Page - 780 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
Image of the Page - 780 -
Text of the Page - 780 -
780
Landessprache
spruchten, was 1453 reichsrechtlich anerkannt wurde.
Zudem stabilisierten sich laut Lehre die sprachlichen
Verhältnisse mit dem 15. Jh., so dass sich bis ins 18./19.
Jh. eine relativ stabile → Sprachgrenze mit zwei sprach-
lich weitgehend homogenen Landesteilen bzw. einem
(weitgehend) geschlossenen ethnischen Territorium der
Slowenen bildete (→ Germanisierung ; → Kolonisie-
rung, mittelalterliche) (Die → Ortsverzeichnisse von
1860, 1880/82, 1883, 1910/18 deuten allerdings auf eine
notwendige differenzierte Sichtweise dieser literaturüb-
lich dargestellten Entwicklung der Sprachgrenze in den
Randbereichen hin). Bereits im 16. Jh. etablierte sich
zwar in Klagenfurt/Celovec durch den Zuzug von lu-
theranischen Handwerkern eine deutschsprachige Ge-
meinschaft als sprachliche und soziale Enklave in der
Stadt. Mit dem → Protestantismus war andererseits das
Slowenische verstärkt präsent. 1569 oder 1570 wurde
der erste slowenische Hilfspriester bestellt, ab 1572
wurden in der Heiligengeistkirche nur noch sloweni-
sche Gottesdienste gelesen ; zwei Jahrhunderte später,
1793, erhielt Klagenfurt/Celovec noch eine deutsch-
slowenische Marktordnung (→ Klagenfurter Markt-
ordnung). Erwähnenswert ist auch, dass in der Literatur
und in der breiteren Öffentlichkeit bisweilen bei einem
Herrschaftswechsel gleichzeitig auch ein Sprachwechsel
angenommen wird, was aber in der Regel so nicht nach-
vollzogen werden kann (→ Kontinutät). Die sprachli-
chen Gegebenheiten lassen also zwei L., das Sloweni-
sche und das Deutsche, identifizieren. Noch im Zeitalter
des Barock, Mitte des 18. Jh.s, zeugen die slowenischen
→
Chronogramme, die in jener Zeit üblicherweise in la-
teinischer Sprache verfasst waren, von der Relevanz und
gesellschaftlichen Stellung des Slowenischen im Land.
Einen qualitativen Wandel des Sprachstatus erfährt das
Slowenische im Zuge der josephinischen Reformen mit
der Einführung 1784 des Deutschen als innerer Amts-
sprache in der Monarchie, wenn es auch in dieser Zeit
zu → Übersetzungen von Patenten und Kurrenden ins
Slowenische kam, was die funktionale Relevanz des
Slowenischen bestätigt (→ Josephinismus, → Lingua
franca). In der Folge führt die Amtssprachenregelung
allerdings zu einem verstärkten sozialen Differenzie-
rungsprozess der beiden weiterhin gesprochenen L. und
hatte Anteil an den folgenden Nationalitätenkonflikten
(O. → Gutsmann, U. → Jarnik, → Soziolekt, → Re-
levanz und Redundanz von Sprache, →
Assimilation).
Auch im Rahmen der → Illyrischen Provinzen wurde
das Slowenische (im Villacher Kreis) als L. gewürdigt
und in Schulen gelehrt. Infolge der Revolution von 1848 (→ Revolutionsjahr
1848) wurde zunächst bereits in der ersten Verfassung,
der Pillersdorf’schen Verfassung vom 16. Mai 1848, die
allerdings nur kurze Zeit in Kraft war, bestimmt (§ 4) :
»Allen → Volksstämmen ist die Unverletzlichkeit ih-
rer Nationalität und Sprache gewährleistet.« Der im
mährischen Kroměříž (Kremsier) ab Oktober 1848 be-
ratene sog. Kremsierer Verfassungsentwurf war, obwohl
er nie in Kraft getreten ist, für die moderne Verfas-
sungsentwicklung relevant. § 19 des darin enthaltenen
Grundrechtskataloges bestimmt : »Alle Volksstämme
des Reiches sind gleichberechtigt. Jeder Volksstamm
hat ein unverletzliches Recht auf Wohnung und Pflege
seiner Nationalität überhaupt und seiner Sprache ins-
besondere. [Absatz 2 :] Die Gleichberechtigung aller
landesüblichen Sprachen in Schule, Amt und öffent-
lichem Leben wird vom Staate gewährleistet.« Weitere
Bestimmungen bezogen sich auf die Nationalitäten-
frage : In §
2 wurde u. a. die Steiermark/Štajerska (nicht
aber die anderen slowenischsprachigen Länder) in zwei
Kreise eingeteilt, wobei »Die Abgränzung [sic !] dieser
Kreise […] mit möglichster Rücksicht auf Nationalität
durch ein Reichsgesetz festgestellt [wird].« Hinsicht-
lich der Landtage bestimmt § 112, dass in den Lan-
desverfassungen (Absatz 3 :) »die Wahlbezirke […]
mit möglichster Berücksichtigung der Nationalität zu
bilden [sind]« und in Absatz 4 : »die Verhandlungen
[der Landtage] sind öffentlich, unter Anerkennung der
gleichen Berechtigung der Landessprachen« (→ Wahl-
ordnungen, → Wahlkreiseinteilungen). Zudem wird
in den §§ 114 und 115 das Landesschulwesen als zur
»selbständigen gesetzgebenden Gewalt der Landtage«
gehörend definiert sowie »innerhalb der durch Reichs-
gesetze festgestellten Beschränkungen« das »Unter-
richts- und Volkserziehungswesen« (Abs. 1). Zudem
haben dort, wo Kreistage eingerichtet sind, diese im
Rahmen der Schranken der Reichs- und Landes-
verwaltungsgesetze gemäß § 126, Absatz a) in ihrer
Kompetenz »das Volksunterrichts- und Erziehungs-
wesen mit dem Rechte der Bestimmung der Unter-
richtssprache und der Sprachgegenstände, jedoch mit
gleich gerechter Beachtung der Sprachen des Kreises«
(→ Schulwesen).
Erstmals rechtsverbindlich wurde in der →
Oktro-
yierten Märzverfassung vom 4. März 1849 – mit der
Franz Joseph I. einer Annahme des Kremsierer
Entwurfs zuvorkam – und sodann in den darauf beru-
henden Landesverfassungen vom 30. Dezember 1849
für den Großteil der slowenischen Länder das Slowe-
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 2 : J – Pl
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 502
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur