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MUSLIMISCHE FRAUEN UND DAS ›KOPFTUCH‹
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rechtigkeit. So lange im dominanzkulturellen feministischen Diskurs ›bedeck-
te‹ Frauen per se auf Ablehnung stoßen und ihre Diversität und Ressourcen
auf Grund der Bedeckung nicht wahrgenommen werden, ist die Entwicklung
von gemeinsamen Zielen mühsam bis ausgeschlossen. Erst wenn es gelingt,
Feministinnen der Dominanzkultur davon zu überzeugen, dass weder das
Tragen eines Kopftuchs noch das Nichttragen per se einen Rückschluss auf
die feministische Einstellung der Betreffenden zulässt und dass Kleidung
wesentlich weniger aussagt, als von feministischen Akteur/innen der Do-
minanzkultur angenommen, wird sich der Diskurs endlich weiterbewegen:
weg von der dominanzkulturellen Einteilung der Anderen in gut = ›un-
bedeckt‹ und böse = ›bedeckt‹, hin zur Versachlichung und Konzentration auf
die Aufgaben. Es gibt genug Arbeit für alle Feministinnen, um die beste-
henden Ungerechtigkeiten, die alle Frauen, unabhängig von Class und Ra-
ce/Ethnicity betreffen, abzubauen. Daher sollten die vorhandenen Ressourcen
für die Bearbeitung von Sachthemen und nicht für Polemik genutzt werden.
Sollten sich dominanzkulturelle feministische Diskurse mittelfristig nicht in-
haltlich erweitern lassen, besteht die Gefahr, dass sich islamische Aktivistin-
nen abwenden und sich nicht mehr in Diskurse einbringen.74
Literatur
Amir-Moazami, Schirin (2007): Politisierte Religion. Der Kopftuchstreit in
Deutschland und Frankreich, Bielefeld: transcript.
Badran, Margot 2005: »Islamischer Feminismus ist ein weltweiter Diskurs«.
Interview von Yoginder Sikand. Abrufbar: http://de.qantara.de/webcom/
show_article.php/_c-296/_nr-25/_p-1/i.html, 23.02.2009.
Castro Varela, María do Mar (2003): »Zur Skandalisierung und Re-
Politisierung eines bekannten Themas: ›Migrantinnen auf dem Arbeits-
markt‹«. In: María do Mar Castro Varela/Dimitria Clayton (Hg.), Migra-
tion, Gender, Arbeitsmarkt. Neue Beiträge zu Frauen und Globalisierung,
Königstein: Ulrike Helmer, S. 8-29.
Chbib, Raida (2004): »Das Kopftuch als Ersatzdiskurs«. Abrufbar: http://
www.qantara.de/webcom/show_article.php/_c-548/_nr-21/_p1/i.html,
27.04.08.
74 So sprachen mehrere, nach dominanzkulturellen Maßstäben sehr gut ›inte-
grierte‹ Informantinnen davon, mittelfristig Deutschland verlassen zu wollen, da
sie hier trotz größter Anpassungsanstrengungen keine Perspektive zu Über-
windung von gesellschaftlichen Barrieren sehen, die sie z. B. an der berufliche
Weiterentwicklung hindern; Teilnehmende Beobachtung während des DFG-
Projekts »Netzwerke, Institutionen und volksreligiöse Praxis von Iranern in
Hamburg« des Instituts für Volkskunde der Universität Hamburg 2001-2003.
Der Stoff, aus dem Konflikte sind
Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
- Title
- Der Stoff, aus dem Konflikte sind
- Subtitle
- Debatten um das Kopftuch in Deutschland, Österreich und der Schweiz
- Authors
- Sabine Berghahn
- Petra Rostock
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2009
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-89942-959-6
- Size
- 14.7 x 22.4 cm
- Pages
- 526
- Keywords
- Religion, Migration, Geschlechterverhältnisse, Demokratie, Rechtssystem, Politik, Recht, Islam, Islamwissenschaft, Gender Studies, Soziologie, Democracy, Politics, Law, Islamic Studies, Sociology
- Category
- Recht und Politik