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nalpronomens (v.a. in Konstruktionen der 2. Person Singular) wird durch die
Möglichkeit der klitischen oder phonetisch leeren Realisierung des Personal-
pronomens im Dialekt begĂĽnstigt. Insgesamt konnte hier im Vergleich mit den
Erwachsenen ein signifikant häufigeres Vorkommen der Nullrealisierung bei
den Jugendlichen Osttirols beobachtet werden, wobei aber für die Gesprächs-
aufnahmen der Freundesgespräche in Lienz und Umgebung eine leichte Ten-
denz zur standardkonformen Vollrealisierung festzustellen war. Der kommuni-
kative Kontext der sprachlichen Ă„uĂźerungen wurde dabei als zentraler
Einflussfaktor identifiziert: So scheint der „Pro-drop“ besonders häufig in
Passagen „konstellativen Schilderns“ (vgl. Redder 2006) sowie in „Frotzelaktivi-
täten“ (vgl. Günthner 1996) belegt zu sein.
Als in Bezug auf Jugendkommunikation besonders relevanter Bereich stell-
te sich auch die (Re-)Konstruktion animierter (erlebter oder fiktiver) Rede und
der damit einhergehenden Zitatmarkierung heraus. Während in den standard-
nahen Gesprächen aus Teilkorpus GF neben Konstruktionen mit Verbum dicen-
di kaum Belege mit anderen Formen der Zitatmarkierung (z.B. anhand kompak-
ter Strukturen) belegt sind, weisen die Osttiroler Freundesgespräche, und hier
v.a. jene der Jugendlichen, eine große Variabilität in Bezug auf die Quotativ-
konstruktionen auf. V.a. kompakte Strukturen (z.B. Personalpronomen + so +
X), aber auch die Zero-Quotativkonstruktion sind in den Jugendkommunikaten
signifikant häufiger belegt als in den Freundesgesprächen der erwachsenen
Osttiroler/-innen. Bemerkenswert ist an den Sequenzen mit Quotativkonstrukti-
onen der Jugendlichen auch die prosodische Ausgestaltung der anmierten Re-
de, die mitunter sehr detailreich durchgefĂĽhrt wird. Anhand einzelner Ge-
sprächspassagen konnte auch die Zuordnung von prosodischen Codes zu
einzelnen Personen (auch im Sinne eines Evozierens sozialer Typen, z.B. des
„Assis“) nachgezeichnet werden. Der gehäufte Einsatz kompakter Strukturen
als Quotativkonstruktionen dient in Erzählpassagen dazu, das (fiktive oder
tatsächlich erlebte) Geschehen noch lebendiger und dynamischer zu vermitteln.
Nicht zuletzt bringt eine gut erzählte Geschichte in der Regel auch einen Zu-
wachs an „social credit“ innerhalb der Peer-group.
Mit Blick auf alle untersuchten Phänomenbereiche syntaktischer Variation
sind in Bezug auf die Jugendkommunikation Ausdrucksweisen der Spiel- bzw.
Spaßmodalität (Frotzelaktivitäten, Lästern, Dissen) als wichtiger kommunikati-
ver Faktor zu sehen, der v.a. die Tendenz zur Kompaktheit vorantreibt. So zeig-
ten sich im Rahmen der funktionalen Analysen jugendpräferentielle Marker
häufig in „szenischen Erzählpassagen“ (vgl. Günthner 2006), die durch Dyna-
mik, Spannung und Emphase gekennzeichnet sind. Im Vergleich mit rezenten
Arbeiten der deutschen und Schweizer Jugendsprachforschung zeichnen sich
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Jugendkommunikation und Dialekt
Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Title
- Jugendkommunikation und Dialekt
- Subtitle
- Syntax gesprochener Sprache bei Jugendlichen in Osttirol
- Author
- Melanie Lenzhofer
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-050330-2
- Size
- 14.8 x 22.0 cm
- Pages
- 502
- Category
- Geographie, Land und Leute