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328 11 Resümee
desNationalsozialismus inParisundkehrteam6.Dezember 1945mitder fran-
zösischenFußball-Nationalmannschaft nachWienzurück.30Am10.Dezember
bestätigte dieÄrztekammerWiendie ordnungsgemäßeAnmeldung seiner Tä-
tigkeit als praktischerArzt.31 Von IgnazKörnersNetzwerken, die vielenSport-
lerInnen bei der Flucht halfen, war bereits die Rede. In Verbindung damit
stand unter anderem der nach England geflohene Hakoah-Funktionär und
RechtsanwaltValentinRosenfeld,der seinerseits zahlreichenPersonen,voral-
lemauchHakohanern, zurFluchtausWienverhalf.32EhemaligeWienerHako-
ah-Mitglieder bildetennachdemMärz 1938 einNetzwerk aufmehrerenKonti-
nenten, dasüber Jahrzehnte intakt blieb.33
ImHinblickaufdenWienerSport alsSchauplatzvonoffenemAntisemitis-
musvor 1938,wieer für zahlreicheSportartendokumentiert ist, lässt sich fest-
halten,dasssowohldasLeistungs-undKonkurrenzprinzipdesSportsalsauch
dasantagonistischePrinzipdes„Vereinsfanatismus“,etwa imFußball,prädes-
tiniert dafür erscheint, offenenAntisemitismuszumAusdruckzubringen.Tat-
sächlichbildetederAntisemitismusein immerwiederkehrendesElement etwa
in Sportkontakten unter Beteiligung der Hakoah oder kleinerer zionistischer
Vereine. Doch erweist sich dieses Thema als komplex und widersprüchlich,
sowohl hinsichtlich individueller Erfahrungen als auch der Darstellungen in
den Medien. Während rechte und konservative Zeitungen offen und massiv
antisemitisch agierten, war expliziter Antisemitismus in der Sportpresse und
in liberalenZeitungenkaumverbreitet oder konzentrierte sich– imGegensatz
zu„neutralen“Bild-undTextberichten–aufdieEbenederKarikatur.34 Inan-
derenFällenwurdenantisemitischeAngriffe aufSportfunktionäreoffenbarals
verbaleWaffe in anders gelagerten Konflikten instrumentalisiert, etwa in der
Auseinandersetzung zwischen „bürgerlichem“ und ArbeiterInnensport. Von
derArbeiter-ZeitungetwawurdedieHakoahwohlwollendbeschrieben,solange
dienationaljüdischenKlubs imFußballverbandKoalitionspartnerderArbeiter-
fußballvereinewaren. Nach der Option der Hakoah für den Profifußball wur-
den sie und ihre Funktionäre als Teil des bürgerlichen Sportgeschehens auch
mit antisemitischerUnterfütterungangegriffen.
30WStLA,Bestand2.10.2,ÄrztekammerWien,PersonalaktÄrztekammer,PolitischerFragebo-
genSchwarzEmanuel (10. 10. 1946).
31WStLA, Bestand 2.10.2, ÄrztekammerWien, Bestätigung. Die Leitung der Ärztekammer in
Wien (Abschrift, i.A.Dr.Verderber datiert 10. 12. 1945).
32 Siehe z.B.Körner, Lexikon, 122.
33 Vgl. dazu:Hachleitner, Bannerträger.
34 MatthiasMarschik,DepictingHakoah. Imagesof a Zionist Sports Club in InterwarVienna.
In:Historical Social Research43,H. 1: Sports, Bodies, andVisual Sources (2018) 129–147.
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Sportfunktionäre und jüdische Differenz
Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Title
- Sportfunktionäre und jüdische Differenz
- Subtitle
- Zwischen Anerkennung und Antisemitismus – Wien 1918 bis 1938
- Authors
- Bernhard Hachleitner
- Matthias Marschik
- Georg Spitaler
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Location
- Berlin
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-055331-4
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 376
- Categories
- Geschichte Nach 1918