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Sprachvariation und gesprochene Sprache | 107
2002; Ehlich/Rehbein 1994; Grießhaber 1999),153 aber auch in Bezug auf syntak-
tische Phänomene entstanden v.a. in den 1990er-Jahren einige funktional-
pragmatisch orientierte Studien, z.B. zu Funktionen der Konnektoren denn und
da (vgl. Redder 1990), zu operativen Prozeduren der Wortstellung (vgl. z.B.
Rehbein 1992), Verfahren der Klammerung (vgl. Eroms 1999), zu Präpositional-
konstruktionen (vgl. Grießhaber 1999), zu Prozedurenkombinationen in Form
von Relativelementen (vgl. Eissenhauer 1999), zu Anakoluthen (vgl. Hoffmann
1991), oder zu Ellipsen bzw. Analepsen (vgl. Hoffmann 1999; bzw. allgemein zur
funktionalen Syntax: 2003).
Methodisch sind die Vertreter der Funktionalen Pragmatik dabei empirisch-
induktiv ausgerichtet. Auf der Grundlage von (nach dem dafür entwickelten
Transkriptionssystem HIAT154 angefertigten) Transkripten wird eine hermeneu-
tische materialgeleitete Analyse der diskursiven Daten durchgeführt. Ähnlich
wie Vertreter der Interaktionalen Linguistik oder konstruktionsgrammatischer
Ansätze sind sie skeptisch gegenüber vorgefassten Kategorien- bzw. Begriffsge-
bäuden:
Kategorien für die Analyse des sprachlichen Handelns sind diesem nicht sozusagen ‚vor-
zukonstruieren‘, sondern aus ihm selbst zu entwickeln. Das betrifft sowohl jene Aspekte
des sprachlichen Handelns, die jenseits der traditionellen Analyse liegen, wie auch – und
das ist beinahe der schwierigere Teil – diejenigen, für die traditionelle Kategorien zur Ver-
fügung stehen, ja zu Bestandteilen des allgemeinen Grundlagenwissens oder gar zu all-
tagssprachlichen Ausdrücken geworden sind. (Ehlich 2007b: 189)
In einer zyklischen Vorgehensweise werden daher zugrundeliegende Katego-
rien während der Auseinandersetzung mit dem Sprachmaterial laufend reflek-
tiert und überarbeitet. Diesen methodischen Ansatz fasst Redder (1990: 13) wie
folgt zusammen:
Ich folge einer Verfahrensweise, in der die Beispiele aus konkretem, empirischem Material
nicht nur Belegfunktion haben, sondern das konkrete Material sind, das für die Gewin-
nung der Kategorien in gleicher Weise die Grundlage bildet, wie diese Kategorien an der
Analyse der Beispiele bewährt werden müssen.
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153 Kommunikation in Institutionen (darunter auch in Schulen) wird als besonders interes-
santer Forschungsgegenstand angesehen, da Institutionen als „Apparate zur Prozessierung
gesellschaftlicher Zwecke“ (Ehlich 1996: 194) angesehen werden, die die Form sprachlichen
Handelns maßgeblich beeinflussen.
154 Die Abkürzung HIAT steht für „Halbinterpretative Arbeitstranskription“. Für eine detail-
liertere Zusammenfassung der Arbeitsschritte im Rahmen der funktional-pragmatischen Dis-
kursanalyse vgl. z.B. Weber/Becker-Mrotzek (2012).
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Jugendkommunikation und Dialekt
Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Title
- Jugendkommunikation und Dialekt
- Subtitle
- Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Author
- Melanie Lenzhofer
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-050330-2
- Size
- 14.8 x 22.0 cm
- Pages
- 502
- Category
- Geographie, Land und Leute