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Europäischer Nationalitätenkongress
1810/11. Urban → Jarnik gebrauchte ihn in einem
Brief an Johann Nep. → Primic. In Druck erschien
er in Kärnten/Koroška erstmals am 29. Juli 1811, in
engster Verbindung mit der Veröffentlichung des ers-
ten slowenischsprachigen Beitrags in der Zeitschrift
Carinthia, des Gedichtes »Na Slovenze« von U. Jar-
nik. Der Redakteur ließ dem slowenischen Gedicht
eine Anmerkung folgen, in der er, halb erklärend, halb
um Verständnis bittend, meinte : »Da Kärnten sowohl
Deutsche, als Slowenen (Slovenzi) bewohnen, so gehört
es mit in den Plan der Carinthia, auch manche sloweni-
sche Aufsätze zu liefern, da wo nämlich der Raum der
Deutschen dieß zu thun gestatten wird.«
Das neue Ethnonym fand verhältnismäßig früh auch
in die Ämter Eingang. Das Kreisamt Klagenfurt/Ce-
lovec gebrauchte ihn erstmals im Jahre 1813. Bis zum
Jahre 1848 war aber der Terminus »windisch« in amt-
lichen Schriften der klar vorherrschende, »slowenisch«
weiterhin eine sehr seltene Ausnahme. Im → Reichsge-
setzblatt-Gesetz von 1849 wird schließlich der Begriff
»slowenisch« normiert und die Begriffe »windisch oder
krainisch« als Regionalismen definiert (→ Kundma-
chung (1), Reichs- und Landesgesetzblatt-Patent, kai-
serliches vom 4. März 1849).
Quellen : Car 1, 5 (1811) 4 ; KLA, Kreisamt Klagenfurt, Fasc. 21.
Lit.: Kidrič : F. Dobrovsky in slovenski preporod njegove dobe. Ljubljana
1930 ; T. Domej : Die Slowenen in Kärnten und ihre Sprache, mit be-
sonderer Berücksichtigung des Zeitalters von 1740 bis 1848 (Phil. Diss.).
Wien 1986 (VII, 562 S.), 309
f.; R. Lencek : The Terms Wende-Winde,
Wendisch-Windisch in the Historiographic Tradition of the Slovene
Lands. In : Slovene Studies Journal. Bd. 12, Nr. 2 (1990) (Digitalisat).
Theodor Domej
Europäischer Nationalitätenkongress (ENK). Der
Minderheitenschutz, den das System der Friedensver-
träge nach dem Ersten Weltkrieg gewährleisten sollte
(→ Vertrag von Saint-Germain), erwies sich als unzu-
reichend und ineffizient und war durch die Instrumen-
talisierung für die Machtpolitik gekennzeichnet. Die
Bemühungen des Völkerbundes, der Interparlamenta-
rischen Union und des Verbands der Vereine für den
Völkerbund sowie des Verbandes der Volksgruppen
(Union des Nationalités, 1912–18) führten zum ersten
Kongress des gleichnamigen Dachverbandes nationaler
Minderheiten in Europa, der Europäischen Nationalitä-
tenkonferenz (ENK) bzw. der Konferenz der organisierten
Volksgruppen der europäischen Staaten am 15.–16. Okto-
ber 1925 in Genf. Dort fanden auch die folgenden Eu-
ropäischen Nationalitätenkongresse bis 1931 statt. 1932 wurde der Kongress in Wien abgehalten, 1933 und
1934 in Bern, 1935 und 1936 wieder in Genf, 1937 in
London, der letzte, aufgrund der politischen Verhält-
nisse bereits geschwächte Kongress in der Vorkriegszeit
fand 1938 in Stockholm statt.
Unter den Initiatoren des ersten Treffens in Genf
war der slowenische Abgeordnete im italienischen
Parlament, der Triestiner Anwalt Dr. Josip Vilfan
(1878–1955, bis Oktober 1939 : Wilfan, Abgeord-
neter 1921–28), der als italienisches Mitglied der In-
terparlamentarischen Union bereits seit 1921 in der
Kommission für Minderheitenfragen tätig war sowie
Autor der Deklaration über die Rechte und Pflichten der
Volksgruppen (Kopenhagen 1923). 1925 gründete er in
→ Trieste/Trst/Triest das Slovensko društvo za Ligo na-
rodov [Slowenischer Verein für den Völkerbund]. Vil-
fan hatte den Vorsitz der ENK und leitete den stän-
digen Ausschuss des ENK (bzw. der »Konferenz«) bis
zum Herbst 1939, als diese aufgrund des Krieges ihr
Wirken einstellten. Der Ausschuss hatte seinen Sitz
von 1928 bis zum Kriegsausbruch 1939 in Wien, da-
nach übersiedelte Vilfan nach Beograd. Die Hauptlast
der Tätigkeit trug der Generalsekretär, der estnische
Deutsche Dr. Ewald Ammende (1892–1936). Ihm
folgte in dieser Funktion Ferdinand von Uexküll-
Güldenband. An den Kongressen nahmen Vertreter
von über 30 europäischen Minderheiten teil. Unter den
Slowenen finden sich noch der ehemalige Abgeordnete
im italienischen Parlament Dr. Engelbert Besednjak
(1894–1968, Abgeordneter 1924–28), die zwei Kärnt-
ner Landtagsabgeordneten Dr. Franc → Petek und
Janez (Ivan) →
Starc und ab der Mitte der 30er-
Jahre auch Dr. Joško → Tischler. An den Tagungen
nahmen auch Vertreter der burgenländischen Kroaten
sowie der Wiener Tschechen und Slowaken aus Öster-
reich teil. Beim Kongress 1929 initiierte Besednjak
den Verband der Minderheitenjournalisten und leitete
diesen danach auch.
Der ENK vertrat ausschließlich ethnische Minder-
heiten (nicht religiöse, politische oder andere), die je-
doch nicht durch Emigranten vertreten werden durften.
Der ENK vertrat den legitimistischen Grundsatz der
Unantastbarkeit der Staatsgrenzen. Als Gegensatz zum
Selbstbestimmungsrecht empfahl sie Anfang 1925 die
→ Kulturautonomie nach estnischem Vorbild für die
Regelung der Minderheitenrechte. In den Kongress-
dokumenten enthielt er sich der Kritik einzelner Staa-
ten. In den Kontakten zu den einzelnen Regierungen
setzten sich die Vertreter des ENK als Vermittler für
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 1: A – I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 1: A – I
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 542
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Geleitwort von Ana Blatnik, Präsidentin des Bundesrates (Juli – Dezember 2014) 7
- Spremna besede Ane Blatnik, predsednice državnega sveta (julij – december 2014) 8
- Geleitwort von Johannes Koder 9
- Vorwort der Herausgeberin und des Herausgebers 11
- Einleitung – slowenische Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška 15
- Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 38
- Verzeichnis der Siglen 40
- Verzeichnis der Abkürzungen und Benutzungshinweise 46
- Editoriale Hinweise 51
- Lemmata Band 1 A – I 55