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126 Hemma Mayrhofer
bungen und Evaluationen bildet. Johann stellt sein bisheriges Leben inner-
halb weniger Minuten im Zeitraffer als dreigeteilt dar: An eine erste Phase
der Kindheit und Jugend, die mit 14 Jahren für beendet erklärt wird, schließt
die Phase des Engagements im Jugendtreff26 an, auf die mit ungefähr 20
Jahren beginnend die aktuelle Phase als junger Erwachsener folgt. Der Nach-
frageteil zur ersten Lebensphase lässt sich als stockendes Frage-Antwort-
Pingpong mit der Interviewerin beschreiben und besteht ebenfalls häufig aus
kurz gehaltenen verdichteten Situationsbeschreibungen und argumentativen
Textteilen. Ab der Nachfragephase zur Jugendtreff-Zeit werden Johanns
Antworten sukzessive narrativer, im späteren Interviewverlauf folgen – auch
bei neuerlichen Rückfragen zur frühen Jugendzeit – ausführlichere Erzählun-
gen mit teilweise hoher Indexikalität. Die Darstellungen werden schrittweise
reichhaltiger, Erinnerungen kommen von selbst, Johann bringt dabei auch
eigenständig neue Themen ein.
Insgesamt macht der Interviewverlauf den Eindruck, als hätte der Biograf
seine Lebenserinnerungen – mit Ausnahme der Jugendtreff-Zeit – zunächst
nur zögerlich an sich herangelassen, mit zunehmender Dauer des Gesprächs
kommen aber immer mehr Erinnerungen, mit denen der ursprüngliche karge
biografische Rahmen ausgefüllt und angereichert wird. Besonders bemer-
kenswert an der Lebensdarstellung ist, dass die Rolle der Herkunftsfamilie
zunächst längere Zeit völlig unthematisiert blieb und Johann erst nach mehr-
maligem Einbringen des Aspekts durch die Interviewerin beginnt, von der
schwierigen Beziehung zu seinem Vater zu berichten. Danach kehrt er aber
wiederholt aus eigenem Antrieb zu diesem sich durch sein Leben ziehenden
Grundthema zurück.
Die kurze Stegreiferzählung skizziert bereits in groben Zügen die Grund-
struktur der biografischen Verlaufsdynamik, und zwar zunächst als eine an-
steigende Aktivitätskurve: Johann hat die erste Lebenszeit an seinem Heima-
tort „verbracht“ und dann für bzw. in einem Nachbarort Fußball gespielt.
Danach zeigt sich ein deutlicher Bruch, Johann gibt an, sich ab dem Aktiv-
werden der mobilen Jugendarbeit im Heimatort „großteils dann nur mehr fürs
Jugendtreff eingesetzt“ zu haben. Während die Phase vor dem Jugendtreff-
Engagement eher durch passives Verbringen bzw. spielerische Freizeitaktivi-
täten geprägt ist, wird in der Jugendtreff-Phase ein biografisches Handlungs-
schema verbunden mit stark gestiegener Verantwortungsübernahme erkenn-
bar. Anschließend bricht die Engagementkurve ab, die Lebensphase als jun-
ger Erwachsener wird als sich monoton wiederholender Ablauf geschildert:
„tagein, tagaus arbeiten, arbeiten, arbeiten – und Motorradl fahren“ (NI1: S.
1/Z20f.). Die Arbeit gibt zwar eine gewisse Stabilität, scheint aber derzeit das
Leben eher eintönig zu dominieren. Vorrangig lässt sich eine Ereignisverstri-
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26 Der Biograf erinnert den Zeitpunkt der Kontaktaufnahme mindestens zwei Jahre früher, als
er tatsächlich gewesen sein kann.
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Wirkungsevaluation mobiler Jugendarbeit
Methodische Zugänge und empirische Ergebnisse
- Title
- Wirkungsevaluation mobiler Jugendarbeit
- Subtitle
- Methodische Zugänge und empirische Ergebnisse
- Author
- Hemma Mayrhofer
- Publisher
- Verlag Barbara Budrich
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-8474-1130-7
- Size
- 14.8 x 21.0 cm
- Pages
- 378
- Keywords
- Society & social sciences, Social services & welfare, criminology, Social welfare & social services, Social work
- Category
- Geisteswissenschaften