Page - 1237 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Volume 3 : PO - Ž
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Slomšek, Anton Martin
Tri pridige o jeziku mark/Štajerska. Die territoriale Neuorganisation des
Bistums und die Verlegung des Bischofssitzes nach
Maribor waren ein außerordentlicher kirchenrechtli-
cher, organisatorisch-politischer und diplomatischer
Erfolg, der von 1853 bis 1859 vorbereitet wurde und
das Resultat der aktiven Vermittlerrolle von S. zwischen
dem kaiserlichen Hof in Wien, dem Papst und den ört-
lichen Bischöfen war. S. forderte eine territoriale Neu-
organisation nach den ethnischen Grenzen, die lokalen
Bischöfe stimmten jedoch nur einer Kreiseinteilung zu.
So wurden dem Bistum Lavant/Lavantinska škofija le-
diglich die → Seckauer Pfarren des Mariborer Kreises
zugesprochen und keine der 12 slowenischen Pfarren
des Grazer Kreises, die S. eingefordert hatte. Diese
wurden in der Folge zwangsgermanisiert.
Anlässlich der Märzrevolution 1848 forderte er von
den Priestern, sich jeglicher politischer Agitation für
die Erhaltung der alten Ordnung zu enthalten und sich
nicht gegen die berechtigten Wünsche des Volkes nach
Veränderung zu stellen. Vom Volk hingegen forderte er
die strikte Achtung der Rechtsstaatlichkeit und Geduld
dafür, dass sich die gerechten Forderungen schrittweise
auf legale Weise verwirklichen würden. Bekannt ist sein
diesbezüglicher Hirtenbrief Svetla resnica v zmešani
svet [Leuchtende Wahrheit in der verrückten Welt]
aus dem Jahr 1848. In diesem Jahr wurde er von Mi-
nister → Thun mit der Reform des österreichischen
Schulwesens im slowenischsprachigen Gebiet betraut,
u. a. mit der Einführung der einheitlichen slowenischen
→
Schrift (→ Reichsgesetzblatt). S. verfasst zu diesem
Zwecke die Grundsätze, wie die Schulbücher gestal-
tet werden sollten, und schrieb selbst mehrere slowe-
nische Schulbücher. In diesem Zusammenhang war er
in engem Kontakt mit dem Reichstagsabgeordneten
und Inhaber des 1849 neu gegründeten Lehrstuhls für
Slawistik, dem Slowenen Fran(z) → Miklosich, mit
dem er korrespondierte und dessen Bücher er regelmä-
ßig bestellte. S. entschied sich für die gajica (→ Schrift)
und führte sie in den Schulbüchern ein, obwohl sich ihr
in → Krain/Kranjska viele widersetzten. Er war auch
von der Notwendigkeit überzeugt, einsprachige slowe-
nische Lehrbücher insbesondere für den Religionsun-
terricht zu erstellen, um den Religionsunterricht nicht
für eine zwangsweise Verbreitung des Deutschen und
der Unterdrückung des Slowenischen missbrauchen zu
können (→ Schulwesen [dort Utraquismus]), → Rele-
vanz und Redundanz von Sprache, → Zweisprachig-
keit, →
Zweisprachigkeits-Ideologie). Er setzte auch
mehrere Initiativen zu Fragen der Schulorganisation, so forderte er u. a. von der Regierung, die Lehrer angemes-
sen zu entlohnen. Seine Initiative aus dem Jahr 1857,
wonach es in Landschulen Schulschwestern und ande-
ren befähigten weiblichen Personen ermöglicht werden
sollte, neben Mädchen auch Buben zu unterrichten,
hatte keinen Erfolg. 1859 gründete er in Maribor ein
Priesterseminar, womit er zum Begründer des Hoch-
schulwesens in der slowenischen Steiermark/Štajerska
wurde.
Auch während seiner Amtszeit als Bischof schrieb
er slowenische Bücher. Neben Schulbüchern (u. a. Ve-
liko berilo in pogovorilo [Großes Lese- und Konversa-
tionsbuch], 1853) schrieb er über mehrere Jahr hinweg
sein Werk Apostolska hrana [Apostolische Nahrung]
(I, 1849), Ansprachen mit Erklärungen zu Abschnit-
ten apostolischer Werke, in denen auch verschiedene
moralische und theologische Fragen umgesetzt wurden.
Mit Mitarbeitern bereitete er ein Werk über Heiligen-
viten bzw. das Wirken der Heiligen vor (Djanje svet-
nikov božjih I–II. Graz 1853, 1854). Für den Gesang
bestimmt war sein Liederbuch für Schulen Šola vesela
lepega petja za pridno šol. mladino [Fröhliche Schule des
schönen Singens für die brave Schuljugend] (Klagen-
furt/Celovec 1853, eines der ersten gedruckten Bücher
der Mohorjeva).
Die letzten drei Jahre in Maribor waren wegen des
deutschnationalen Drucks und der Anfeindungen für
ihn am schwierigsten. S. Bemühungen um ein sloweni-
sches Schulwesen und um die slowenische Sprache wa-
ren Auslöser heftiger Angriffe seitens der Vertreter des
Deutschliberalismus in der Verfassungsperiode nach
1859. Trotzdem vertrat der Bischof von Maribor unbe-
irrt den Grundsatz der Gleichberechtigung der Völker
und der christlichen Gerechtigkeit. Er tadelte die nati-
onalistische Verherrlichung des eigenen Volkes, wenn
damit gleichzeitig das Naturrecht des Nachbarvolkes
missachtet wird, als Form der heidnischen Abwendung
von der christlichen Kultur. Er tadelte auch die sog.
→ Deutschtümler (slow. nemškutar), Slowenen also, die
wegen wirtschaftlichen und sozialen Nutzens ihre eth-
nische Herkunft und ihre Muttersprache zugunsten der
deutschen Kultur und Sprache verneinen. Sein Wirken
für die diskriminierten Slowenen in Österreich ist bis
heute Vorbildhaft für ein Wirken zugunsten des Er-
halts der ethnischen Individualität.
Wo auch immer S. war und wirkte, überall war sein
erstes Ziel neben der christlichen Erneuerung die Mo-
ral, womit er ganzheitlich die nationale Wiedergeburt
der Slowenen mit seinem sprachlich-pädagogischen
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 3 : PO - Ž
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 566
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602