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Perkonig, Josef Friedrich
Gefängnis geschriebener slowenischer Brief P.s an den
Archidiakon von → Villach/Beljak Johann Andreas
Nepoggai (Napokoj) in Abschrift und in zeitglei-
cher deutscher Übersetzung erhalten hat. Darin bat
der des Konkubinats beschuldigte P. den Archidiakon
in seiner misslichen Lage um Beistand. Dass dieses für
die slowenische Sprachforschung nicht unwesentliche
Dokument erhalten blieb, verdankt es dem Umstand,
dass es als Beweismittel gegen den Angeklagten diente,
der am 14. August 1615 in → Maria Saal/Gospa Sveta
verhaftet und am 15. Oktober 1615 verurteilt und ein-
gesperrt wurde. Auf das Briefdokument stieß die His-
torikerin Irmtraud Koller-Neumann, veröffentlicht
wurde es von Alfred Ogris, der in dem Brief aus dem
Jahr 1615 auch die älteste bisher bekannte schriftli-
che Nennung für Klagenfurt/Celovec in slowenischer
Sprache konstatiert. Im Hinblick auf die sprachlichen
Besonderheiten meint Pavel Zdovc, der Briefschrei-
ber habe sich an Primož → Trubar geschult. Bevor
sich P.s Spuren verlieren, hielt er sich in → Maria Gail/
Marija na Zilji und → Villach/Beljak auf, zuletzt fin-
den wir ihn vom 17. Juni 1622 bis zum Jahr 1626 als
Pfarrer von Egg/Brdo bei → Hermagor/Šmohor. Die
Pfarrgemeinde konnte sich mit dem neuen Geistlichen
nicht anfreunden, sie warf ihm 1623 unter anderem
vor, dass seine slowenischen Predigten »so dunkler
außsprach« seien »das … ihn under hundert nit einer
verstehen kan«.
Lit.: OVSBL. – [Zu J. A. Napokoj :] J. Loserth : Akten und Korre-
spondenzen zur Geschichte der Gegenreformation, Wien 1907, 998 ; L.
Boyer : Schulordnungen, Instruktionen und Bestallungen, 3, Wien 2008,
182 ; A. Ogris : Matthias Perdon – ein Lebensbild aus der Zeit der Ge-
genreformation, zugleich ein Beitrag zu zwei Kärntner Ortsnamen. In :
Car I 174 (1984), 303-347 ; P. Zdovc : Nekaj jezikovnih pripomb k pre-
pisu P.ovega pisma iz leta 1615. In : Koroško mladje 59 (1985), 81–85 ;
T. Domej : Die Slowenen in Kärnten und ihre Sprache mit besonderer
Berücksichtigung des Zeitalters von 1740 bis 1848, (phil. Diss.). Wien
1986, 145–146, 552 ; V. Inzko : Doslej najstarejša navedba krajevnega
imena Celovec. In : CZ 4/10 (1986), 78 ; V. Inzko : … pe meniheh v Ze-
louzi. In : KMD 1989, 63 ; A. Kreuzer : Kärnten. Biographische Skizzen.
16.–20. Jahrhundert. Klagenfurt 1998, 43.
Peter Kersche
Pečnik, Dr. Karel, siehe Ergänzung S. 1043.
Perger/Pergerl, Bernhard/Bernard (Humanist und
Sprachwissenschafter), →
Wien.
Perkonig, Josef Friedrich (* 3. August 1890 Fer-
lach/Borovlje, † 8. Februar 1959 Klagenfurt/Celovec), Kärntner deutschsprachiger Erzähler, Berichterstatter,
Propagandist, Politiker, Lehrer.
P. wurde als Sohn eines slowenischen Büchsenma-
chers und einer deutschen Mutter in → Ferlach/Bo-
rovlje geboren. Am Ersten Weltkrieg beteiligte er sich
nicht als Soldat, da er wegen Kurzsichtigkeit und eines
Herzfehlers ausgemustert worden war. Dennoch war
er von der Zeit der Kämpfe um Kärnten (1918–1920)
stark gezeichnet (z. B. Mensch wie du und ich [1932],
Kampf um Kärnten 1918–1920 [1930]) (→ Grenzfrage
1918–1920). Diese Ereignisse dienten auch seinem Ro-
man Patrioten (1950), in dem er im Unterschied zu sei-
nen frühen Werken eine ausgeglichenere Darstellung
der Beziehungen zwischen Slowenen- und Deutsch-
tum in Kärnten/Koroška anstrebte, als Material.
Bis zum Zweiten Weltkrieg war P. auf der Seite Ös-
terreichs und engagierte sich für ein einheitliches und
ungeteiltes Kärnten/Koroška. Auf eine Einladung von
Hans Steinacher hin wurde er 1919 Mitarbeiter
im Organ der Agitation im Kärntner Abwehrkampf
(→ Volksabstimmungspropaganda). Von 1930 bis
1938 war er Vorsitzender des Heimatbundes, wo er von
1928–1938 die Zeitung Kärnten. Landschaft, Volk und
Kultur redigierte, und Mitglied der NSDAP ; er setzte
sich für den Anschluss Österreichs an Deutschland
ein. P. schrieb Heimatliteratur (Kärnten, ein Heimat-
buch [1925], Kärnten, deutscher Süden [1935], Kärnten,
Heimatland, Ahnenland [1943], Klagenfurt, die Stadt am
Wörthersee [1959]) und thematisierte das bäuerliche Le-
ben (Liebe, Leid und Tod [1924]), die Geschichte des
Grenzlandes, sowie die Beziehungen zwischen beiden
ethnischen Gruppen (→ Deutschnationale Vereine).
Zunächst einseitig orientiert (wozu auch die Ent-
wicklungsbestrebungen der österreichischen Bourgeoi-
sie, die zunehmende Ausweitung der großdeutschen
Idee, die Schulpolitik, eine schwache Förderung und
schlechte Organisation auf slowenischer Seite beigetra-
gen haben), änderte er ab dem Ende der 1940er-Jahre
in seiner reifen schriftstellerischen Phase sein Verhält-
nis zum Slowenentum in Kärnten/Koroška in mehre-
rer Hinsicht und ging folglich anders an die nationale
Frage heran. Dies wird u. a. in seiner Autobiografie Im
Morgenlicht (1948) bestätigt, wo er festhält, dass er sich
auch aufgrund seiner eigenen Verirrung von der slowe-
nischen Seele seiner Heimat entfernt und in seinem Le-
ben etwas verpasst habe. In Austria, Zeitschrift für Kul-
tur und Geistesleben II erschien sein Essay Ein ragendes
Beispiel österreichischer Toleranz. Vom Leben und Weben
eines stillen Volkstums in Kärnten (1947), bekannt unter
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 2 : J – Pl
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 502
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur