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76 4 Die jüdische Sportbewegung im Wien der Zwischenkriegszeit
Zielen des Zionismus skeptisch oder ablehnend gegenüberstanden, konnten
partizipierenbzw. sich alsAnhänger bzw.AnhängerinnenderHakoah fühlen,
weil der Verein allein schondurch seineweitreichende Tätigkeit das jüdische
Selbstwertgefühl imbesonderenMaßehob.
ImGegensatzzudenjüdischenTurnvereinenpositioniertesichdieHakoah
schon früh alsAllroundsportverein undhatte regen Zulauf. Schon zehn Jahre
nach der Gründung betrieben über 1.000 Mitglieder Sport in den Sektionen
Fußball,Schwimmen,Leichtathletik,Tennis,SkiundTouristikundSchwerath-
letik.23NebendenSportaktivitätenentwickeltesicheinbreitgefächertesKultur-
leben mit Vorträgen, Festveranstaltungen und Kabarettabenden – etwa die
Hakoah-Redoute sowie die „Beda“-Abendemit demLibrettisten undHakoah-
Präsidenten Fritz Löhner-Beda. Diese kulturellen Aktivitätenmündeten auch
in die Gründung eines eigenen Vereinsorchesters sowie einer Tanzsektion.24
SelbstderAusbruchdesErstenWeltkriegeskonntedasVereinslebennurkurz-
fristig beeinträchtigen.
DieBlütezeit jüdischerVereine inWien
AbHerbst 1918nahmallgemeindieSportbegeisterung inWienzu,was sich in
einem Vereinsgründungsboom, besonders im Fußballsport, niederschlug.25
Denehemals auf bestimmteSchichtenbegrenztenFußball hattenallemännli-
chenBevölkerungsschichtenimErstenWeltkrieganderFrontoder inderEtap-
pekennen-undschätzengelernt.ZurückinderHeimatnahmderFußballgera-
de unter den Arbeitern einen enormen Aufschwung und institutionalisierte
sichschnell imArbeiterfußball.AllgemeinstiegensowohldieZahlderAktiven
als auchder Zuschauer rapide an.26
Dieser allgemeineAufschwung erfasste auchdie jüdische Sportbewegung
undnebender arriviertenHakoahundden jüdischenTurnvereinenkames zu
einerFülleanweiteren jüdischenVereinsgründungen.Dabeiwardiesoziopoli-
tische Bandbreite unter den neuen jüdischen Vereinen sehr hoch. Allround-
sportvereine wie Kadimah, Hechawer undHasmoneawaren stark zionistisch
geprägt, standen derHakoah nahe und kooperiertenmit dem jüdischenAus-
hängeschild. KleinereVereinewieAchduth, Achim,Ari undHagibor versuch-
23WienerMorgenzeitung (1.8. 1919) 6.
24 ZurTanzsektion siehe JüdischeZeitung (15. 12. 1911) 6.
25 MatthiasMarschik, Vom Herrenspiel zum Männersport: Modernismus – Meisterschaft –
Massenspektakel.Die ersten JahreFußball inWien (Wien 1997) 142.
26 Marschik,Herrenspiel, 142.
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Sportfunktionäre und jüdische Differenz
Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Title
- Sportfunktionäre und jüdische Differenz
- Subtitle
- Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Authors
- Bernhard Hachleitner
- Matthias Marschik
- Georg Spitaler
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Location
- Berlin
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-055331-4
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 376
- Categories
- Geschichte Nach 1918