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„Sitten: Hinderhaltig. Natur Und Eigenschaft: Eifersichtig. Verstand: scharff-
sinig. AnzeĂĽgung deren Eigenschaften: Wie iederwill. Wissen-schaft: In
Geistlichen Rechte. Tracht Der Klaidung: Ehrsam. Untugent: Geilsichtig;
Lieben: Das Gold. Krankheiten: An bösser seuch. Ihr Land: Ergözlich und
Wohllistig; Krigs Tugente: Firsichtig. Gottesdienst: Etwas besser. Erkennen
für Ihren Herrn: einen Bäterärch. Haben Überfluß: An Wein. Die Zeit Ver-
treiben: mit schwätzen. Vergleichung Mit denen Thiren: Einen Luchsen. Ihr
Leben Ende: In Kloster.“228
Von der Hinterhältigkeit der Italiener, von ihrer „Geilsucht“, ihrer „Vorsich-
tigkeit“ im Kriege und ihrem Wunsch, von einem „Bäterärchen“, also Patri-
archen beherrscht zu werden, erzählt uns Raimann nichts – er war wohl zu
kultiviert und aufgeklärt, um derlei rohe und plakative Eigenschaften an den
Italienern wahrnehmen resp. ihnen andichten zu können. Und von der „bö-
sen Seuch“, also der Syphilis, wusste er als Arzt nur zu gut, dass sie nicht
auf Italien beschränkt war. Sehr wohl aber berichtet er, dass sie laut, redse-
lig, lebhaft, neugierig und manchmal sogar zudringlich seien. Im Vergleich
zu den sonst noch im Schwange befindlichen, volkstümlicheren Einschät-
zungen der spezifisch italienischen Charaktereigenschaften kommen die
Italiener, zumindest die in Belluno beheimateten, bei Raimann also doch
recht gut weg. (Nebenbei sei hier bemerkt, dass die „Wälschen“ in der steiri-
schen „Völkertafel“ neben dem angeblich blutgierigen „Unger“ etwa, dem
einem Esel gleichenden Russen oder „Muskawith“ oder gar dem sich nach
Weiberart kleidenden und zarte und weiche Sachen liebenden „Tirk oder
Griech“ doch recht gute Figur machen.) Im Großen und Ganzen scheint
Raimann, in guter, vernünftiger, aufgeklärter Manier,229 die Menschen ge-
mocht zu haben, auch die Italiener, trotzdem sie fallweise zudringlich waren.
Und wenn ihm, wie in Istrien, die Sitten und Gewohnheiten eines Menschen-
schlages nicht behagten, so machte er dafür nicht die unabänderliche Natur
228 Vgl. Stanzel, Europäischer Völkerspiegel, S. 41 und Vorsatzabbildung; zu den angeb-
lichen Eigenschaften der Italiener vgl. weiters Wolfgang BrĂĽckner, Die Welschen, in
Stanzel, Europäischer Völkerspiegel. Imagologisch-ethnographische Studien zu den
Völkertafeln des frühen 18. Jahrhunderts (Heidelberg 1999), S. 183-194.
229 Zu den Werten der Aufklärung vgl. Angela Borgstedt, Das Zeitalter der Aufklärung
(Darmstadt 2004); Otto Brunner, Werner Conze, Reinhart Koselleck (Hrsg.), Geschicht-
liche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland,
8 Bde., Bd. 1 (A-D) (Stuttgart 1972), s.v. Aufklärung, S. 243-342; Esther-Beate Körbers,
Die Zeit der Aufklärung. Eine Geschichte des 18. Jahrhunderts (Stuttgart 2006). Zur
Bedeutung der Aufklärung für die moderne Historiographie vgl. Jürgen Kocka, Ge-
schichte und Aufklärung. Aufsätze (Göttingen 1989).
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Des Kaisers Leibarzt auf Reisen
Johann Nepomuk Raimanns Reise mit Kaiser Franz I. im Jahre 1832