Page - 1328 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Volume 3 : PO - Ž
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Taaffe, Eduard Graf
pedagog. In : Naši zapiski 36 (1984) 5–6, 121–122 ; Z. Kumer : Zdravko
Švikaršič. In memoriam. In : Naši razgledi 36 (1984) 2, 331 ; L. M.:
Sto vigredi Zdravka Švikaršiča. In : KK 1985, 201–203 ; A. Kollitsch,
G. Anderluh (Hg.) : Forschungen und Beiträge zu Lied und Musik in
Kärnten. Klagenfurt 2005.
Maja Francé
Taaffe, Eduard Graf (1833–1895), cisleithanischer
Ministerpräsident, vgl. Sachlemmata : →
Abgeord-
nete ; →
Assimilationszwang ; → Dezemberverfassung
(1867) ; → Oktroyierte Märzverfassung 1849 ; Perso-
nenlemmata : → Muri, Franc ; →
Winkler, Andrej.
Tabor, → Tabor (politische Bewegung bzw. Versamm-
lung), → Wehrkirchen.
Tabor, eine unter Massenbeteiligung stattfindende poli-
tische Versammlung unter freiem Himmel. Die Tabor-
Bewegung (taborsko gibanje) setzte im gesamtsloweni-
schen ethnischen Gebiet 1868 ein und endete 1871 mit
dem 17. T. in Oberwuchl/Zgornje Buhlje bei Grafen-
stein/Grabštanj. Die Idee wurde von den Tschechen
aus Böhmen übernommen. Die Slowenen nutzten die
T.-Bewegung, um dem Artikel 19 des Staatsgrundge-
setzes von 1867 zum Durchbruch zu verhelfen (→ De-
zemberverfassung 1867), v. a. aber um die Vereinigung
aller Slowenen unter einer Vertretungskörperschaft, ein
Vereintes Slowenien zu fordern (→ Zedinjena Slovenija).
In Kärnten/Koroška wurden drei T. durchgeführt.
Ein erster Versuch, einen solchen im September 1868
abzuhalten, wurde unter Berufung auf den in Klagen-
furt/Celovec tagenden Landtag behördlich untersagt.
In Wahrheit traf seine Ankündigung die Bezirkshaupt-
mannschaft Völkermarkt und die Landesregierung
vollkommen unvorbereitet. Es wäre somit der dritte slo-
wenische T. gewesen. Die Organisation der T. in Kärn-
ten/Koroška lag in den Händen des im Dezember 1869
gegründeten politischen Vereins → Trdnjava [Fes-
tung]. Die Vorbereitungen größerer Versammlungen
trugen zum Erfolg dieser T. viel bei. So fand der erste
T. in Kärnten/Koroška am 31. Juli 1870 in Feistritz ob
Bleiburg/Bistrica pri Pliberku statt. Es folgten der T. in
Selpritsch/Žoprače am 18. September 1870 und der T.
in Oberwuchl/Zgornje Buhlje am 6. August 1871. Die
Nähe zu Klagenfurt/Celovec wurde hier besonders un-
terstrichen. Nach slowenischen Berichten versammel-
ten sich in Feistritz ob Bleiburg/Bistrica pri Pliberku
9.000 Menschen, in Selpritsch/Žoprače 10.000 und in
Oberwuchl/Zgornje Buhlje 7.000. Die deutschspra- chige Presse der Monarchie berichtete umfangreich
über alle Versammlungen und trug so zur Affirmation
der slowenischen politischen Forderungen bei. Dabei
spielten die großen liberalen Wiener Blätter die Zahl
der Versammlungsteilnehmer v. a. an den T. in Kärnten/
Koroška stark herunter und stellten die Besucher als
unwissende und politisch nicht aufgeklärte Bauern dar.
Auch berichteten sie von einer Mehrzahl von »Weibern,
Kindern und Kuttenträgern«. Die slowenische Presse
berichtete von den T. in großer Aufmachung und sehr
detailliert. Aus den Berichten über die drei in Kärnten/
Koroška abgehaltenen T. geht hervor, dass die Idee des
Vereinten Slowenien auch in Kärnten/Koroška Fuß ge-
fasst hatte. Die liberalen Demokratenvereine, die gegen
die T. auftraten, konnten ihrerseits diesen nichts Eben-
bürtiges entgegensetzten. Auf Grundlage des Artikels
19 verlangten die Redner die Gleichberechtigung der
slowenischen Sprache in Schulen, bei Ämtern und Ge-
richten. Diese Gleichberechtigung aber könne nur in
einem Vereinten Slowenien erreicht werden, und so
wurde die Forderung nach Vereinigung aller Slowenen
unter einem Vertretungs- und Verwaltungskörper zu
deren zentraler Forderung. Die Redner behandelten
auch wirtschaftliche Angelegenheiten wie die Grün-
dung von Kreditgenossenschaften, Versicherungen, den
Bau von Eisenbahnen und Straßen, landwirtschaftliche
Angelegenheiten und die Errichtung einer sloweni-
schen Universität (→ Genossenschaftswesen). Die For-
derungen wurden in Form von Resolutionen den Ver-
sammelten vorgelegt, von diesen in der Regel begeistert
aufgenommen und der Wiener Regierung übermittelt.
Den Vorsitz aller drei T. in Kärnten/Koroška führte
Valentin → Zarnik. Unter den Rednern waren die
Kärntner Slowenen in der Mehrheit. Auch an den drei
T. in Kärnten/Koroška wurden die Resolutionen bezüg-
lich der Vereinigung aller Slowenen mit Begeisterung
und ohne Gegenstimme angenommen, wobei berichtet
wird, dass der in Selpritsch/Žoprače anwesende Regie-
rungskommissär die Frauen von der Abstimmung aus-
schloss. An zwei T. sprach Lehrer Ferdo → Vigele aus
Feistritz an der Gail/Bistrica na Zilji über die Orga-
nisation des → Schulwesens. Zarnik verstand es, am
Feistritzer T. einen Priester nicht zu Wort kommen zu
lassen, der gegen die neuen Schulgesetze reden wollte.
Den letzten T. in Oberwuchl/Zgornje Buhlje versuch-
ten einige »Demokraten« zu stören, die anscheinend
gegen den Redner Andrej → Einspieler protestier-
ten. Einspieler sprach über die Notwendigkeit einer
Landesfeuerversicherungsanstalt. Die Protestierenden
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 3 : PO - Ž
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 566
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602