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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
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606 Karolingisch nisch kralj (ebenso kroatisch, tschechisch král, polnisch król, russisch karol’/korol’). Seit 768 rex francorum Kö- nig des fränkischen Reiches, seit der renovatio Romani Imperii, der Erneuerung des weströmischen Kaisertums (»karolingische Renaissance«) um 800 römischer Kaiser imperator imperii. 788 wird das antifränkisch orientierte Baivaria (→  Bagoaria) dem Reich Karls einverleibt und der wegen angeblicher Fahnenflucht harisliz zum Tod verurteilte bairische Fürst/Herzog Tassilo zu Klosterhaft begnadigt († 796). Tassilos Frau Livt- pirk/Luitperga (romanisch Desiderata) war Lan- gobardin, eine der Töchter des langobardischen Kö- nigs Desiderius. Ab 798 wird →  Salzburg zu einer eigenen Kirchenprovinz (Erzbistum) ausgebaut. Karl beherrschte als Schrift- und Sprechsprache (am Hof) Lateinisch. Seine Mutter- und Umgangssprache lingua propria war nach deutscher Darstellung altfränkisch bzw. »althochdeutsch«, nach französischer »altfranzö- sisch« franzisch/francique. Er hat für die zahlreichen scriptoria Normen für die Schreibweise des Latei- nischen erlassen wie die karolingische Minuskel, eine →  Schrift mit Kleinbuchstaben und Worttrennung, sich aber auch für die Volkssprachen linguae vulgares, linguae propriae eingesetzt. Im Konzil von Tours (813) wird ausdrücklich das Predigen in rustica romana lingua aut theotisca angeordnet. In seiner Zeit sind zahlreiche Bauwerke entstanden. Sie werden als karolingisch bezeichnet und somit litera- turüblich dem Anfang »deutscher Architektur« und dem »Deutschtum« zugeordnet. Gerade in der Architektur spielt →  Kontinuität eine oft unbemerkte, nicht thema- tisierte Rolle : an die Stelle keltischer Heiligtümer wer- den römische Tempel gebaut. Daraus werden seit dem 5. Jh. christliche Kirchen der Ladiner und Slowenen, die von den karantanischen Weihbischöfen und Priestern →  Virgils von Salzburg weiter benützt wurden. Zur Zeit Karls des Grossen, im 8. und 9. Jh., wurden manche um- oder neu gebaut, wobei das alte Bauma- terial (Steine, Altäre, Säulen, Statuen) in den Neubau integriert wurden. Die Benennung karolingisch beach- tet nicht die Kontinuität eines Bauwerks und führt zu unkorrekten Zeitbestimmungen. So ist z. B. die »karo- lingische Torhalle« auf der Fraueninsel im →  Chiemsee augenfällig ein Denkmal römerzeitlicher, nicht karolin- gischer Architektur. Ebenso das aus älteren Elementen zusammengesetzte Portal der Kirche mit dem Dreikopf (trinitas, triglav) als Säulenkapitelle (→  Inkulturation). Zahlreiche Flechtwerke aus Stein in karantanischen Kir- chen gehen auf frühchristliche Zeit zurück (→  Frühmit- telalterliche Kirchen in Kärnten/Koroška). Flechtwerke (auch in der Buchmalerei) sind in der europäischen Kunst weit verbreitet. Typologisch sind sie in Kärn- ten/→  Karantanien mit denen in Norditalien (Aquileia, Grado, Cividale, Ravenna), in Istrien, im dalmatinischen Küstenland (Baška/Krk, Split) identisch. Es sind stilisti- sche Elemente aus dem 6. bis 9. Jh., die weder mit Karl dem Grossen noch einem entstehenden Deutschtum zu tun haben. Die Kontakte Baierns und Karantaniens mit den stark romanisierten Langobarden in Norditalien sind ganz augenfällig. Die bairischen Fürsten Odilo (Otello) und Tassilo (Tasello) haben ladinisch/friauli- sche Namen. Zur Zeit Karls war übrigens in Baivaria und Carantania Tassilo der große Gestalter und Klos- tergründer mit seinem politischen Meisterwerk, dem monasterium →  Kremsmünster (777) im Traungau, wo er mit seinen Baiern mit dem im Traungau in der decania sclavorum lebenden slawisch/slowenisch župan Physso und den actores Taliup und Sparuna zusammentraf (→  Rechtsinstitutionen). Man beachte auch die Orna- mentik der frühchristlichen Martinskirche in Linz. Der letzte karantanische Karantanerfürst hieß Etgar (von vermutlich awarisch Otker/Otakar), ein im Traungau und in der →  Karantanischen Mark beliebt gewordener aris- tokratischer Name : die Otakare von Styrapurk/Steyr. In Karantanien/Kärnten beachtenswert sind über 30 literaturüblich karolingische Flechtwerksteine in →  Millstatt (Milje), →  Molzbichl (Molec), Moos- burg/Možberk, →  St.  Peter am Bichl/Šentpeter na Gori, Mariahof (Steiermark). Ebenso wie das Latei- nisch/Ladinische (→  Altladinisch) sprachlich im Ka- rantanerslowenisch fortlebt (christliche →  Terminolo- gie), leben auch frühchristliche/römische Elemente in der Architektur und Kunst fort. Karolingisch ist keine Zäsur in der Abfolge der architektonischen Kontinu- ität, schon gar nicht im ursprünglich antifränkischen Karantanien und Baivarien. Die Etikettierung mit karolingisch führt zu einer inkorrekten Einschätzung der Zeit und des Alters von Bauwerken und Kunst- gegenständen. Der in der Kunstgeschichte ebenfalls übliche Terminus romanisch wäre als nicht nationalis- tisch dem Begriff karolingisch vorzuziehen. Viele sog. »karolingische« Flechtwerksteine stammen nicht aus der Zeit Karls der Grossen († 814), sondern aus frühchristlichen »Vorgängerkirchen« der ladinischen und slowenischen Bevölkerung (→  Frühmittelalterli- che Kirchen in Kärnten/Koroška). Mit karolingisch sind das ladinisch-slowenische Christentum und dessen Kirchen falsch etikettiert. →  Virgil († 784) hat laut
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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Subtitle
Von den Anfängen bis 1942
Volume
2 : J – Pl
Authors
Katja Sturm-Schnabl
Bojan-Ilija Schnabl
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79673-2
Size
24.0 x 28.0 cm
Pages
502
Categories
Geographie, Land und Leute
Kunst und Kultur

Table of contents

  1. Alphabetische Liste der AutorenInnen/BeiträgerInnen im vorliegenden Band 547
  2. Lemmata Band 2 J – Pl 549
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