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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Volume 1
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Page - 50 - in Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Volume 1

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50 Fischer Kunst nach Ordnung, Auswahl und System endet mit jenem über der Ausgangstür der letzten Wand.109 Zwischen dem ersten und dem letzten Bild eines Zimmers verzeichnete Mechel die Gemälde nach keinem festgeleg- ten Schema, was bei der großen Menge an Gemälden pro Wand eine Vielzahl an Varian- ten möglich macht, jedoch lassen sich im Verhältnis von Nummernabfolge und Wand- arrangement gewisse ,Muster‘ ausmachen. Dazu zählt die Durchzählung der Gemälde Reihe für Reihe, allerdings nicht in Lesemanier Zeile für Zeile von links nach rechts, son- dern furchenwendig (von rechts nach links, links nach rechts und rechts nach links u.s.w.) die Reihen durchlaufend. Ebenso wird zuweilen – wie im Düsseldorfer Galeriewerk – das zentrale monumentale Gemälde zuerst genannt, gefolgt von den angrenzenden Pendant- bildern. Die Verzeichnung folgt nicht nur der Geh-, sondern auch der Blickrichtung im Par- cours der Räume. Befand sich das zuletzt beschriebene Gemälde einer Wand in unterster Reihe links, dann schließt zumeist das an der nächsten Wand zuerst verzeichnete Bild rechts unten an. Zur besseren Betrachtung wurden großfigurige Gemälde weiter oben, kleinfigurige weiter unten angebracht. Diese Schemata der Verzeichnung berücksichti- gend, ließ sich mit Hilfe des Katalogs eine Hypothese der Neuhängung der kaiserlichen Galerie von 1781 rekonstruieren. Darauf, dass Mechel am Prinzip der symmetrischen Pendanthängung festhielt, ver- weist auch, dass nur wenige Monate vor Vollendung der Neuaufstellung 1781 Wenzel Anton von Kaunitz-Rietberg in die Aufstellung eingriff, damit – wie er merklich besorgt Kaiser Joseph II. schilderte – die Hängung mehr der Norm der Symmetrie entsprechen würde: „Zugleich habe ich versucht symmetrischer zu hängen, als es bisher der Fall war, denn es ist keinesfalls gleichgültig, dass das Auge der Menge gleichermaßen, von dem was es sieht, befriedigt wird, wie das des gelehrten und intelligenten Menschen. […].“110 Dass Kaunitz explizit das ordnende Prinzip der Symmetrie für die heterogene Menge des Publikums, der Dilettanten wie der Connaisseurs – „multitude“111 – einforderte, kann als Hinweis darauf gesehen werden, dass die Pendanthängung im späten 18. Jahrhunderts zu einer für alle verständlichen Sehgewohnheit geworden war. Dabei ging es nicht so sehr um die breite Akzeptanz einer dekorativen Ordnung, son- dern darum, dass die Schönheit der symmetrischen Hängung die Imaginationskraft der Betrachter wecken und ihren Intellekt herausfordern sollte – oder, wie es Karl Heinrich von Heineken im „Avertissement“ des 100 Meisterwerke der Dresdner Galerie umfassenden Recueil d’estampes d’après les plus célèbres tableaux de la Galerie Royale de Dresde formuliert: „Eine Ansammlung schöner Gemälde, symmetrisch und intelligent geordnet, vermag die Vorstellungskraft anzuregen und die Seele des Betrachters zu erheben; es ist ganz natür- lich, dass diese Unendlichkeit der Gegenstände unseren Wunsch anspornt, jene Kenntnis- se zu erlangen, welche uns noch fehlen. Derjenige, der die Galerie eine öffentliche Schule nennt, begegnet ihr nicht schlecht, weil er mit einem Blick und an einem Ort erfährt, was er anderswo gezwungen ist, in vielen Büchern zu suchen.“112 Die Hängung der kaiserlichen Galerie war darauf ausgerichtet, durch visuell herge- stellte Verhältnisse und Zusammenhänge zwischen den Gemälden das ihr zugrunde- liegende kunsthistorische Konzept anschaulich und allgemein verständlich zu machen. Da die Gemälde zwar nach dem Pendantsystem gehängt, aber nach einem abstrakten Zählmuster verzeichnet wurden, das keinerlei Aufschluss über die diskursive Beziehung der einzelnen Gemälde an der Wand zueinander gibt, bildet die virtuelle Rekonstruktion der kaiserlichen Galerie von 1781 eine wesentliche Basis zur Überprüfung der theoretischen Grundlagen. Diese erschließen sich aus dem Vorwort, dem „Vorbericht“, des Katalogs. Ob und wie sie zur realen Umsetzung kamen, lässt sich anhand der (virtuellen) Rekonstruktion nachvollziehen. Im Folgenden wird deshalb zwischen der Analyse des Vorworts im Mechel-Katalog und der Beschreibung der (rekonstruierten) Galerieräume hin- und herge- sprungen.
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Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Subtitle
Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837)
Volume
1
Author
Gudrun Swoboda
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79534-6
Size
24.0 x 28.0 cm
Pages
312
Category
Kunst und Kultur
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