Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Kunst und Kultur
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Europäische Museumskultur um 1800, Volume 2
Page - 332 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 332 - in Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Europäische Museumskultur um 1800, Volume 2

Image of the Page - 332 -

Image of the Page - 332 - in Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Europäische Museumskultur um 1800, Volume 2

Text of the Page - 332 -

332 Wolf Museumskulturen So kommen im Rahmen preußischer und kaiserlicher ‚Kulturpolitik‘52 der Pergamonaltar (ab 1878), das Ishtartor, das Markttor von Milet und die Fassade des Wüstenschlosses von Mshatta nach Berlin. Was mit den Elgin Marbles in London vorgespielt worden war, dass scheinbar immobile Dinge transferiert und museal neu bzw. invertiert aufgebaut werden können, steht ab ca. 1890 in der Verkehrung von Außen und Innen beim Pergamonaltar, mit dem dramatischen Pathos der Gigantomachie, in Berlin vor den Augen der Wissen- schaft wie des allgemeinen Publikums. Dies sollte einen neuen „impact“ von Museums- politik auf den kunstgeschichtlichem Diskurs favorisieren, jenen der ‚Erfindung‘ des Barock bei Wölfflin u.a., wie Alina Payne gezeigt hat.53 In analoger Weise läßt sich die Rolle der Mshatta Fassade für die Formierung der islamischen Kunstgeschichte analysieren.54 Dass in Wien nicht die Antikensammlung und nicht die Gemäldegalerie in Sempers Kunsthisto- rischem Museum den Bezugspunkt für die Anfänge der Wiener Schule bildeten, sondern das Museum für Kunst und Industrie, aus dem später das MAK hervorging, ist ein anderes Kapitel in der Geschichte dieser Beziehung. 7. SCHLUSS: ZWEI EUROPAKONZEPTE UND DAS MUSEUM ALS MOBILER ORT In der vorausgehenden tour d’horizon ging es um das Wechselspiel und die Komple- mentarität der musealen und wissenschaftlichen Diskurse wie Praktiken in der Zeit vor der akademischen Etablierung der Kunstgeschichte, in der zugleich Voraussetzungen geschaf- fen wurden für letztere. Der Weg führte von Wien oder Florenz nach Paris und Rom sowie London und Berlin bzw. skizzierte als Wechselgang das Thema der musealen Entschälung, Konfrontationen bzw. Suprapositionen einer reinen Antike und einer reinen Malerei: letztere in Schulen gegliedert in einer historischen wie geographischen Ordnung, erstere aufgestellt nach unterschiedlichen ikonographischen oder ästhetischen Kriterien. Wenn Winckelmann eine Geschichte der Kunst des Altertums geschrieben hatte, so war es in den Museumsordnungen nun primär die neuzeitliche Malerei, in der kunstgeschichtliche Modelle elaboriert wurden. All dies bedeutete zugleich das Auflösen und Zerreißen alter Sammlungstopographien, den Transfer über kurze wie weite Distanzen, durch Kunst- handel, neue Sammlungskonzepte und/oder Beutezüge. Oft geschieht dies mit politi- schem oder gar imperialem Anspruch; darin wiederum lässt sich ein Wandel der Konzepte von Wien bis Berlin beobachten. Im Gegenzug zu diesem Transfer im großen Stil gibt es das Insistieren auf einer kontextuellen Verortung der Werke bzw. Schulen, von antiker Skulptur wie Malerei, der Betonung der Wichtigkeit des Lokalkolorit und der Gedächtnis- orte, wofür Rom einsteht. Damit sind wir zwei Europakonzepten begegnet, die beide in Paris verhandelt wurden: jenes Quatremères der universalen Idee Roms als Hauptstadt einer elitären europäischen Republik der Künste (sozusagen unter päpstlichem Schutz), die zugleich einer Gedächtnistopographie, einem localism und einer regionalen Diversifi- kation huldigt und das antike Rom unter der Hand als ein anderes Paris dekonstruiert (denn es habe ja Athen und die eroberten Städte und Provinzen ausgeplündert). Dagegen steht der zentralistische Europagedanke von Paris als neuem Athen, der Versammlung und dem Dialog seiner befreiten Meisterwerke (unter den Prämissen der Revolution und später dem imperialen ‚Schutz‘ Napoleons). Er wurde in die Tat umgesetzt durch Akte der Gewalt und in den Dienst der Ansprüche und der Repräsentation Napoleons gestellt, zugleich aber von einer europäischen Elite jenseits derselben zelebriert, weil die musealen Ensembles und die Werke eben nicht vollständig in der imperialen Geste des Musée Napoléon aufgin- gen, insofern wiederum ‚frei‘ wurden für wissenschaftliche und kulturelle Zuschreibungen.
back to the  book Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums - Europäische Museumskultur um 1800, Volume 2"
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums Europäische Museumskultur um 1800, Volume 2
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums
Subtitle
Europäische Museumskultur um 1800
Volume
2
Author
Gudrun Swoboda
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2013
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79534-6
Size
24.0 x 28.0 cm
Pages
264
Category
Kunst und Kultur
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Die kaiserliche Gemäldegalerie in Wien und die Anfänge des öffentlichen Kunstmuseums