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Schulwesen unter jugoslawischer Verwaltung in der Zone A in den Jahren 1919–1920
im Wesentlichen um. Die Bezirksschulräte, die nun-
mehr die Unterrichtssprache bestimmten, setzten den
Grundsatz der →
Muttersprache als Unterrichtsspra-
che um und verschärften dies, indem sie überprüften,
ob die zum Deutschunterricht angemeldeten Schüler
der »echten deutschen Volksgruppe« angehörten. Der
Oberste Schulrat beschloss bereits Ende Februar 1919
für die slowenischen Schulen in Kärnten/Koroška, dass
»bis zur endgültigen Regelung des Lehrplans die Be-
stimmungen des alten Lehrplans gelten, nur dass die
Bestimmungen über das Deutsche für das Sloweni-
sche angewendet werden«. Hinsichtlich des ethnischen
Charakters der Bevölkerung, den die Bestimmung
umfasste, bedeutete dies eine »Normalisierung« der
Verhältnisse im Schulwesen. Dabei verschwand das
Deutsche nicht aus den Kärntner Schulen und war in
der Mehrzahl der Schulen ein Pflichtfach. Unter der
jugoslawischen Verwaltung in der → Abstimmungs-
zone A gab es 82 Volksschulen und 3 Bürgerschulen.
Darin waren 12.841 Kinder eingeschult. Im Schulbe-
zirkssprengel Ferlach/Borovlje waren es 5.195 Kinder
und im Schulbezirkssprengel Völkermarkt/Velikovec
7.646 Kinder. Darin unterrichteten 146 Lehrer und 107
Lehrerinnen. Wegen der faktischen Bedürfnisse kamen
ab dem Umbruch Lehrer aus dem gesamten sloweni-
schen ethnischen Territorium, besonders viele aus dem
Küstenland/Primorje.
Zu bedeutenderen Veränderungen im Schulwesen
in Kärnten/Koroška kam es nach der Offensive der
jugoslawischen Einheiten im Juni 1919. Der Oberste
Schulrat in Ljubljana plante nach der militärischen
Besetzung von Klagenfurt/Celovec die Verwaltung des
Gymnasiums zu übernehmen. Wegen des Fortgangs
der Ereignisse war dies nicht möglich. Es zeigte sich je-
doch die Notwendigkeit, in der Volksabstimmungszone
A ein Gymnasium und eine Lehrerbildungsanstalt ein-
zurichten. Es bestand nämlich die Gefahr, dass den slo-
wenischen Schülern die Aufnahme in die Gymnasien
in Klagenfurt/Celovec, Villach/Beljak und St. Paul/
Šentpavel sowie in die Klagenfurter Lehrerbildungsan-
stalt verwehrt werden würde. Der Initiator der Grün-
dung war Dr. France → Kotnik, Slowenischprofessor
in Klagenfurt/Celovec. Mit Eingaben beim Obersten
Schulrat in Ljubljana im Juni und im Juli 1919 un-
terstrich er den Bedarf an derartigen Einrichtungen.
Seine Bemühungen unterstützte der →
Narodni svet za
Koroško [Volksrat für Kärnten] in Völkermarkt/Veliko-
vec. Die obgenannte Stelle für Unterricht und Kultus
bestimmte, mit 5. August 1919 in Völkermarkt/Ve- likovec provisorisch eine erste Klasse des staatlichen
Gymnasiums und einen ersten Jahrgang der Lehrerbil-
dungsanstalt einzurichten. Später zeigte sich der Bedarf,
eine zweite derartige Klasse am Gymnasium einzurich-
ten. Aufgrund der Bestrebungen von zahlreichen Slo-
wenen wurden beiden Einrichtungen Räumlichkeiten
in der Bürgerschule zugewiesen. Eingerichtet wurde
eine Schulküche für die Schüler aller drei Einrichtun-
gen, einschließlich der Bürgerschule, sowie ein Schü-
lerheim in den Räumlichkeiten des identitätsbewussten
slowenischen Arztes Dr. Hudelist aus St. Lorenzen/
Šentlovrenc pri Šentpetru na Vašinjah, der in Graz pro-
moviert hatte. Aufgrund des Bedarfs wurde auch das
Mädcheninternat der slowenischen → Schulschwestern
in der → Narodna šola [National- bzw. Volksschule] in
Sankt Ruprecht bei Völkermarkt/Šentrupert pri Veli-
kovcu erweitert. In beiden Einrichtungen konnte man
die Beiträge in Naturalien bezahlen. Schulgeld bezahl-
ten nur wenige Schüler, was auf die soziale Herkunft
schließen lässt. Die Verwaltung und pädagogische Lei-
tung beider Einrichtungen waren vereint und standen
unter der Leitung von Dr. Kotnik. Den engeren Kreis
des Lehrerrates beider Einrichtungen bildeten einige
slowenische Professoren vom Gymnasium und von der
Lehrerbildungsanstalt in Klagenfurt/Celovec sowie des
Gymnasiums in Villach/Beljak, die gekündigt worden
waren. Amts- und Unterrichtssprache wurde das Slo-
wenische, das vier Stunden wöchentlich unterrichtet
wurde, während das Deutsche ein Pflichtfach mit drei
Stunden wöchentlich war. Der Lehrplan, die Schulbü-
cher und die Lehrinhalte waren den neuen Gegeben-
heiten angepasst. Bei Geschichte und Geografie wurde
nunmehr das Königreich SHS berücksichtigt, zum
Pflichtfach Deutsch kam noch Serbokroatisch hinzu.
Zu Schwierigkeiten kam es aufgrund des Mangels an
Schulbüchern und Lehrbehelfen. Im ersten Jahrgang
des Gymnasiums gab es 36 Schüler, im zweiten 13.
Den ersten Jahrgang der Lehrerbildungsanstalt be-
suchten 23 Studenten. Diese kamen mehrheitlich aus
dem → Jauntal/Podjuna, weniger aus dem → Rosental/
Rož und dem →
Gailtal/Zilja und den übrigen Teilen
des slowenischen ethnischen Territoriums → Südkärn-
tens/Južna Koroška. Aus einigen → Quellen geht her-
vor, dass in diesem Schuljahr 29 Kärntner-slowenische
Schüler das Gymnasium in Kranj in Slowenien/Jugos-
lawien besuchten und über 40 in Klagenfurt/Celovec.
Das Schuljahr dauerte in beiden Einrichtungen vom 1.
Oktober 1919 bis zum 28. Juni 1920. Die Lehrer stell-
ten eine mangelnde Sprachkenntnis des Slowenischen
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 3 : PO - Ž
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 566
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602