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Terminologie, christliche
wenischen Karantaner begann und viele Kirchen neu
weihte und neue St. Peter- und St. Rupert-Kirchen
erbaute (→ Bagoaria). Die Mission bestand meist aus
einer Erneuerung des bestehenden Christentums und
einer administrativen Neuorientierung wegen der ver-
änderten politischen und sprachlichen Situation. Die
einheimische ladinische Bevölkerung war schon christ-
lich, nicht die slowenische. Salzburg schickte Priester
mit auffällig ladinischen Namen. Es gab Kirchen und
Bischöfe in der colonia Teurnia (Liburnia, locus Lurna,
Lurnfeld, heute St. Peter im Holz [Šentpeter v lesu]),
in Aguntum (ecclesia in monte Lovant bei Lienz) und bei
Virunum 1 (Magdalensberg/Štalenska gora) und Viru-
num 2 (am → Zollfeld/Gosposvetsko polje in → Ma-
ria Saal/Gospa Sveta), wo der Salzburger Ladiner
→ Modestus als Bischof wirkte. Turbulenzen waren
im 8. Jh. durch die noch immer »heidnischen« pagani
gentiles der Oberschicht (→ Edlinger/kosezi, → Car-
mula) entstanden, die die Annahme des Christentums
ablehnten. Manche schon christliche Slowenen hatten
das Christentum von den ladinischen Einheimischen
direkt übernommen.
Da auch Salzburg/Baivaria ladinisch war, war die
christliche Erneuerung unter der Devise in fide fortiter
confirmare leichter durchzusetzen. Die Reste der alten
awarisch/slawischen Oberschicht mussten gewonnen
werden (→ Awaren). Das geschah, vom Salzburger
Bischof → Virgil geplant und vom Karantaner dux
Borut (→ duces Carantanorum) gewünscht, durch die
Erziehung zum Christentum (more christiano nutrire
et christianum facere) der dux-Nachfolger Karastus/
Gorazd und Cheitmar im Salzburger »Westbis-
tum« →
Chiemsee durch den ladinischen Salzburger
Presbyter Lupo. Mehrere Awaren/Slawen der Ober-
schicht ließen sich taufen und hatten fortan christliche
Taufnamen Abraham, Theodor, Deodatus, Iosephus. In der
Gründungsurkunde (Tassilo 769) von → Innichen
heißt es programmatisch : propter incredulam generati-
onem sclauuanorum ad tramitem veritatis deducendam.
Als Kyrill und →
Method 863 in die pannonische
Nachbarschaft Karantaniens in die Burg des Fürsten
→ Kocelj (lat. Chozilo) nach Mosapurk/Zalavár am
südlichen Plattensee kamen, fanden sie ein schon 100
Jahre funktionierendes »Salzburger« Christentum in la-
teinischer und slawisch/slowenischer Form vor.
Von Karantanien und Pannonien breitete sich die
christliche Terminologie der Slowenen im Norden
und Südosten aus. Auf dem »Nordweg« über Salz-
burg, Passau, Freising, Regensburg, Prag, Krakau – auf dem »Südweg« durch Method und seine Mitarbei-
ter (→ Methodvita) über Bulgarien und von dort nach
Kiew und Russland. Einen Sonderweg ging das gla-
golitische Schrifttum in Istrien und Dalmatien : Die
einzige Region, wo sich die → Glagolica Kyrills bis
heute erhalten hat. Die → pannonische Theorie → Ko-
pitars und → Miklosichs muss aufgrund heutiger
Quellenkenntnis zugunsten Karantaniens korrigiert
werden.
In Karantanien entstand eine eigene → karata-
nerslowenische Kirchensprache mit ladinischen und
bairischen Elementen. Texte in dieser Sprache sind die
→ Freisinger Denkmäler. Wichtig für die Glaubens-
pflege der alten und neuen Christen waren die Sünden-
und Glaubensbekenntnisse (adhortationes, confessiones)
und Gebete wie das Paternoster/oče naš. Dieses und
einige Gebetsformeln wie »in nomine patris et filii et
spiritus sancti«/u ime oca i sina i svetoga duha, oder in
saecula saeculorum/v veki vekov sind noch heute allen
Slawen vertraut.
Die »christlichen« Namen der Wochentage, eine
eigenartige Mischung aus Lateinisch, Ladinisch und
Bairisch (→
Sprachmischung), sind fast unverändert
bis heute in allen slawischen Sprachen erhalten. Der
Sonntag dies dominica ist ladinisch dies natalis, karan-
tanerslowenisch nedel/nedelja, der Montag (der Tag da-
nach) ponedeljek »Nachsonntag«. Der Dienstag wieder
lateinischen nach dem Beginn der Woche mit Montag,
der 2. Tag feria secunda/(v)torek, der bairische Mittwoch
wird übersetzt als sreda, der Donnerstag als 4. Tag feria
quarta/četrtek, der Freitag als 5. feria quinta/petek. Der
Samstag wieder sobota »Sabbat«. Weitere ladinische
Entlehnungen aus dem kirchlichen Bereich sind : con-
mater und/oder conpatra > kmotra »Taufpatin«, conpa-
ter > botr »Taufpate«, calendae > koleda »Weihnachten«,
pentecosta > binkošti »Pfingsten«, crucem > križ »das
Kreuz«, altare > oltar »Altar«, missa > miša »Messe«,
cristus > krišt (christianum facere »zum Christen ma-
chen« > taufen krištiti/krstiti), sanctus > šent (sanctus
Michael/šent Mihel, Šmihel), castellum > kostel »Kir-
che« (neben bairisch kiricha > cirika/crka), monachus
> mnih »Mönch«, abbatem > opat »Abt«, episcopus >
biškup »Bischof«, paganus > pogan »der Heide«, radius
> raj »Paradies«. Das karantanerslowenische Wort vi-
sond steht für »Kommunion« (< visitandum von visi-
tare). Im Bairischen wird noch heute weissad, weissadn
gehen »das neugeborene Kind besichtigen« verwendet.
Eigenartig ist der Begriff pekel für die »Hölle«, den es
auch in kärntnerbairischen Dialekten gab. Er könnte
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 3 : PO - Ž
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 566
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602