Page - 1290 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Volume 3 : PO - Ž
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Standardsprache
»Diesem Umstande kann nur durch das rastlose Bestre-
ben eine allgemeine Bildung zu verbreiten, abgeholfen
werden, die Auflage der Gesetze im Volksdialekte aber
dürfte in allen Sprachen ein schwieriges und kaum er-
folgreiches Auskunftsmittel seyn« (nach Domej, 443).
Die Verfassungsbemühungen von 1848/49 sind
gleichzeitig von strukturellen sprachpolitischen und
institutionellen Forderungen gekennzeichnet. Franz
→ Miklosich erreicht 1849 die Gründung eines
Lehrstuhls für Slawistik an der Universität Wien und
seine Vergleichende Grammatik der slavischen Sprachen
(1852–1876) wird maßgeblich für alle späteren slo-
wenischen Grammatiken. Ebenso wird die im Zuge
der Redaktion des Reichsgesetzblattes 1853 erstellte
»deutsch-kroatische, serbische und slowenische Se-
paratausgabe« des terminologischen Wörterbuchs
die sprachnormative Grundlage für die von Minister
→ Thun-Hohenstein genehmigten → Schulbücher.
Bemerkenswert für die Mitte des 19. Jh.s ist, dass
Kärnten/Koroška weiterhin im gesamtslowenischen
Kontext aktiv an der Entwicklung der slowenischen S.
beteiligt war. Die Grammatik für den Sprachunterricht
von Anton →
Janežič aus 1854 erlebte in der Folge
zahlreiche Neuauflagen, wobei dem von ihm zusam-
men mit Anton M. →
Slomšek und Andrej Einspie-
ler 1851 mitbegründeten Volksverlag → Mohorjeva
die Rolle einer »alma mater aller Slowenen in Bezug
auf ihre literarische Betreuung« zukam. Dem Kärntner
Volksverlag, der 1918 90.512 Mitglieder im gesamten
slowenischen Sprachraum zählte, kam so größte Be-
deutung bei der Verbreitung der slowenischen S. zu.
In der Folge kam bis weit ins 20. Jh. mangels eines
angemessenen → Schulwesens in slowenischer Spra-
che der Kirche eine eminente Rolle beim Erhalt und
der Festigung der S. zu. Insbesondere wurde mit dem
Gebrauch des Slowenischen als → Liturgiesprache,
die sich durch einen reichen Wortschatz auszeich-
net, das individuelle subjektive Gefühl verstärkt, die
slowenische S. zu verstehen und zu können, da sich
die Predigten, Gebete, Kirchenlieder und Litaneien
der slowenischen S. bedienten (→ Lied ; → Volks-
lied, geistliches ; → Immersion). Ideologisch in der
→ Windischentheorie begründete Konzepte wie das
einer vermeintlichen → Mischsprache konnten vor-
erst dank der kirchlichen → Relevanz der Sprache
gar nicht erst aufkommen und wurden erst mit dem
Rückgang des Slowenischen in der Liturgie struk-
turell gefördert (→ Slowenisch in Kärnten/Koroška,
→ Zweisprachigkeitsideologie). Standardsprache und Rechtsterminologie, Regi-
onalismen sowie Ortsnamen. Seit der Auflösung der
Monarchie wird das Slowenische in mehreren Staaten
gesprochen. Damit musste sich das Slowenische den
unterschiedlichen konzeptuellen und terminologischen
Erfordernissen anpassen, um die Realität in den jewei-
ligen unterschiedlichen Staats- und Gesellschaftsord-
nungen wiederzugeben und um darin als Kommunika-
tionsmittel fungieren zu können. Die unterschiedlichen
fachsprachlichen slowenischen → Terminologien etwa
des Rechts- und Verwaltungswesens der verschiede-
nen Staaten (etwa die zweisprachigen Wörterbücher
von P. Apovnik und L. Karničar 1978, 1989, 1996)
sowie die Terminologien anderer Lebensbereiche sind
integraler Bestandteil der slowenischen S. (so auch die
Begriffe der → Küchensprache) und wurden als solche
lexikografisch berücksichtigt.
Ebenso Teil der slowenischen S. sind die in Kärn-
ten/Koroška bzw. in Österreich gebräuchlichen und
normierten slowenischen → Ortsnamen. Dies umfasst
jene slowenischen Ortsnamen von Orten, in denen den
Bewohnern spezifische Rechte (Volksgruppenrechte)
zuerkannt wurden oder werden, wie auch jene Ortsna-
men, die aufgrund ihrer kulturgeschichtlichen Bedeu-
tung als regionale slowenische Endonyme anzuse-
hen sind. Dies umfasst insbesondere jene normierten
Ortsnamen, die Pavel Zdovc linguistisch repertoriert
hat, wie auch weitere literaturübliche oder historische
amtliche slowenische Ortsnamen (wie sie etwa in den
→ Ortsrepertorien zwischen 1849 und 1918 aufschei-
nen und von Schnabl 2011 in ihrer rechtlichen Di-
mension identifiziert wurden).
Anteil an der kreativen Weiterentwicklung der slo-
wenischen S. haben schließlich auch die slowenischen
Literaten aus Österreich und Italien (z. B. → Prežihov
Voranc, Boris Pahor, Alojz Rebula, Florijan Lipuš,
Andrej Kokot, Gustav Januš, Jani Oswald, Maja
Haderlap u. v. a.).
Quellen : KLA, Archiv Dietrichstein, Fasz. CCCIV, 42/8, fol 272,
274 (nach Domej).
Lit.: ES. – F. Miklosich : Die christliche Terminologie der slavischen
Sprachen. Wien 1875 ; P. Hersche : Spätjansenismus in Österreich. Wien
1977 ; P. Apovnik : Nemško-slovenski slovar k splošnemu občinskemu redu,
Allgemeine Gemeindeordnung LGBl. 1/1966 in LGBl. 3/1973 : priročnik
za slovenske občinske odbornike. Hg. Klub slovenskih občinskih odbor-
nikov. Celovec 1978 ; R. Vouk : Popis koroških utrakvističnih šol do leta
1918, Bestandsaufnahme der Kärntner utraquistischen Schulen bis 1918.
Klagenfurt/Celovec 1980 ; S. Hafner, E. Punč : Die slowenische Volks-
sprache in Kärnten. Wien 1982 ff. (ÖAW) ; O. Kronsteiner : Virgil als
geistiger Vater der Slawenmission und der ältesten slawischen Kirchen-
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 3 : PO - Ž
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 566
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602