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Kremsmünster
Janez Evangelist Krek, 2. 10.
1927 1901 für den Landtag wie auch bei den Wahlgängen
1908 und 1913. Aufgrund der Einführung des allge-
meinen und gleichen Wahlrechts, wofür er sich stets
engagiert hatte, entschloss sich K. doch wieder, 1907
im Gerichtsbezirk Kamnik-Brdo um ein Reichsrats-
mandat zu bewerben. Er erhielt damals rund 86 % der
abgegebenen Stimmen. Beide Mandate behielt er bis
zu seinem frühen Tod.
Der allseits begabte K. widmete sich auch der Publi-
zistik, die im Dienste seiner sozialpolitischen Aufgaben
und Ziele stand und seine anfänglich belletristischen
Texte ablöste. Dazu kamen noch wissenschaftliche
Werke mit einer ebensolchen inhaltlichen Breite. Er
hob das Niveau der katholischen Tageszeitung → Slo-
venec [Slowene] und gründete daneben 1894 das christ-
lichsoziale Blatt Glasnik [Stimme] sowie 1905 das Ar-
beiterorgan Naša moč [Unsere Kraft] (→ Publizistik).
In seinen letzten Lebensjahren schrieb er die meisten
Leitartikel, die sich mit kulturellen, politischen, religi-
ösen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Fragen
beschäftigten.
In seinem ersten selbstständigen Werk befasste sich
der 22-jährige K. mit dem »Zweikampf« (O dvoboju,
1987), 1895 folgte unter dem Pseudonym J. Sovan
das Werk Črne bukve kmečkega stanu [Schwarzbuch des
Bauernstandes]. 1901 erschien sein Hauptwerk, ein
umfassendes wissenschaftliches Handbuch über den
Sozialismus (Socializem), seine Geschichte und Ana-
lyse. Er veröffentlichte auch in deutscher, kroatischer
und russischer Sprache.
Als »Volkstribun« und »großer Lehrer des sloweni-
schen Volkes« (so der Sozialdemokrat Henrik Tuma)
hielt K. unzählige Vorträge vor Gymnasiasten und
Hochschülern (u. a. im Wiener Verein Danica [Mor-
genstern]), vor Arbeitern, Bauern und Handelstrei-
benden. Er war mit der christlichsozialen Bewegung
Kettelers und Vogelsangs vertraut geworden, ent-
wickelte diese Ideen weiter und passte sie den sloweni-
schen Gegebenheiten an. Ein solcher neuer Aspekt war
die Einbeziehung und das Eintreten für die nationale
Gleichberechtigung der Slowenen mit den Deutschen
in den Kronländern. Mit seiner Parole, dass man un-
ter das Volk nicht milde Gaben verteilen solle, sondern
Gerechtigkeit für alle schaffen müsse, bereiste er alle
von Slowenen besiedelten Gebiete. So kam er auch
als einer der wenigen Krainer Reichsratsabgeordneten
nach Kärnten/Koroška, wo er sich wortgewaltig mit
den diskriminierten Volksgenossen solidarisierte. Von
allen slowenischen Politikern war K. am stärksten den demokratischen Prinzipien verhaftet und kein Freund
des Ständestaates.
Dennoch blieb K.s Wirken vor allem im praktischen
Bereich erfolgreicher als in seinen Theorien. Nach Le-
opold Kunschak verkörperte er einen neuen Typ »der
sozialen Geistlichkeit«. So organisierte er die unter-
schiedlichsten Arbeitervereine, deren es in der Zeit sei-
nes Vorsitzes ab 1900 bis zum Ersten Weltkrieg 462 gab
und die über 40.000 Mitglieder zählten. Daneben sorgte
er für die Errichtung von 103 Arbeiterheimen. Weniger
Erfolg hatte er in der Abstinentenbewegung, wo er sogar
den Platz des Obmannstellvertreters des Verbandes ös-
terreichischer antialkoholischer Vereine innehatte.
Besonders verdienstvoll wirkte K. im → Genos-
senschaftswesen auf dem flachen Land. Er gründete
Darlehens- und Sparkassen in allen von Slowenen
bewohnten Gebieten. 1913 zählte der diesbezügliche
Zentralverband 682 Mitgliedsinstitutionen, die eine
wichtige Rolle bei der Modernisierung der Landwirt-
schaft spielten. K. initiierte 1908 auch die Gründung
der ersten Genossenschaftsschule (Zadružna šola) in
Ljubljana, die überhaupt die erste in der Habsburger-
monarchie und nach Darmstadt die zweite in ganz
Europa war. Im gleichen Jahr entstand unter seiner
Mitwirkung auch die Slowenische Handelsschule (Slo-
venska trgovska šola), 1913 schließlich die Wirtschafts-
schule (Gospodarska šola).
K. war ohne Zweifel eine zentrale Persönlichkeit des
slowenischen politischen Lebens und sein besonderer
Platz in der Geschichte bleibt unangefochten. Es war
vor allem sein Verdienst und das seiner engsten Mitar-
beiter in der Partei, aber auch außerhalb dieser, dass das
slowenische Volk beim Zusammenbruch der Monar-
chie zu einer zeitgemäßen europäischen Nation wurde.
Werke : Kroaten und Slowenen. Zwei Darstellungen von Andreas
Milčinović und Johann Krek, Hg. K. Nötzel (= Schriftenreihe zum
Verständnis der Völker 2). Jena 1916 ; Izbrani spisi I-IV, Hg. I. Dolenc.
Ljubljana, Prevalje, Celje 1922–1933 ; J. Juhant : Krekovo berilo. Celje
1989.
Lit.: SBL ; ES ; OVSBL. – R. Jurčec : Krek. Ljubljana 1935 ; W. Lu-
kan : Zur Biographie von Janez Evangelist Krek (1865–1917), 2 Bd.,
(Phil. Diss.) Wien 1984 ; Simpozij o J. E. Kreku. In : Bogoslovni vestnik
48 (1988), 3–57 ; W. Lukan : The Second Phase of Slovene Cooperati-
vism (1894–1918). In : Slovene Studies 11/1–2. Columbus 1989 ; Dr.
Janez Evangelist Krek : ob 90-letnici smrti. Intšitut za gospodarske in
družbene študije, Hg. A. Primc. Ljubljana 2007.
Feliks J. Bister
Kremsmünster. Das nach der Lage an der Krems
(Chremisa) benannte Kloster wurde 777 durch den
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 2 : J – Pl
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 502
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur