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Liturgiesprache
Evangelien und Lesungen
(1780), Nachlass Lisca
Watzko
Griechischen. Der geistliche Wandel der noch heidni-
schen Slowenen war ein langwieriger Prozess. Diese
begann im Westen bereits im 7. Jh. durch den Kontakt
mit den christianisierten Romanen (→ Altladinisch)
und im Norden, in → Karantanien Mitte des 8. Jh.s
im Rahmen der → Salzburger Mission. Die karanta-
nischen Fürsten (→
Duces Carantanorum) und das Volk
wurden durch gebildete, tiefgläubige Missionare, von
Benediktinermönchen (irisch-angelsächsische Mis-
sion) im christlichen Glauben unterwiesen (→
Virgil,
→ Modestus), die sich über die Jh. vom Westen nach
Osten bzw. ins Innere Europas bewegten, sowie Mis-
sionare aus Byzanz, vom Süden in den Norden missi-
onierend.
Die ersten christlichen Texte, die von den slowe-
nischen Vorfahren angenommen wurden, waren die
Grundgebete. Für Gebete ist eine spezifische konzep-
tuelle Grundlage und die Hingabe an einen unsicht-
baren Gott charakteristisch. Die Gebetshaltung ist
bußfertig, genügetuend (Beichtformel), bittend (Vater-
unser), dankend und preisend (Gebet und Lied) sowie
verherrlichend (liturgische Gebete). Dem Inhalt und
der tieferen Bedeutungsgrundlage unterliegen auch
die Auswahl der Worte und der Stil der syntaktischen
Botschaft. Der Mangel an Begriffen im ursprünglichen
Slowenisch wurde in den ersten Übersetzungen von
Gebeten notwendigerweise durch eine »neue« termi-
nologische Begrifflichkeit überwunden, die rhythmi-
sierten Syntaxmuster und Wortbotschaften teilweise
aus den Vorlagen übernommen, was durch eine in der
gesprochenen Sprache unübliche Wortfolge zum Aus-
druck kommt. So entstanden in Karantanien die ers-
ten slowenischen liturgischen Gebetsformeln gewiss
bereits im 8. Jh., von dort wurden sie etwas später in
das slowenische Pannonische Fürstentum übertragen
(→ Kocelj). Der erste und markanteste innovative
sprachliche Eingriff des Christentums in das im Ent-
stehen begriffene Slowenische des Alpenraums (slow.
alpskoslovensko oder alpska slovenščina im Unterschied
zum Slowenischen des pannonischen Raums) bzw.
nach dem Staatswesen in die karantanerslowenische
Sprache (8.–9. Jh.) kann im Wortschatz nachverfolgt
werden. Für die neuen christlichen Begriffe entstan-
den neue Termini. Die → Freisinger Denkmäler, die
ersten niedergeschriebenen slowenischen Texte vom
Übergang vom 9. zum 10. Jh. weisen bereits eine zu-
friedenstellende terminologische Ausprägung auf. Sie
umfassen über 200 spezifische »neue« Termini mit
Wiederholungen, die in den folgenden Jahrhunderten eine Kontinuität aufweisen, und zwar teilweise im zen-
tralen slowenischen Sprachraum einschließlich Kärn-
ten/Koroška, teilweise aber nur im pannonisch-slowe-
nischen Sprachraum des Prekmurje (Übermurgebiet),
was von besonderer Bedeutung und charakteristisch
ist (solche Begriffe sind : spasitel, slovo, obet, rab, posetiti,
natrovati, klevetati, posečati, nestiden, žestok, usw. [Retter,
Wort, Mahl, Knecht, besuchen, nähren/füttern, fluchen,
besuchen, ohne Scham, scharf]).
Die Typologie der Entstehung der Begriffe in den
Freisinger Denkmälern ist wie folgt : 1. Es geht um
einen Bedeutungswandel von genuin slawisch/slowe-
nischen Begriffen (in den ersten zusammengesetzten
Eigennamen, wie z. B. Svętopolk, bedeutete der erste
Namensteil svet ursprünglich noch »stark«, ist jedoch
fortan als sanctus zu verstehen ; das Wort rota [Verwün-
schung] bedeutet ab da »Eid« ; deva, ursprünglich das
»junge Mädchen«, bedeutet fortan die Unberührbare).
Diesen Bedeutungswandel hin zu einem christlichen
Inhalt vollziehen auch Wörter wie : vera, duh, duša, nebo,
sel, rab, bog [Glaube, Geist, Seele, Himmel, Bote, Diener,
Gott] sowie eine Reihe weiterer Wörter. 2. Es handelt
sich um Neuschöpfungen, die in der lateinischen Ter-
minologie motiviert sind : greh > grešnik, vera > vernik,
moka > močenik, zakon > zakonnik (duhovnik), deva >
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 2 : J – Pl
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 502
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur