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I. Fachbereiche
und tragen diese Bemühungen zum individuellen und
kollektiven sprachlich-kulturellen → Identitätsbe-
wusstsein der Kärntner Slowenen bei, das sich durch
das Streben nach eigenener sprachlicher und kulturel-
ler Vervollkommnung auszeichnet und nicht durch die
(Herab-)Wertung anderer.
Das Bukovništvo hat somit eine europäische Di-
mension und stellt einen Beitrag im Hinblick auf die
zivilisatorischen Herausforderungen unserer Zeit in
Europa dar. In seiner Gesamtheit, in seinen mannig-
faltigen Ausprägungen und in seiner zivilisatorischen
Bedeutung und Vorbildwirkung stellt das slowenische
Bukovništvo in Kärnten/Koroška, als Kulturbewegung
verstanden, ein wertvolles immaterielles (Welt-)Kul-
turerbe von einzigartigem Rang dar, das seinesgleichen
zumindest in Europa sucht.
Weitere Ansätze einer slowenischen Kulturgeschichte
im Land bieten Forschungen aus den Bereichen
→
Ethnologie, Volkskultur, Brauchtum (→ Brauch,
→
Bekleidungskultur, → Gailtaler Tracht/ziljska
noša, → Kufenstechen/štehvanje, → Linde, → Tanz,
→
Volkskunst), → Volkslied, →
Volksarchitektur
(auch zu → Wehrkirchen), die auf zahlreiche Forscher
zurückgehen (Franz →
Franziszi, Urban → Jarnik,
Balthasar → Hacquet, France → Marolt). Aus ihr
entsprangen viele literarische Motive, die Metaphern
der fundamentalen Sehnsüchte sind (→ kralj Matjaž,
→
lepa Vida, → Bauernaufstände, → Karantanien).
Nicht unwesentlich sind dabei die terminologischen
und konzeptuellen Begriffsbestimmungen und Innova-
tionen im Bereich der Ethnologie, die sich aufgrund
neuer Erkenntnisse und einer kritischen Evaluierung
bestehender sprachlicher und fachsprachlicher Usan-
cen ergeben haben (→ Klagenfurter Feld/Celovško
polje ; →
Rož ; →
Südkärntner Zentralraum/Osrednja
južna Koroška ; →
Terminologie).
Die christliche Religion bzw. die Kirche spielte seit
der Frühzeit der → Salzburger Mission eine eminente
kulturgeschichtliche Rolle, da die → Liturgiesprache
auch Schrift- bzw. → Standardsprache wurde. Mit den
→
Freisinger Denkmälern sind in ihrem Schoß die äl-
testen erhaltenen slowenischen und slawischen Texte
entstanden, älter noch als die →
Kiever Blätter. Bis ins
20. Jh. deckten die späteren, ursprünglich Lutherischen
Bibeltexte, die in einer agrarischen und frühbürgerli-
chen, frühneuzeitlichen Gesellschaft entstanden wa-
ren, im Wesentlichen die sprachlichen Bedürfnisse der Sprecher ab, so dass jene, die regelmäßig in die Kir-
che gingen, durch ihren repetitiven Charakter mit der
slowenischen Liturgie grundsätzlich auch die sloweni-
sche → Standardsprache erlernten (→ Dalmatinbibel,
→ Gebetbuch, → Kirchenlied, geistliches → Volkslied).
Aspekte der Kirchengeschichte und des Kirchen-
rechts ziehen sich wie ein roter Faden durch die slo-
wenische Kulturgeschichte. Größte Bedeutung hatten
die einzelnen Institutionen : so die Diözesen → Gurk/
Krška škofija, → Lavant/Lavantinska škofija, → Aqui-
leia, → Freising, → Ljubljana, → Salzburg, → Seckau,
die Klöster wie → Arnoldstein/Podklošter, → Bam-
berg, → Brixen, → Freising, → Innichen, → Krems-
münster, → Millstatt/Milštat (Milje), → Molzbichl
(Molec), → Ossiach/Osoje, →
Sankt Andrä im Lavan-
tal (Šentandraž v Labotski dolini), → Sankt Paul im
Lavantal/Šentpavel v Labotski dolini, → Tanzenberg
(Plešivec), → Viktring/Vetrinj ; → Wernberg/Vernberk
und die Orden und Einrichtungen wie die → Jesuiten
und das → Collegium sapientiae et pietatis, das → Frin-
taneum, das → Priesterseminar, die → Sodaliteta, das
→ Marianum sowie →
Visitationsberichte und die
→ Pfarrkarte der Diözese Gurk/Krška škofija 1924.
Zunächst begegnen wir in der mittelalterlichen
Kirchengeschichte noch → Abraham Bischof von
Freising, → Domitian von Kärnten/Domic-
jan, → Hemma von Gurk/Ema Krška, →
Her-
magoras/Mohor sowie → Modestus/Modest
und → Virgil, die wichtige Träger des Prozesses der
→ Inkulturation christlicher Elemente in die sloweni-
sche Kultur bzw. Kulturgeschichte waren. Dazu kann
auch die hl. → Hildegard von Stein/Liharda
Kamenska gezählt werden. Danach finden sich einige
bedeutende slowenische Bischöfe oder solche, die für
die slowenische Kulturgeschichte von Bedeutung wa-
ren. Zur Zeit des Humanismus in → Wien war dies
der Slowene Jurij → Sladkonja aus Novo mesto in
der Dolenjska (Unterkrain), der erste Bischof der neu
gegründeten Diözese Wien. Karl Johann → Herber-
stein als österreichischer Adelsspross und Bischof
von Ljubljana, war als Jansenist Anhänger der jose-
phinischen Reformen und Anhänger der slowenischen
Wiedergeburtsbewegung (→ Jansenismus, → Spätjan-
senismus, → Josephinismus, →
Preporod ; Jurij → Ja-
pelj). Die slowenischen Bischöfe Tomaž →
Hren
(Ljubljana), Matevž → Ravnikar (Koper/Capo-
distria und → Trieste/Trst/Triest), Janez → Tavčar
(→
Ljubljana) waren allerdings Großteils mit Kärnten/
Koroška nur mittelbar verbunden, ebenso Karl Michael
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 1: A – I
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 542
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55