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Peterman, Jožef
sium besuchte er in Klagenfurt/Celovec und studierte
Medizin in Wien, wo er 1911 promovierte. Als Arzt
arbeitete er in den Landeskrankenhäusern in Klagen-
furt/Celovec und → Völkermarkt/Velikovec. Nach
dem Ende des Ersten Weltkriegs wurde er Mitglied
des →
Narodni svet za Koroško [Volksrat für Kärnten]
(1918–1920). Nach der → Volksabstimmung war er
einer der angesehensten und führenden slowenischen
Politiker liberaler Ausrichtung in Kärnten/Koroška.
Von 1921 bis April 1941 war P. Herausgeber der Zei-
tung → Koroški Slovenec. Er war →
Abgeordneter im
Kärntner Landtag (1923–1934) und ab 1923 mit Un-
terbrechungen bis 1934 Vorsitzender des → Politično in
gospodarsko društvo za Slovence na Koroškem [Politischer
und wirtschaftlicher Verein für Slowenen in Kärnten],
Vorsitzender des → Slovensko šolsko društvo [Sloweni-
scher Schulverein] und leitend tätig in der Zadružna
zveza [Slowenischer Genossenschaftsverband]
(→ Genossenschaftswesen). Als Vertreter der Kärntner
Slowenen am →
Europäischen Nationalitätenkongress
(ENK) nahm er 1928–1938 an dessen Tagungen in
Genf, Bern, Stockholm, Prag und Wien teil. Zusam-
men mit dem Landtagsabgeordneten Ivan → Starc
war er 1925–1930 Vertreter der Kärntner Slowenen bei
den erfolglosen Verhandlungen über deren → Kultur-
autonomie. An den Völkerbund adressierte er ein Me-
morandum wegen der Diskriminierung der Kärntner
Slowenen : wegen der Verhinderung der Wiedererrich-
tung der slowenischen Privatschulen in St. Ruprecht
bei Völkermarkt/Šentrupert pri Velikovcu (→ Narodna
šola) und in Sankt Jakob im Rosental/Šentjakob v Rožu
1922 sowie wegen der Umstände der Volkszählung
1934 (→ Sprachenzählung). Zur Zeit des Ständestaa-
tes in Österreich (1934–1938) enthielt er sich der poli-
tischen Tätigkeit, doch blieb er weiterhin Herausgeber
einer slowenischen Zeitung. Nach dem → »Anschluss«
im März 1938 setzte er sich bei den neuen Machtha-
bern für die Anerkennung der slowenischen → »Min-
derheit« aufgrund ihrer staatsbürgerlichen Loyalität ein.
In diesem Sinne unterschieb er mit Jožko → Tischler
einen Aufruf an die Kärntner Slowenen, diese sollten
am 10. April 1938 für eine Anerkennung des Anschlus-
ses als »unveränderbare Tatsache« stimmen. Anlässlich
des Angriffs Nazi-Deutschlands auf → Jugoslawien
(6. April 1941) wurde er festgenommen und es wurde
ihm verboten, seine ärztliche Tätigkeit auszuüben. Bis
zum Ende des Krieges wurde er in Sankt Veit an der
Glan (Šentvid ob Glini) als Hilsfsarzt der Kranken-
kasse konfiniert. Bereits 1942 nahm er Kontakte zur OF auf [Befreiungsfront] und wurde am 16. Mai 1945
der Präsident des Pokrajinski narodnoosvobodilni odbor
za Slovensko Koroško (PNOO) [Regionaler Volksbefrei-
ungsausschuss für Slowenisch-Kärnten], bald darauf
der Präsident der OF für Slowenisch-Kärnten (Slo-
venska Koroška) und ab 17. Juni 1949 der Vorsitzende
der Demokratična fronta delovnega ljudstva (DFDL)
[Demokratische Front des werktätigen Volkes], die vor
allem ideologisch linke Angehörige der Kärntner Slo-
wenen vereinte. Am 27. Juni 1945 übergab er den bri-
tischen Besatzern und der Kärntner Landesregierung
ein Memorandum mit den Forderungen der Kärntner
Slowenen. Bis zur Entscheidung der Alliierten über
die Beibehaltung der Grenzen Österreichs am 19. Juni
1949 unterzeichnete er alle Forderungen der bis dahin
noch einheitlichen slowenischen politischen Organisa-
tion hinsichtlich der Achtung des Rechtes der Kärntner
Slowenen auf eine Vereinigung mit den Slowenen in
Jugoslawien, danach die Forderungen beider politischer
Organisationen hinsichtlich der Gleichberechtigung
der Minderheit. Im März 1955 war er unter den Grün-
dungsvätern der Zveza slovenskih organizacij (ZSO)
[Zentralverband slowenischer Organisationen]. Er war
Herausgeber, Eigentümer und Verleger der sloweni-
schen Wochenzeitung Slovenski vestnik, Gründungs-
mitglied des Verlagshauses Drava sowie Vorsitzender
des Slovensko šolsko društvo [Slowenischer Schulverein].
Er erwarb sich große Verdienste um die Erneuerung
der slowenischen → Kulturvereine und Wirtschaftsor-
ganisationen und trotzte dem Widerstand der alliierten
Mächte und den Drohungen der Nazis und Deutsch-
nationalen, die wieder in Erscheinung traten. Nach
dem Zweiten Weltkrieg wirkte er bis zu seinem Tod als
Arzt in Völkermarkt/Velikovec. P. war angesicht seines
Wirkens und seiner Erfolge einer der bedeutendsten
Kärntner Slowenen in Österreich im 20. Jh. und seine
Memoiren liefern einen ausgezeichneten Einblick in
die Situation in der Zwischenkriegszeit.
Werke : Iz mojih spominov. (Hg. J. Pleterski) Ljubljana-Borovlje,
1979.
Lit.: EJ ; ES ; OVSBL. – S. Karner, V. Sima, J. Stergar : Wer ist wer ?
Slowenen in Kärnten – Deutschkärntner in Slowenien. In : S. Karner, A.
Moritsch (Hg.) : Aussiedlung – Verschleppung – nationaler Kampf.
Klagenfurt/Celovec [e. a.] 2005, 311.
Danijel Grafenauer ; Üb.: Bojan-Ilija Schnabl
Peterman, Jožef (* 12. Juli 1844 in Emmersdorf/
Tmara vas [Rosegg/Rožek], † 8. April 1924 Maria
Wörth/Otok), slowenischer Priester, Verfasser von hu-
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 2 : J – Pl
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 2 : J – Pl
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 502
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur