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Miklosich, Franz Xaver Ritter von
Miklosich-Wappen, Archiv
Katja Sturm-Schnabl
Franz Miklosich, Büste im Ar-
kadengang des Ehrenhofes
der Universität Wien (Detail),
Foto Bojan-Ilija Schnabl
bruar und 3. März 1910 meinte der sozialdemokrati-
sche Abgeordnete Arnold Riese dazu, »dass sich die
slowenischen Arbeiter noch nie gegen eine Ausgabe der
Fahrkarten auf Deutsch beschwert hätten, obwohl sie
kein Wort Deutsch könnten«. M. wurde als Aretirani
župan [Der verhaftete Bürgermeister] literarisch von der
Volkspoetin Neža Strojnik verewigt (→
Bukovništvo).
In der Folge wurden die Ziele der Bemühungen von M.
teilweise erreicht und die Eisenbahnbeamten verwende-
ten zu Zeiten der Monarchie teilweise das Slowenische.
Noch in der Zweiten Republik kam es in den 70er-
Jahren des 20. Jh.s bei der Ausgabe von Fahrkarten
am Bahnhof in Klagenfurt/Celovec, wenn dies von
einheimischen Schülern und Studenten in sloweni-
scher Sprache verlangt wurde, zur Verweigerung der
verpflichtenden Dienstleistung. Dabei wurde der wirt-
schaftliche und touristische Hausverstand, die Frage
des kulturellen Anspruchs der Institution und des
Landes sowie der Grund- und Menschenrechte völ-
lig missachtet, zumal der Gebrauch des Slowenischen
am Schalter, laut Zeugnissen, verboten wurde. Die
Ausgabe von Fahrkarten wurde wiederum zu einer die
Öffentlichkeit polarisierenden ethnopolitischen Frage
und fand medialen Widerhall. M. war auch erster Obmann des Slovensko katoliško
izobraževalno društvo → Vogrče [Slowenischer katholi-
scher Bildungsverein Rinkenberg].
Quellen : Slovenec 8. 10. 1909, 27. 11. 1909, 6. 12. 1909 ; Mir 13. 11.
1909, 20. 11. 1909, 19. 3. 1910 ; Koledar Družbe sv. Mohorja za leto
1911. Aus dem Wilajet Kärnten. Klagenfurt 1913, 64–69.
Lit.: Petrov Anzej [Ps. für J. Messner] : Skrivno narodno razodetje. In :
Slovenski vestnik, 20. 6. 1969, 24 (1408) 6 ; M. Kmecl (Hg.) : Ta hiša je
moja, pa vendar moja ni. Celovec, Ljubljana 1976, 5–6, 121, 143–44 ; V.
Smolej : Pesem o aretiranem županu. In : JiS 24 (1978) 1, 24–26 ; J. Lu-
kan : Franz Grafenauer (1860–1935). Volkstribun der Kärntner Slowenen.
Klagenfurt/Celovec 1981 (Studia Carinthiaca Slovenica ; 2) 191–202 ;
F. Merhač, K. Fallend : »… ich bin mehr Slowene geworden … !« : Sozial-
psychologische Aspekte einer gewaltfreien politischen Aktion slowenischer
Jugendlicher in Kärnten. Klagenfurt/Celovec 1983, 78–81, 119–125,
174 ; H. Janschitz : »Kolodvorski škandali« v provinci : ziljska železnica.
In : KK 1984, 93–95 ; J. Pleterski : Slowenisch oder deutsch ? Nationale
Differenzierungsprozesse in Kärnten [1848–1914]. Klagenfurt/Celovec
1996, 459–461 (slowenische Erstausgabe Ljubljana 1965, 423–24).
Janez Stergar ; Üb.: Bojan-Ilija Schnabl
Miklosich, Franz Xaver Ritter von (Fran Miklošič,
Mikloschitsch, * 20. März 1813 Radomerščak [Lju-
tomer, Štajerska], † 27. März 1891 Perchtoldsdorf bei
Wien), Sprachwissenschafter, Philologe, Lexikograf,
Slawist, Politiker.
»Litterarum slavicarum professor princeps« ist die
Inschrift unter seiner Büste in den Arkaden der Uni-
versität Wien.
M. war das älteste von 4 Kindern des Weinbauern
Jurij Miklošič (1789–1879) und seiner Ehefrau Ma-
rija geb. Zobovič (1789–1843). Als M. 6 Jahre alt war,
zogen die Eltern nach Ljutomer, wo sie eine Gastwirt-
schaft und ein Handelsgeschäft eröffneten. Sie schick-
ten M. nach Varaždin zur Schule. In seinen späten Jah-
ren erinnerte er sich, wie bedeutungsvoll die slawische
(dem heimatlichen Dialekt sehr nahe kroatisch-kaj-
kavische) Schulsprache für das Identitätsbewusstsein
des slowenischen Knaben gewesen war, was er später
am Gymnasium in → Maribor an den slowenischen
Mitschülern, die aus deutschsprachigen Volksschulen
kamen, vermisst habe (Miklosich Korrespondenz 1991,
Br. 409) (→ Identität).
Als Kind slowenischer Eltern musste damals sein
Bildungsweg nolens volens über eine fremde Spra-
che verlaufen. Die ersten Schuljahre in Varaždin mit
der kroatischen Schulsprache schärften sein Ohr für
die Nuancierungen der slawischen Sprachen und die
essenziellen Unterschiede zu seiner → Muttersprache.
In Maribor, wo das Deutsche die Schulsprache war, er-
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 2 : J – Pl
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 502
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur