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Landesverfassung, Kärntner von 1849
Präsidium des provisorischen Landtagsausschusses und
der Verordnetenstelle, während der bisherige Präsident
Longo als sein Stellvertreter fungierte« (Webernig).
(Erst mit allerhöchster Entschließung vom 1. Juli 1853
und amtswirksam mit 29. Mai 1854 sollte die Statthal-
terei in Landesregierung umbenannt werden, an deren
Spitze ein Landespräsident stand).
Die landesverfassungsrechtliche Bestätigung des
bereits auf Basis der Märzverfassung und der oben
beschriebenen Maßnahmen selbstständig agierenden
Landes wird im Grundsatzabschnitt »I. Vom Lande«
nochmals verankert. Damit wird gleichzeitig der Idee
einer Vereinigung der slowenischen Länder recht-
lich ein Riegel vorgeschoben. In Abschnitt I wird die
Rechtsstellung des Landes in der Gesamt-Monarchie
(§ 1) und dessen Unterordnung unter die Reichsverfas-
sung (§
2) festgelegt. Bestimmt wird, dass die Grenzen
nur durch Gesetz verändert werden dürfen (§
4) und als
Landeshauptstadt wird Klagenfurt/Celovec bestätigt
(§ 6). Gleichzeitig wird im konstitutiven Grundsatz-
paragrafen § 3 bestimmt : »Die im Lande wohnenden
Volksstämme sind gleichberechtiget, und haben ein
unverletzliches Recht auf Wahrung und Pflege seiner
[sic !] Nationalität und Sprache. / U deželi prebivajoči
narodi imajo jednako pravo in uživajo nedotakljivo pra-
vico za ohranjanje in oskerbovanje svoje narodnosti in
svojega jezika.« Während die deutsche Fassung von
→ »Volksstämmen« spricht, wird in der slowenischen,
ursprünglich authentischen Fassung der Begriff »na-
rodi« [Völker] verwendet, was den Rückschluss zulässt,
dass die deutsche Fassung noch eine heute veraltete
→ Terminologie verwendet. Diese Bestimmung ist ins-
gesamt für die slowenische Rechtsgeschichte von be-
sonderer Bedeutung, da sie den konstitutiven Charak-
ter des Slowenischen/der Slowenen im Lande rechtlich
im Verfassungszeitalter untermauert. Diese wird in der
Rechtsrealität des Landes im gesamten Jahrzehnt nach
der Kundmachung der Verfassung bzw. auch nach der
Aufhebung der Märzverfassung Ende 1851 in der Ära
des Neoabsolutismus immer wieder bestätigt, wie dies
aus den von Statthalter Johann N. Schloissnigg/
Šlojsnik herausgegebenen, zweisprachigen deutsch-
slowenischen →
Landesgesetzblättern bis 1859 bzw.
in slowenischer Übersetzung bis 1872 hervorgeht
(→ Landeseinteilungs-Erlass (1, 2), →
Landeseintei-
lungs-Verordnung).
In Abschnitt II der L. »Von der Landesvertretung
überhaupt« werden die Landeskompetenzen festge-
setzt, wobei § 8 mit einer negativen Formulierung fest- legt, dass »[a]lle Angelegenheiten, welche nicht durch
Reichsverfassung oder durch die Reichsgesetze als
Landesangelegenheit erklärt werden, […] zum Wir-
kungskreis der Reichsgewalt [gehören]«. In der Lan-
deszuständigkeit verbleiben Landeskultur, öffentliche
Bauten, welche aus Landesmitteln bestritten werden,
Wohltätigkeitsanstalten, der Landesvoranschlag hin-
sichtlich der Landeseinnahmen aus der Verwaltung des
dem Lande gehörigen Vermögens und rücksichtlich der
ordentlichen und außerordentlichen Landesausgaben.
Zudem sind Landeskompetenz die Durchführungsbe-
stimmungen zu Gemeindeangelegenheiten, Kirchen-
und Schulangelegenheiten sowie »Vorspannleistungen,
dann der Verpflegung und Bequartierung des Heeres«.
Weiters sind Landesangelegenheiten solche, die »durch
Reichsgesetze dem Wirkungskreise der Landesgewalt
zugewiesen werden«. Das föderalistische Konzept, das
durch eine eigene Landesgesetzgebung durch Kaiser
und Landtage zum Ausdruck kommt, wird folglich
durch die relativ geringen Landeskompetenzen und die
Kompetenz-Kompetenz des Reichs beschränkt.
Nachdem der provisorische Landtag vom Juli 1848,
dem Abgeordnete vom Klagenfurter und vom Villacher
Kreis angehörten und der noch dem Gubernium in
Ljubljana unterstand, verfassungsrechtlich obsolet ge-
worden war, kamen die politischen Ereignisse der neo-
absolutistischen Ära einer verfassungsmäßigen Wahl
des neuen Kärntner Landtags zuvor. Es kam nicht zur
Einrichtung des durch Mitglieder dieses Landtags zu-
sammengesetzten Landesausschusses, welcher als des-
sen ständiges Organ mit Exekutivbefugnissen fungierte.
Die Abschnitte der L. »III. Von dem Landtage«, »IV.
Von dem Landessausschusse« und »V. Von dem ver-
stärkten Landesausschusse« wurden folglich nicht in
der verfassungsmäßig vorgesehenen Form umgesetzt
bzw. die Organe wurden nicht eingerichtet. Vorgese-
hen war darin ein aus direkter Wahl hervorgegange-
ner, 30 Mitglieder zählender Landtag, der vom Kaiser
jährlich im November für sechs Wochen einberufen
werden sollte. Zudem war »[e]in Landessauschuss aus
fünf Mitgliedern […] für die laufenden Geschäfte ver-
antwortlich[. Er] hatte die Ausarbeitung der Vorlagen
für den Landtag vorzunehmen, also Geschäfte, die dem
bisherigen ständischen Verordneten- und provisori-
schen Landtagsausschuß-Kollegium zustanden, zu er-
ledigen. Entscheidungen des Ausschusses mussten dem
Statthalter mitgeteilt werden« (Webernig).
Ebenso konnte die der Landesverfassung nachge-
reihte Landeswahlordnung, die eine vierjährige Man-
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 2 : J – Pl
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 502
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur