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mit diesen Umständen auch eingehend auseinander und „stellte i. J. 1820 den
Antrag, eine neue grosse Irrenanstalt zu erbauen; in Folge dessen wurde
auch bald ein umfangreicher Bauplatz in der Nähe des allgemeinen Kran-
kenhauses erworben.“ Die Errichtung der von Raimann angeregten neuen
Anstalt für Geisteskranke schien sich also gut anzulassen, und Raimann „be-
suchte auf Wunsch der Regierung die bekanntesten Irrenanstalten des Aus-
landes, um deren Einrichtung kennenzulernen; aufgrund dieser Beobachtun-
gen arbeitete K. Schiefer einen Bauplan aus, welcher 1826 die Kaiserliche
Genehmigung erhielt, aber wegen der ungĂĽnstigen Finanzen des Staates
nicht ausgeführt wurde.27 Wie auch heute noch nur zu oft, scheiterte ein äu-
ßerst löbliches Unterfangen am im Kaisertum Österreich ebenso wie in der
Zweiten Republik knappen Budget. Und so blieb vorerst alles beim Alten:
„Die Irrenanstalt bestand aus dem sogenannten Narrenthurm und dem Laza-
reth; in dem ersteren wurden seit 1803 vorzugsweise die tobenden und un-
reinlichen, in dem letzteren die ruhigen und reinlichen Kranken, bei denen
man noch eine Genesung zu erzielen hoffte, untergebracht. Der Thurm zeig-
te viele Uebelstände; die Anlage und Einrichtung des seltsamen Gebäudes
entsprach weder den Forderungen der Humanität, noch den Grundsätzen,
welche für eine zweckmässige Administration massgebend sein sollen.“28
Raimann versuchte, hier eine Verbesserung zu erwirken, aber erst nach sei-
nem Tod, im Jahr 1853, konnte „auf einer Anhöhe inmitten eines 60.000
Quadratklafter grossen Parkes“ eine neue, modernere Anstalt für Geistes-
kranke eröffnet werden. Dennoch blieben zunächst das erwähnte Lazarett
und der Narrenturm als Bestandteile der Wiener Irrenanstalt bestehen, das
Lazarett bis 1857, „während der Thurm erst seit 1869 nicht mehr zur Unter-
bringung von Kranken diente.“29
Andere zur Zeit von Raimanns Direktion eingeleitete MaĂźnahmen zur Ent-
schärfung der wegen Überfüllung angespannten Situation im Allgemeinen
Krankenhaus waren erfolgreicher. So wurde 1826 der Beschluss gefasst,
einen Zusatzbau mit 300 Betten zu errichten. Dieser Zusatzbau konnte aller-
dings erst nach Raimanns Direktion im Jahr 1832 in Angriff genommen und
1834 eröffnet werden; dafür bot er dann aber auch 500 neuen Betten Platz.
Raimann wurde in zunehmendem MaĂźe von Regierung und Kaiserhaus
Wohlwollen und Wertschätzung entgegengebracht. Er „genoss das Vertrau-
27 Puschmann, Die Medicin in Wien, S. 232f.
28 Puschmann, Die Medicin in Wien, S. 232.
29 Puschmann, Die Medicin in Wien, S. 233.
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Des Kaisers Leibarzt auf Reisen
Johann Nepomuk Raimanns Reise mit Kaiser Franz I. im Jahre 1832