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Schulwesen unter jugoslawischer Verwaltung in der Zone A in den Jahren 1919–1920
sein in den österreichischen Ländern Kärnten, Krain, Steiermark
und Küstenland 1740 bis 1918 (= Unbegrenzte Geschichte – Zgo-
dovina brez meja, 9. Bd.). Klagenfurt/Celovec [e. a.] 2002, 103–165 ;
T. Feinig : Slovenščina v šoli, zgodovina pouka slovenščine na Koroškem
– Slowenisch in der Schule. Die Geschichte des Slowenischunterrichts in
Kärnten. Klagenfurt/Celovec 2008 ; W. Wolf, S. Sandrieser, K. Vuk-
man-Artner, T. Domej (Hg.) : Natürlich zweisprachig. Graz 2013.
Theodor Domej
Schulwesen unter jugoslawischer Verwaltung in
der Zone A in den Jahren 1919–1920. Nach dem
Zerfall der österreichisch-ungarischen Monarchie und
bereits während des Entstehungsprozesses des neuen
Staatswesens der südslawischen Völker, zunächst des
Staates der Slowenen, Kroaten und Serben (Država
Slovencev, Hrvatov in Srbov) am 29. Oktober 1918 und
danach des Königreichs der Serben, Kroaten und Slo-
wenen (Kraljevina Srbov, Hrvatov in Slovencev) am 1.
Dezember 1918 (→ Jugoslawien) kam es zu tief grei-
fenden gesellschaftlichen Umwälzungen insbesondere
auch im Schulwesen.
Während Österreich ein ausgebautes und funkti-
onierendes Schulwesen hatte, das der Mehrheit der
Bürger eine muttersprachliche Ausbildung von der
Volksschule bis zur Universität gewährleistete, musste
der neue jugoslawische Staat (die Nationalregierung
in → Ljubljana [Narodna bzw. Deželna vlada]) dies
für seine Bürger großteils erst organisieren. Es wurde
eine dafür zuständige Stelle für Unterricht und Kultus
(Poverjeništvo za uk in bogočastje) bei der Volksregierung
eingerichtet, die jedoch vor großen Problemen stand, da
das Slowenische bis dahin nur in einem Teil der Volks-
und Bürgerschulen (den späteren Hauptschulen) und
auch nur in einem Teil des slowenischen ethnischen
Territoriums Unterrichtssprache war (→ Bildungs-
sprache). In den Mittelschulen war das Slowenische
unterschiedlich stark vertreten. Rein slowenisch war le-
diglich ein privates Gymnasium (das fürstbischöfliche
private Gymnasium in Št. Vid ob Ljubljana). Die neue
slowenische Universität war ihrerseits erst im Entste-
hen begriffen. Die beauftragte Stelle erweiterte ihre
Zuständigkeit auch auf Gebiete, die bis dahin in die
Kompetenz des Landesschulrates für Kärnten/Koroška
fielen. Die tatsächliche Zuständigkeit war jedoch ab-
hängig von der politischen bzw. militärischen Kon-
trolle der Volksregierung. Bereits im November 1918
wurde in Ljubljana der Oberste Schulrat (Višji šolski
svet) eingerichtet, der am 1. Jänner 1919 die Kompe-
tenzen der ehemaligen Landesschulräte übernahm.
Bald darauf wurde Franz → Aichholzer zum pro- visorischen Bezirksschulinspektor für die Schulen der
Bezirkshauptmannschaft → Villach/Beljak und des
Gerichtsbezirkes → Hermagor/Šmohor ernannt, Ru-
dolf →
Mencin seinerseits zum Bezirksschulinspektor
der Bezirkshauptmannschaft → Klagenfurt/Celovec,
die in den Zuständigkeitsbereich der Volksregierung
in Ljubljana mit provisorischem Sitz in → Ferlach/
Borovlje fielen. Diesen folgte Pavel → Košir, der Be-
zirksschulinspektor für die Schulen der Bezirkshaupt-
mannschaft → Völkermarkt/Velikovec wurde. Nach der
Einrichtung einer Bezirkshauptmannschaft in Ferlach/
Borovlje und weil Aichholzer keine faktischen Zu-
ständigkeiten aufgrund der militärischen Verhältnisse
im Bereich der Bezirkshauptmannschaft Villach/Bel-
jak und des Gerichtsbezirks Hermagor/Šmohor hatte,
wurde dieser im Dezember 1918 Bezirksschulinspek-
tor der Bezirkshauptmannschaft Ferlach/Borovlje. So
wurde die Schulaufsichtsbehörde von einheimischen
kärntnerslowenischen Lehrern geleitet.
Die Volksregierung in Ljubljana griff ab November
1918 mit Verordnungen, Erlässen und Ausführungsbe-
stimmungen stark in die sprachlichen Verhältnisse im
Schulwesen unter ihrer Verwaltung ein. Das Sloweni-
sche wurde alleinige Unterrichtssprache in allen Volks-
und Bürgerschulen, während die übrigen Volksgruppen
bei ausreichender Anzahl grundsätzlich Minderheiten-
schulen hatten. In den bis dahin »deutschen« Schulen
mussten slowenische Grundklassen eingerichtet wer-
den, während Parallelklassen mit Deutsch als Unter-
richtssprache und Slowenisch als Pflichtfach nur dann
eingerichtet wurden, wenn dafür mindestens 40 Kinder
aus der »echten deutschen Volksgruppe« angemeldet
wurden. Damit folgten die Behörden weitestgehend
der Wirkungsweise der Schulräte in der österreichisch-
ungarischen Monarchie. Der wichtigste Grund für
solche Maßnahmen war die bis dahin gesellschaftlich
untergeordnete Stellung der slowenischen Bevölke-
rung und die → Germanisierung, die auf dem slowe-
nischen ethnischen Gebiet unterschiedlich stark fort-
geschritten war. Im Jänner 1919 wurde per Erlass das
Deutsche als Pflichtfach an Volks- und Bürgerschulen
abgeschafft und zum Wahlfach an vier- und mehrklas-
sigen Volks- und Bürgerschulen gemacht, wenn sich
dafür mehr als 15 Schüler anmeldeten. Der Deutsch-
unterricht begann im dritten Schuljahr, die Stunden
wurden nach dem Ende des Pflichtunterrichts abgehal-
ten. Mit diesem Erlass der Volksregierung kehrte sich
die Situation des Slowenischen und des Deutschen im
Vergleich zur Situation in der Habsburgermonarchie
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 3 : PO - Ž
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 566
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602