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Remšnik-Dialekt
mangelnden Schulwesens in slowenischer Sprache für
die erdrückende Mehrheit der Slowenen von entschei-
dender Bedeutung, weil die slowenische Liturgie den
KirchgängernInnen objektiv und subjektiv das Gefühl
gab, Slowenisch auf einem relativ hohen Niveau zu be-
herrschen. Durch die Wiederholungen und das Wie-
dererkennen der Texte war dies auch objektiv der Fall.
Man beachte die frühen zukunftsweisenden Anstren-
gungen des Bischofs A. M. → Slomšek, einsprachige,
slowenische → Schulbücher zumindest für den Religi-
onsunterricht zur Verfügung zu stellen.
Diese strukturelle Bedeutung der slowenischen Li-
turgiesprache auch im → Kirchenlied für die Stärkung
der Relevanz der Sprache und ihren Erhalt führte zu
immer wiederkehrenden politischen Interventionen ge-
gen den Gebrauch des Slowenischen in der Kirche bzw.
in einer zweiten Phase zu dessen Aushöhlung durch
die Zweisprachigkeit (→ Zweisprachigkeitsideologie).
Bei zweisprachigen Messen ist das Slowenische nicht
mehr wesentlich zum Verständnis der Botschaft, die
KirchgängerInnen können gleichsam zwischenzeitlich
»abschalten« und verlernen schließlich noch das Slowe-
nisch, das sie bereits können, weil die Sprache an sich
redundant (empfunden) wird. Vielfach wird neuerdings
in diesen offiziell »zweisprachigen« Messen derart we-
nig Slowenisch gebraucht, dass damit bei Weitem nicht
das gesamte sprachliche Spektrum abgedeckt wird, das
einen Mehrwert darstellen würde und einem Gebrauch
im Alltag förderlich wäre.
Relevanz im → Schulwesen. Ein weiterer Ort, wo
die Relevanz einer Sprache in Erscheinung tritt, ist der
Schulunterricht bzw. die pädagogische Ausrichtung des
im Kärntner Kontext doppelsprachigen Unterrichts,
wobei bei verschiedenen Altersstufen dieses Phänomen
durchaus unterschiedlich ausgeprägt ist. Das lange Zeit
angewendete utraquistische Modell zielte darauf ab,
die Relevanz des Slowenischen dadurch zu minimie-
ren, dass jene, die das Slowenische als → Mutterspra-
che hatten, befähigt wurden, sich zuerst alternativ auch
im Deutschen auszudrücken. Dies führte sie schließ-
lich aufgrund des strukturell größeren Angebots bzw.
der restriktiven wirtschaftlichen und rechtlichen Gege-
benheiten und der medialen Propaganda rasch zu einer
neuen subjektiven Wertung der Relevanz der beiden
→
Landessprachen und trug schließlich zur Assimila-
tion bei (ideologisch begründet war dies in der deutsch-
nationalen → Windischentheorie).
Die →
Immersion bietet eine attraktive und nach-
haltige Lernmethode beim (Fremd-)Sprachunterricht, weil damit die funktionale Relevanz einer Sprache
erhöht wird. Von wesentlicher Bedeutung ist, dass der
Unterricht nach dem Prinzip »one teaching person,
one language« stattfindet. Damit wird insbesondere
das Vermeiden von Informationsaufnahme und die
Selbsttäuschung, man habe den Stoff gelernt, hintan-
gehalten. In neuerer Zeit stellt daher das Phänomen
der Relevanz bzw. Redundanz der Sprache eine der
zentralen Herausforderungen an den zweisprachigen
Unterricht dar, wobei die materiellen Resultate des
Schulwesens in Bezug auf das Sprachniveau bzw. die
Sprachkompetenz der Absolventen von Grundschu-
len und Gymnasien im Slowenischen trotz steigender
Anmeldezahlen zum zweisprachigen Unterricht darauf
hindeuten, dass dieses Phänomen nicht in gebührender
Weise bei der Erstellung der pädagogischen Konzepte
und deren Umsetzung berücksichtigt wurde.
Lit.: T. Veiter : Das Recht der Volksgruppen und Sprachminderheiten
in Österreich. Wien 1970 ; H. Haas, K. Stuhlpfarrer : Österreich und
seine Slowenen. Wien 1977 ; G. Fischer : Das Slowenische in Kärnten,
Bedingungen der sprachlichen Sozialisation. Eine Studie zur Sprachen-
politik. Wien, Sprache und Herrschaft, Zeitschrift für eine Sprach-
wissenschaft als Gesellschaftswissenschaft, Reihe Monographien
Nr. 1/1980 ; Comité européen pour la défense des réfugiés et im-
migrés (CEDRI) (Hg.) : Gemeinsam oder getrennt ? Die Situation der
slowenischen Minderheit in Kärnten am Beispiel der Schulfrage. Be-
richt einer internationalen Beobachterkommission 1985, Basel 1985 ; G.
Hüther : Die Auswirkung traumatischer Erfahrungen im Kindesalter auf
die Hirnentwicklung (S. 25–38). In : L. Koch-Kneidl, J. Wiesse (Hg.) :
Entwicklung nach früher Traumatisierung, Göttingen 2003, 120 S.; T.
Feinig : Slovenščina v šoli, zgodovina pouka slovenščine na Koroškem/
Slowenisch in der Schule. Die Geschichte des Slowenischunterrichts in
Kärnten. Celovec/Klagenfurt 2008 ; V. Wakounig : Der heimliche Lehr-
plan der Minderheitenbildung. Die zweisprachige Schule in Kärnten.
Klagenfurt/Celovec 2008 ; B.-I. Schnabl : Asimilacija [med Koroškimi
Slovenci] in sindrom posttravmatskega stresa. In : KK 2011. Celovec
2010, 117–130 ; Š. Vavti : Včasih ti zmanjka besed ; Etnične identifikacije
pri mladih Slovenkah in Slovencih na dvojezičnem avstrijskem Koroškem.
Klagenfurt/Celovec 2012.
Bojan-Ilija Schnabl
Remšnik-Dialekt, auch Remschnigg-Dialekt, slow. se-
vernopohorsko-remšniško narečje. Der R.-D. zählt zu den
Kärntner slowenischen Dialekten, die mit dem Resia-
nischen Dialekt (rezijansko narečje) zu den nördlichen
slowenischen Dialekten gehören (→ Dialektgruppe,
→ Slowenisch in Kärnten/Koroška). Geografisch-his-
torisch kann er der Dravska dolina (Drautal) zugeord-
net werden, zwischen Mlake und Pernice im Westen
und Fala im (steirischen) Osten bzw. im Norden an den
südlichen Hängen des Kozjak (Kosiak) und südlich der
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 3 : PO - Ž
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 566
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602