Page - 134 - in Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
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Christine Neugebauer-Maresch, Eva
Lenneis134
55/2, 672/10) oder langschmaler (79/5, 81/10) Form. Ein
Stück ist nur als kleines Fragment vorhanden (G. 7), es ist
die einzige vermutlich aus Geweih gefertigte Spitze. Ein
zweites Stück ist im Bereich des Gelenkes beschädigt (17/4),
eine Spitze war in zwei anpassende Teile (intentionell?) zer-
brochen (79/5). Die übrigen vier Spitzen sind vollständig
und in gebrauchsfähigem Zustand.
Die in Kleinhadersdorf vorhandenen Knochenspitzen
fügen sich völlig unauffällig in das allgemein aus der LBK
bekannte Formenspektrum, das allerdings vor allem in den
Siedlungen bedeutend vielfältiger und reichhaltiger ist285. In
den Gräberfeldern ist die Formenvielfalt deutlich geringer,
am häufigsten kommen die auch in Kleinhadersdorf vertre-
tenen Pfrieme/Ahlen vor. Am eindrucksvollsten ist diesbe-
züglich die Gegenüberstellung des Gerätebestandes aus den
Gräberfeldern und der Siedlung von Vedrovice286. Elf Pfrie-
me/Ahlen gibt es aus Aiterhofen sowie je einen aus Mangol-
ding und Sengkofen. Letztere sind bis auf eine Ausnahme
aus den Mittelfußkochen von Ovicapriden hergestellt, wäh-
rend in Kleinhadersdorf – ebenso wie in Vedrovice287 –
mehrfach Wildtierknochen verwendet wurden. Neben die-
sen Pfriemen gibt es in den bayerischen Gräberfeldern auch
noch Knochenpfeilspitzen und zylindrische Stäbe288. Aus
dem Gräberfeld Nitra liegen nur zwei oder drei Knochen-
pfrieme vor289. Allein aus einer Siedlungsbestattung in Böh-
men ist die Kombination eines Knochenpfriems mit einem
abgebrochenen Wildschweinzahn bekannt290. Letzteres
stellt eine beachtliche Parallele zu dem Grab Verf. 81 dar, wo
allerdings die beiden Eberhauer vollständig und mit auf-
wendiger Durchlochung versehen sind. Einfach gelochte
Anhänger aus Eberzähnen sind jeweils paarweise aus meh-
reren Gräbern von Zengövárkony und anderen Lengyel-
Gräbern nachgewiesen und werden als typischer Männer-
schmuck angesehen291. Bei den beiden so vielfach gelochten
Eberzähnen aus Kleinhadersdorf ist hingegen allein durch
die Lage der Objekte neben dem Kopf bzw. vor dem Ge-
sicht des Toten eine Schmuckfunktion eher auszuschließen
(Tafel 50). Der unmittelbar daneben liegende Knochen-
pfriem und der Silexbohrer stehen vielleicht in funktiona-
lem Zusammenhang mit dem Eberzahnpaar, doch bleibt
dessen Verwendung dennoch völlig rätselhaft.
285. z. B.: Fehlmann 2011. – Ganslmeier 2001, 120–124. – Pavúk
1994, 126–130.
286. Berkovec et al. 2004, 174, Table 8.
287. Berkovec et al. 2004, Table 9.
288. Nieszery 1995, 195.
289. Pavúk 1972, 41 Abb.
24 Grab 4/10; 42 Abb.
25 Grab 14/7, 8(?).
290. Zápotocká 1998, 21, Tafel 22: Praha-Vokovice, 7f.
291. Zalai-Gaál 2010, 157.
Bestimmung erstmals anhand von Siedlungsfunden aus dem
etwa 80
km westlich gelegenen Mold bei Horn gelang282.
5.2.3.5 Gerölle (Klopfsteine) und mineralische Rohstoffe
(Eva Lenneis)
Aus den Gräbern von Kleinhadersdorf gibt es 14 Gerölle,
die aufgrund der Schlagmarken zunächst als Klopfsteine be-
zeichnet wurden und sich so auch unter Kapitel 5.2.1 und
5.2.2 finden. Eine genauere Analyse dieser Steine machte
aber klar, dass diese neben den Schlagspuren, deren intenti-
onelle Herkunft in einzelnen Fällen unsicher ist, mehrfach
Schleifflächen aufweisen (Tabelle
28 und Abb.
45). So resul-
tiert die Form von sechs dieser Stücke aus den Schleifflä-
chen, von denen zweimal nur eine (7/3, 43/3), dreimal zwei
(44/5, 79/2, 87/2) und einmal drei (71/1) festzustellen wa-
ren. Auf zwei Objekten fanden sich noch Rötelspuren (7/3,
22/6), was wohl ein Hinweis auf die Verwendung dieser
Steine zum Zerreiben und Zerklopfen des Hämatits auf den
zahlreichen Reibplatten sein dürfte.
Obwohl der Rötel/Hämatit überdies mehrfach als Spur
auf den Reibplatten und gestreut um die Köpfe der Skelette
festzustellen war, gibt es kein einziges Stück des Rohmate-
rials aus den Gräbern.
Rohgraphit ist hingegen in drei Stücken vertreten. Der
Charakter dieser Graphitstücke ist verschieden und weist
möglicherweise auf die Gewinnung an verschiedenen Ab-
baustellen hin. Dennoch kann man als Herkunftsgebiet nur
allgemein die Böhmische Masse angeben, da die Stücke zu
wenig typisch sind, um sie einem bestimmten Vorkommen
zuzuordnen.
Gerölle/Klopfsteine kommen ebenso wie Farbminerali-
en nur in einigen LBK-Gräberfeldern und immer in gerin-
gen Zahlen vor. So kennt man einige „Geröllsteine“, deren
Rohmaterial ähnlich wie in Kleinhadersdorf lokalen Ur-
sprungs ist, aus den Gräberfeldern von Vedrovice283. Einige
Klopfsteine gibt es auch aus den bayerischen Gräberfeldern,
wo überdies nur Graphit als mitgegebener Farbstein nach-
gewiesen ist und Rötel/Hämatit nur als Farbstreuung erhal-
ten blieb284.
5.2.3.6 Geräte aus Tierknochen, Geweih oder Zahn und
unbearbeitete Tierknochen (Eva Lenneis)
Die Anzahl der aus Tierknochen, Geweih oder Zahn gefer-
tigten Geräte ist in Kleinhadersdorf mit insgesamt acht Ob-
jekten sehr gering (Tabelle
29 und Abb.
46). In sieben Fällen
handelt es sich um einfache Spitzen von kurzbreiter (G. 1a,
282. Götzinger et al. 2010, 195.
283. Mateiciucová 2002, 232.
284. Nieszery 1995, 161
ff.
Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
- Title
- Das linearbandkeramische Gräberfeld von Kleinhadersdorf
- Authors
- Christine Neugebauer-Maresch
- Eva Lenneis
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7001-7598-8
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 406
- Keywords
- Neolithic, LBK, cemetery, archaeology, prehistory, Kleinhadersdorf, Lower Austria, Neolithikum, Linearbandkeramik, Archäologie, Urgeschichte, Gräberfeld, Kleinhadersdorf, Niederösterreich
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen