Page - 1243 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Volume 3 : PO - Ž
Image of the Page - 1243 -
Text of the Page - 1243 -
1243
Slovenica im Kärntner Landesarchiv
Aus der Frühzeit der slowenischen nationalen Bewe-
gung gibt es im Kärntner Landesarchiv einige bemer-
kenswerte Flugschriften (u. a. von Matija → Majar),
insbes. im Sammelarchiv des Geschichtsvereins. Lese-,
Bildungs- und →
Kulturvereine haben seit der Mitte
des 19. Jh.s entscheidend zum Erhalt der slowenischen
Sprache und Kultur in Kärnten/Koroška beigetragen.
Das KLA verwahrt die Gründungsakten fast aller dieser
Vereine, beginnend mit der slowenischen Klagenfurter
→ Slovanska čitalnica [Leseverein] von 1848 und der
→ Mohorjeva (Hermagoras-Bruderschaft) von 1851.
In den Archivbeständen »Landesregierung Präsidium«
und »Sicherheitsdirektion für Kärnten« sind ca. 250
Aktenkonvolute über slowenische Vereine aus Kärnten/
Koroška überliefert, die seit dem Vereinsgesetz von 1869
bis ins Jahr 2000 gegründet wurden (→ Vereinswesen).
Alle Vereinsakten wurden durch eine Datenbank ge-
nauestens erschlossen und sind frei benützbar.
Auch Grundherrschaften mit überwiegend slo-
wenischsprachigen Untertanen (Hollenburg/Hum-
perk, → Viktring/Vetrinj, → Bleiburg/Pliberk, Son-
egg/Ženek etc.) führten ihre schriftliche Verwaltung
ausschließlich in deutscher Sprache. Im mündlichen
Verkehr mit den Untertanen dürfte die slowenische
Sprache oft Verwendung gefunden haben. Nur ganz
vereinzelt finden sich jedoch in den Herrschaftsarchi-
ven der Feudalzeit auch slowenischsprachige Schrift-
dokumente (→ Adelssprache). Eine interessante
Quellengruppe sind dabei die mehrfach überlieferten
slowenischen Lehens-, Bürger- und Untertaneneide
(→ Eidesformeln). Sie bezeugen, dass die Verwaltung
in historischer Zeit bei besonderen Anlässen (Erbhul-
digung, Aufnahme in die Bürgerschaft etc.) sehr wohl
die unterschiedliche ethnische Herkunft der Unter-
tanen berücksichtigte. So ist z. B. auch von bamber-
gischen Erbhuldigungen überliefert, dass Untertanen
des Bischofs von Bamberg im Raum Griffen/Grebinj
bzw. im Unteren → Gailtal/Spodnja Ziljska dolina den
Huldigungseid zweisprachig ableisten mussten.
Kärnten/Koroška ist das erste Land, in dem Amts-
drucke, insbesondere große kaiserliche Patente, die sich
an eine breite Öffentlichkeit wandten (Jagdordnung,
Maße und Gewichte, Untertanenschutz, Marktord-
nung, Abschaffung von Feiertagen), ab 1749 verein-
zelt auch in slowenischer Sprache publiziert wurden
(→ Klagenfurter Marktordnung 1793, →
Übersetzun-
gen von Patenten und Kurrenden).
Die Verwendung des Slowenischen in Amtsdruck-
schriften steigt in der kurzen Phase der französischen Herrschaft über Oberkärnten/Zgornja Koroška deut-
lich an (→ Illyrische Provinzen). Das Gubernium
Ljubljana, ab 1814 auch Landesbehörde für Oberkärn-
ten/Zgornja Koroška, ab 1825 für ganz Kärnten/Koro-
ška, bringt seine Erlässe dann konsequent zweisprachig
heraus. Im KLA sind slowenischsprachige Rechts- und
Verwaltungstexte des 18. und 19. Jh.s in zahlreichen
Archivbeständen überliefert (→ Landesverfassung
1849, → Landesgesetzblatt, zweisprachiges).
Vereinzelte slowenische Eingaben finden sich ab
dem späten 19. Jh. im Schriftgut zahlreicher Kärntner
Behörden, insbesondere bei Gerichten. Ausschließlich
Slowenisch amtierten die 1919/20 in Kärnten/Koroška
eingerichteten SHS-Behörden (Okrajno glavarstvo Bo-
rovlje [Bezirkshauptmannschaft Ferlach] bzw. Veliko-
vec [Völkermarkt]). Diese Aktenbestände von Kärntner
Provenienz werden seit dem Archivalienaustausch mit
der Republik Slowenien (2001) im KLA verwahrt. Be-
sonders zahlreich sind slowenischsprachige Texte aus
der Zeit vor der → Volksabstimmung vom 10. Oktober
1920 überliefert. Auch die österreichische Propaganda
für das Plebiszit war von konsequenter → Zweispra-
chigkeit geprägt (→
Volksabstimmungspropaganda).
Auch wenn in Kärnten/Koroška im Früh- und Hoch-
mittelalter lateinische, ab dem Spätmittelalter deutsche
Texte vorherrschen, so ist die slowenische Sprache in
einer Vielzahl an Quellen trotzdem präsent. Schon in
den ältesten urkundlichen Überlieferungen im KLA
finden sich slawische Personen- und → Ortsnamen
neben solchen bairischer Herkunft (→ Personenamen,
karantanerslowenische).
Urbare und alte Grundbücher, Katasterpläne und
Parzellenprotokolle sind die wesentlichsten Quellen
zur Etymologie der Orts-, →
Flur-, Hof- und Fami-
liennamen, ganz gleich ob sie deutsch- oder slowe-
nischsprachige Wurzeln haben. Sie gelten zu Recht als
wesentliche Elemente des immateriellen Kulturerbes.
Forscher wie Bertrand Kotnik mit seiner vielbändi-
gen Zgodovina hiš južne Koroške [Geschichte der Häu-
ser → Südkärntens] oder auch die Ethnografin Maria
Makarovič mit ihren Ortsmonografien haben in
jahrelangen Recherchen die einschlägigen Quellenbe-
stände des KLA ausgewertet.
Zweisprachige amtliche → Ortsverzeichnisse
(→ Ortsrepertorien) reichen in Kärnten/Koroška weit
zurück. Aus dem Landgericht Bleiburg/Pliberk gibt es
sie schon um 1780. Bemerkenswert sind auch Johann
Jenulls Imena nemška in slovenska vesi, mest, trgov,
gor, vod, hribov … [Deutsche und slowenische Namen
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 3 : PO - Ž
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 566
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602