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Hoppe-Harnoncourt Altdeutsche Malereischule
er an, dass „Zurechtweisungen“ ihn veran-
lassen würden, „seine Gründe, so wie die
Quellen, woraus er geschöpft hat“ darzu-
legen.25 Im Vorwort der französischen Aus-
gabe von 1784 erklärt der Autor, dass die
Begründung für die böhmische Herkunft
des Malers auf Archivrecherchen beruhe.26
Nach Kenntnis der kontroversen Reaktio-
nen erscheint es möglich, dass diese Erklä-
rung eine Erwiderung auf die kritischen
Stimmen war.
Der „Vater der deutschen Schule“
Albrecht Dürer
Der eingangs zitierte Galeriebesucher de
Burtin begeisterte sich besonders für Alb-
recht Dürer, den er als „fondateur“ der
deutschen Schule bezeichnete.27 Dies war
eine verbreitete Ansicht, die bereits Jahre
zuvor auch von Mechel vermittelt worden
war. Dieser erläutert dem Leser des Kata-
logs, dass die Qualität von Albrecht Dürers
Kunst letztlich durch das Wirken Kaiser
Maximilians ermöglicht wurde: „Aber end-
lich erschien Kaiser Maximilian I. und mit
ihm für deutsche Kunst die erste Epoche.
Er rief mit Macht dem Genie, unterstützte
es großmüthig, und unter ihm war Alb-
recht Dürer, der Vater der deutschen Schu-
le, Muster und Lehrer für eine Menge
Künstler, die seinen Grundsätzen und sei-
ner Manier folgten. Ihm verdankt die jetzi-
ge k.k. Gallerie die meisten Werke seiner
Zeit, die man nirgends in solcher Anzahl
und Schönheit antrifft.“28 Neben dem neu-
erlichen Hinweis auf die bedeutende Rolle
des habsburgischen Kaisers unterstreicht Mechel die Rolle Dürers als wichtigstes Vorbild
für die deutsche Kunst. Im Katalog von 1783 sind 15 zum Teil großformatige Werke Dü-
rer zugeschrieben. Darunter Hauptwerke wie die Marter der 10.000 Christen (GG 835)
und das Allerheiligenbild (GG 838), aber auch das Porträt Kaiser Maximilians (GG 825), die
Madonna mit Kind an der Brust (GG 846) von 1503 und die Madonna mit der Birne (GG
848) von 1512, Johannes Kleberger (GG 850), die Anbetung der hl. drei Könige29 und das
Porträt eines jungen Mannes (GG 849) sowie zwei Zeichnungen für das Heller-Epitaph30.
Damals waren noch zwei weitere Bilder, Maria mit Kind darstellend, als originale Werke
aus den Jahren 1518 und 1520 präsentiert: Es handelt sich um Gemälde von Joos van Cle-
ve, die falsche Dürer-Monogramme trugen.31 Ebenso präsentierte Mechel das Werk eines
späteren Nachahmers, da das einst zur kaiserlichen Sammlung gehörende Original nicht
mehr verfügbar war. Im Katalog ist es als Gemälde „nach Albrecht Dürer“ bezeichnet und
als Altarbild mit der Mutter Gottes unter einem Baum, vor ihr der „auf einer Zither“ spie-
lende Engel, zur Rechten die hl. Katharina und zur Linken Kaiser Maximilian I. kniend, Abb. 3
Nach Albrecht Dürer, Das Rosenkranzfest mit
Kaiser Maximilian und hl. Katharina. Lyon,
Musée des Beaux Arts
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837), Volume 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
- Subtitle
- Die Kaiserliche Galerie im Wiener Belvedere (1776–1837)
- Volume
- 1
- Author
- Gudrun Swoboda
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79534-6
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 312
- Category
- Kunst und Kultur