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Sprachenzählung
Slowenische Besiedlung und
ethnische Verhältnisse in
Kärnten, amtliche sloweni-
sche Sprachenzählung 1910
(NUK – Z 282.4-72)
verschiedener Sprachkonzepte (Mutter-, Familien-,
Umgangssprache) und mittels verschiedener Me-
thoden (Eigenzuordnung – »Bekenntnis«, amtliche
Einschätzung) durchgeführt. Kirchliche und private
Schätzungen machten den Anfang. Sie waren von
Beginn an von nationalistischen Interessen bestimmt
(z. B. Schuselka 1843 ; Österreichische National-En-
cyklopädie 1835). Der Aufbau einer amtlichen Statistik
im Habsburgerstaat (1829 Statistisches Büro ; 1840
Direktion der amtlichen Statistik) brachte ab 1846
erstmals eine offiziöse Sprachenstatistik aufgrund
mehrerer Erhebungsschritte sowie unter Zuziehung
lokaler und regionaler Behörden mit sich. Sie mün-
dete in → Czoernigs »Ethnographie« von 1857, die
v. a. am Verlauf der → Sprachgrenzen interessiert war
und sich um eine unverzerrte Darstellung der Sprach-
verhältnisse bemühte (→ Ortsrepertorium).
Inzwischen hatten die Internationalen Statistischen
Kongresse (abgehalten ab 1853 auf Anregung von A.
Quételet) sowie später das Internationale Statis-
tische Institut die Frage nach der Sprache zum Stan-
dard-Programm künftiger Volkszählungen gemacht.
Cisleithanien entzog sich dieser Verpflichtung vorerst
in seiner ersten »modernen« Volkszählung von 1869 –
»modern«, weil nun die »Wohnbevölkerung« gegenüber
der bisherigen »einheimischen Bevölkerung« erhoben wurde. Die politische Führung fürchtete die Spreng-
kraft der Frage.
Die Sprachenfrage wurde jedoch ab 1880 gestellt,
und zwar bis 1910 in der Formulierung → »Umgangs-
sprache«. Die amtlichen Statistiker bevorzugten die
Erhebung der »Familiensprache«, setzten sich jedoch
im Terminus nicht durch. Sie formulierten die »Be-
lehrung« für die Zähler entsprechend. 1880 lautete sie :
»Sprache, der sich die zu zählende Person im gewöhn-
lichen Umgang bedient.« Es durfte nur eine Sprache
sein. Im Erhebungsbogen gab es keine Vorgaben, denn
die Menschen sollten u. U. ihre lokale Variante eintra-
gen. In den Ländern der Stephanskrone, wozu das heu-
tige Burgenland gehörte, war sowohl Fragestellung als
auch Ablauf anders.
Die Befürchtungen trafen ein – die Volkszählungen
wurden immer stärker zu nationalen Referenden. Ins-
besondere in Wien und in Kärnten/Koroška sowie der
Untersteiermark/Spodnja Štajerska kam es zu Konflik-
ten. Die Absichten der beamteten Statistiker, die auf
eine halbwegs realitätsnahe Erhebung setzten, wurden
vor Ort völlig unterlaufen. In Kärnten/Koroška setzte
die deutschliberale Landesregierung die Frage zur sta-
tistischen → Germanisierung ein, wobei Druck durch
die Zählkommissare und vereinzelt auch gerichtliche
Verfahren angewandt wurden.
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 3 : PO - Ž
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 566
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602