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Domitian von Millstatt
Frühmittelalterliche Inschrift
des Domicianus in Millstatt:
Rekonstruktionsversuch
(nach F. Glaser)
Domitian Bildgalerie (Wiki), s.
a. Abb. S. 215 Lage und Umgebung (→ Flurnamen), → Gewässerna-
men, Pflanzennamen, Tiernamen, Siedlungen sowie aus
dem politischen bzw. kirchlichen Bereich abgeleitete
Terminologie. Der D. p. ist nicht zu verwechseln mit der
gleichnamigen Familienzeitschrift, die unter der redak-
tionellen Leitung von Zofka →
Kveder erschien.
Quellen : NUK.
Lit.: SBL ; ES ; OVSBL.
Web : www.mindoc.eu (Edition) (7. 8. 2014).
Maja Francé
Domitian von Millstatt auch Domitian/Domician
von Kärnten, slow. Domicijan Koroški (um 800),
karantanischer Adliger und Volksheiliger.
Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit im Klos-
ter → Millstatt (Milštat/Milje), wo sich angeblich sein
Grab befand, als seliger (zu einer von den Jesuiten ab
1761 betriebenen Heiligsprechung kam es, wohl wegen
der Aufhebung des Ordens 1773, nicht mehr) Stif-
ter des Klosters bzw. einer Vorgängerkirche verehrter,
in der modernen Forschung jedoch lange für eine le-
gendäre Gestalt gehaltener karantanischer Adliger. In
manchen Schriften wurde er auch Tuitian genannt.
Sein Namenstag ist der 5. Februar.
Durch die – teilweise hypothetische und nicht ganz
unwidersprochene – Rekonstruktion der Inschrift auf
seiner Grabplatte, von der ein Fragment wiedergefun- den wurde, ließ er sich als historische Person etwa der
Zeit 770–820 identifizieren. Anscheinend trat er selbst
zum Christentum über und spielte in der Folge eine
nicht unbedeutende Rolle bei der Organisation der
Mission im Raum um Millstatt (Milštat), denn auf ihn
geht nach der Grabinschrift die → Christianisierung
der regionalen Bevölkerung zurück (→ Iro-schottische
Mission). Nach der schon im 12. Jh. belegten Legende
soll er tausend heidnische (also karantanische) Kult-
figuren (»mille statue« als Etymologie des Klosterna-
mens) im Millstätter See (Milštatsko jezero) versenkt
haben (→ Inkulturation). Spekuliert wird auch über
seine mögliche Rolle bei der Gründung des Klosters
→ Molzbichl (Molec). Da er in der → Conversio Ba-
goariorum et Carantanorum nicht erwähnt wird, erfolgte
seine Christianisierung wohl nicht von → Salzburg aus,
obwohl er nach der Legende vom hl. Rupert oder des-
sen Nachfolger getauft wurde. Ob der Anstoß dazu aus
einem anderen bairischen Bistum (in erster Linie wäre
an das im Frühmittelalter in Oberkärnten besonders
aktive → Freising zu denken), vom bairischen Herzog
oder aus → Aquileia kam, muss offen bleiben. Den
romanischen Namen Domitian, ein Name mehrerer
Märtyrer, erhielt er jedenfalls erst mit der Taufe. Über
seinen slawischen Namen lässt sich nichts sagen (zu
solchen Doppelnamen → St.
Peter am Bichl/Šentpeter
na Gori, vgl. auch → Zweinamigkeit, mittelalterliche ;
→ Personennamen, karantanerslowenische). Obwohl
ihn die Grabinschrift als dux bezeichnet (→ Duces Ca-
rantanorum), war er sicher kein Herzog im späteren
Sinn, und wohl auch kein gesamtkarantanischer Fürst,
sondern Angehöriger der nächstunteren Ebene oder
allenfalls ein Teilfürst. Denkbar wäre eine Verbindung
Domitians mit der bedeutenden karolingerzeitlichen
Wallanlage auf dem Hochgosch zwischen dem Mill-
stätter See und dem Drautal und damit zwischen Mill-
statt (Milštat) und Molzbichl (Molec).
Lit.: F. Glaser : Eine Marmorinschrift aus der Zeit Karls des Großen
in Millstatt. In : Car I 183 (1993) 303–318 ; K. Forstner : Das paläo-
graphische Umfeld des sogenannten Domitianfragments. In : Car I 186
(1996) 429–438 ; H.-D. Kahl : Der Millstätter Domitian. Stuttgart
1999 ; F. Nikolasch : Domitian von Millstatt – Geschichte und Legenden.
In : Symposium zur Geschichte von Millstatt und Kärnten 2009, 22–
41 ; W. Deuer : Millstatt. In : U. Faust/W. Krassnig (Bearb.) : Die bene-
diktinischen Mönchs- und Nonnenklöster in Österreich und Südtirol, Bd.
2. St. Ottilien 2001, 759–822 ; H.-D. Kahl : Kultbilder im vorchrist-
lichen Slawentum, Sondierungsgänge an Hand eines Marmorfragments
aus Kärnten mit Ausblicken auf den Quellenwert von Schriftzeugnissen
des 8.–12. Jh. In : SMS VIII (2005) 26 f.
Markus Wenninger
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 1: A – I
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 542
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55