Page - 149 - in Sportfunktionäre und jüdische Differenz - Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
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Case Study: Der First Vienna Football Club 1894 149
mussteeinerderPartnerentwederdieReligiondesanderenannehmenoder in
dieneutraleKategorie derKonfessionslosigkeitwechseln.148
Neben Heirat dürften weitere wichtige Motive für die Konversion der
Wunsch nach Assimilation und damit einhergehend auch die Flucht vor der
alltäglichenDiskriminierung gewesen sein. Darüber hinauswird inmanchen
Fällen damit auch der Wunsch nach gesellschaftlichem Aufstieg verbunden
gewesensein.NatürlichkonntedieAbkehrvonderReligionauchein Indiz für
eineEntfremdungvonder jüdischenHerkunft selbst sein.149Vonzionistischer
Seite wurden die Konvertitinnen und Konvertiten als „Täuflinge“ bezeichnet
und ihrVorgehenalsVerrat ander jüdischenSacheverunglimpft.150Regelmä-
ßigveröffentlichtenZionistenNamenderAusgetretenen,sozusagenals„Listen
der Schande“.151
DieVienna-Konvertiten stammtendurchwegsausdem(Groß-)Bürgertum,
waren gesellschaftlich gut vernetzt und ähnelten sich inHerkunft undBeruf.
SomitdürftedieAbkehrvomJudentumnichtprimärdemStrebennachgesell-
schaftlichemAufstieggeschuldet gewesensein.AllebetreffendenFunktionäre
waren im Zeitraum zwischen 1860 und 1888 geboren undwaren in der über-
wiegendenMehrzahl als Kaufleute tätig. Mit der Ausnahme von Ernst Fried-
mann,der 1924konvertierte,kehrtensiealle imZeitraumvon1901bis 1913der
IKGdenRücken.
KaufmannHermannSchönaug, derGeorgFuchs ander Spitze derVienna
beerbte,war 1874 inBudapestgeborenwordenund1906ausder IKGausgetre-
ten.152 Schönaugwandte sich erfolgreich demWeinhandel zuundbetriebmit
seinemKompagnonKornel Spitzer ab 1904dieWeingroßhandlungFranzSpit-
zer und Sohn inWien Döbling153. Dazu übernahm er zusammenmit Spitzer
1909 den k.u.k. österr. und kgl. bayrischenHofweinlieferanten Leibenfrost &
Companion an der Döblinger Hauptstraße.154 Im Rahmen seiner beruflichen
148 Rozenblit, Juden, S. 198, sowie Jakob Thon, Taufbewegung der Juden in Österreich. In:
Zeitschrift fürDemographieundStatistik der Juden 1 (Jänner 1908) 6–12, hier 7.
149 Schweighöfer, Sucher, 73, sowieRozenblit, Juden, 138.
150 Rozenblit, Juden, 141.
151 Rozenblit, Juden, 141, sowieDieWelt (12. 5. 1905) 10f.
152 AnnaL. Staudacher, „…meldet denAustritt ausdemmosaischenGlauben“. 18.000Aus-
tritte aus dem Judentum inWien 1868–1914. Namen – Quellen – Daten (Frankfurt/M. 2009)
532.
153 LehmannsAllgemeinerWohnungs-Anzeiger nebst Handels undGewerbe-Adreßbuch für
die k.k. Reichs-Haupt- und Residenzstadt Wien nebst Floridsdorf und Jedlersdorf, Band 1
(Wien 1905) 492.
154 LehmannsAllgemeinerWohnungs-Anzeiger nebst Handels undGewerbe-Adreßbuch für
Wiendiek.k.Reichs-Haupt-undResidenzstadtWiennebstFloridsdorfundJedlersdorf,Band1
(Wien 1909) 382.
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Sportfunktionäre und jüdische Differenz
Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Title
- Sportfunktionäre und jüdische Differenz
- Subtitle
- Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Authors
- Bernhard Hachleitner
- Matthias Marschik
- Georg Spitaler
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Location
- Berlin
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-055331-4
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 376
- Categories
- Geschichte Nach 1918