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Kulturvereine, slowenische in Kärnten/Koroška
23 Zweigvereine gegründet. Ihr vorrangiges Vereinsziel
war die »umfassende Unterstützung und Förderung des
slowenischen Schulwesens«. In Kärnten/Koroška war
zudem eines ihrer Verdienste, dass in manchen Orten
am Land das organisierte Kulturleben erneuert wurde.
Die Kontinuität zwischen den slowenischen Kyrill und
Method-Vereinen (in seltenen Fällen auch mit den
katholischen Verfassungsvereinen vom Beginn des 19.
Jh.s) und später zwischen den im Rahmen der slowe-
nischen christlichsozialen Bewegung entstandenen
(katholischen) Kultur- oder Bildungsvereinen wird auf
der Ebene der Akteure, noch mehr jedoch aufgrund der
Vereinstätigkeit offensichtlich. Vorrangig wurden der
Chorgesang und das Laienschauspiel gepflegt. Bei den
Veranstaltungen der Zweigvereine in Kärnten/Koroška
waren auch die der Bildung gewidmeten Reden ein
wesentliches Element, neben der Gründung von Bib-
liotheken und der Organisation von Versammlungen.
In erster Linie waren die Aktivitäten für die männli-
che Bevölkerung gedacht. Eigenständiger agierten die
Slowenen in Kärnten/Koroška bei der Gründung von
Spar- und Darlehenskassen, obwohl sie auch in die-
sem Fall mit der Unterstützung der Zveza slovenskih
posojilnic [Verband der slowenischen Darlehenskassen]
in → Celje rechnen konnten (→ Genossenschaftswe-
sen). Die slowenischen Sparkassen wurden durch ihre
Unterstützung der slowenischen Kulturaktivitäten ein
wichtiger Faktor, so etwa bei der 1890 gegründeten Le-
sehalle in Glainach/Glinje. In den 90er-Jahren des 19.
Jh.s kommt es zur Gründung von drei unabhängigen
slowenischen Gesangsvereinen. Das vordringlichste
Ziel all dieser Vereine und Organisationen sowie der
Sparkassen war es, eine erfolgreiche identitätsstiftende
und identitätsverteidigende Kraft zu schaffen, um so
das slowenische nationale Bewusstsein zu formen und
zu festigen.
Die letzten zwei Jahrzehnte der Habsburgermonar-
chie standen bei den Slowenen im Zeichen der christ-
lichsozialen Bewegung, die auch die Kultur- und Bil-
dungstätigkeit der slowenischen Vereine in Kärnten/
Koroška prägte. Am Beginn dieses Zeitraumes steht
die Gründung des → Katoliško politično in gospodarsko
društvo za Slovence na Koroškem (KPGDSK) [Katho-
lisch-politischer und Wirtschaftsverein für die Slo-
wenen in Kärnten]. Am 5. März 1890 kündigten die
Proponenten seine Gründung an, die Regierung bestä-
tigte die Statuten am 17. April 1890, worauf die Grün-
dungshauptversammlung beim Podstražišnik in Bach/
Potok in unmittelbarer Nähe von Klagenfurt/Celovec folgte. Wie untrennbar das politische Wirken in Kärn-
ten/Koroška mit der Bildungs- bzw. der Kulturarbeit
war, zeigt sich in den Statuten der neuen Organisation.
Ihr Hauptziel war, »unter den Kärntner Slowenen ei-
nen lebendigen katholischen Glauben zu erhalten, die
Kärntner Slowenen in religiösen, politischen, nationa-
len und wirtschaftlichen Angelegenheiten zu bilden
sowie ihre nationalen und staatsbürgerlichen Rechte
nach dem Motto zu verteidigen : Alles für Glauben,
Heim und Kaiser ; für den wirtschaftlichen Fortschritt
insbesondere des Bauernstandes zu sorgen sowie zum
Wohlstand unter den Kärntner Slowenen beizutragen.«
Die Betonung des Primats des katholischen Glaubens
im Gesellschaftsleben ist die Folge der Offensive der
katholischen Kirche. Die Diözese Gurk/Krška škofija
begann mithilfe sog. pastoraler Konferenzen die Tä-
tigkeit ihres Klerus im Gesellschaftsleben zu orien-
tieren. Diese pastoralen Konferenzen wurden jährlich
abgehalten und jede war der Erörterung bzw. der Ana-
lyse der Probleme in den Beziehungen zwischen den
gesellschaftlichen Kräften und der Kirche gewidmet.
So wurde etwa auf diesen Konferenzen wiederholt
die Rolle der gedruckten Medien (→ Publizistik), des
Schulwesens, der Wirtschaftsorganisationen, der Leh-
rerschaft, der Bedeutung der Vereine, der Bibliotheken,
der Arbeiterschaft, der Alkoholsucht usw. erörtert. Das
Gurker Ordinariat ermunterte seine Priester zum ak-
tiven Wirken in allen Bereichen des gesellschaftlichen
Lebens, doch verteidigte es niemals seinen Klerus öf-
fentlich, wenn ihn die liberalen oder deutschnationalen
Zeitungen wegen seines »nicht-religiösen Wirkens«
hart angriffen. Scharf kritisiert wurden in erster Linie
die slowenischen Priester, die den Anweisungen des
Ordinariats gefolgt waren. Eine bedeutende Rolle bei
der Organisation der slowenischen nationalen Bewe-
gung in Kärnten/Koroška hatten auch die slowenischen
katholischen Versammlungen. Obwohl man in Kärn-
ten/Koroška von 1907 bis 1911 Ansätze einer libera-
len Bewegung erkennen kann, so konnten sich diese
nicht behaupten. Mit der Umorientierung der Družba
sv. Cirila in Metoda (CMD) [Cyrill und Method-
Gesellschaft] kam es in der Folge 1908 zur Gründung
des → Slovensko šolsko društvo [Slowenischer Schulver-
ein]. Der Verein errichtete im ländlichen Raum eigene
Zweigvereine in Konkurrenz zur CMD. Dieser leitete
jedoch auch weiterhin die slowenische Privatschule in
St.
Ruprecht bei Völkermarkt/Šentrupert pri Velikovcu,
während jene in St. Peter bei St. Jakob i. R./Šentpeter
pri Šentjakobu in den Händen des Schulvereins war.
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 2 : J – Pl
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 502
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur