdenWiener JudenundJüdinnen imVergleichzursonstigen
Bevölkerung führte.32 Von den jüdischenWienerInnen nutzen allerdings nur
erstaunlichwenigealsUmgangssprachedas Jiddische, lautVolkszählung 1923
handelteessichuminsgesamt2.434vorwiegendausGalizienoderderBukowi-
na stammende Personen, diemehrheitlich in der Leopoldstadt, in der Brigit-
tenau und imAlsergrund lebten.33 Eswaren vorwiegend diese oft als „Ostju-
den“ bezeichneten, zum Teil Jiddisch sprechenden und zu den ärmeren
SchichtenderWienerBevölkerungzählendenJudenundJüdinnen,diewieder-
holtgroßeAblehnungdersichderdeutschenKulturverbundenen„Westjuden“
erfuhren.34
Der starke Trend zur Bildung innerhalb derWiener Juden und Jüdinnen
hatte sichauchnachdemErstenWeltkrieg fortgesetzt: JüdischeStudentInnen
nahmen im Jahr 1924 mit fast einem Drittel aller Studierenden (30 Prozent)
einenweiterhin sehrhohenAnteil allerHochschülerInnenein,wenngleich ihr
Anteil 1920/21 höher gewesen war (42 Prozent)35 und bis 1938 tendenziell
sank.36 Die Studienschwerpunkte jüdischer Studierender lagenwie Ende des
19. Jahrhunderts bei denRechtswissenschaften (36Prozent aller Studierenden
tion (Veröffentlichungen der Österreichischen Historikerkommission 21/2, Wien/München
2004) 38–50 sowieKapitel 4.
29 Hingegenwar nur rund ein Viertel der katholischen EinwohnerInnenWiens imAusland
geboren. Lichtblau, Integration, 500f.; Bundesamt für Statistik (Hg.), StatistischesHandbuch
fürdieRepublikÖsterreich, 6. Jahrgang (Wien 1925) 14.
30 Bundesamt für Statistik,Handbuch 1925, 14.
31 Lichtblau, Integration,490f., 501;Goldhammer, JudenWiens, 13, 25f.;Lichtblau,Partizipa-
tion, 234f.
32 Lichtblau,Partizipation, 243;Goldhammer, JudenWiens, 25;Magistratsabteilung fürStatis-
tik, Jahrbuch 1930–1935, 8; Bundesamt für Statistik,Volkszählung 1934, Textheft, 28ff.
33 Lichtblau, Integration, 497; Lichtblau, Partizipation, 233. Nur ein Drittel dieser Personen
war inWiengeboren.Magistratsabteilung fürStatistik, Jahrbuch1929 (NF, 2. Jahrgang)6. 1934
gabennurnoch510Personen JiddischalsUmgangssprachean.Magistratsabteilung fürStatis-
tik, Jahrbuch 1930–1935, 13;Bundesamt für Statistik,Volkszählung 1934, Textheft, 53.
34 Lichtblau, Partizipation, 239;Lichtblau, Integration, 476f.
35 Tietze, Juden, 259f.;Goldhammer, JudenWiens, 39.
36 Maderegger, Ständestaat, 152ff.
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Sportfunktionäre und jüdische Differenz
Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Title
- Sportfunktionäre und jüdische Differenz
- Subtitle
- Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Authors
- Bernhard Hachleitner
- Matthias Marschik
- Georg Spitaler
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Location
- Berlin
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-055331-4
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 376
- Categories
- Geschichte Nach 1918