Page - 1405 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Volume 3 : PO - Ž
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Verfolgung slowenischer Priester ab 1938 in Kärnten/Koroška
Buchcover Mohorjeva
142/1867) der → Dezemberverfassung von 1867. Im
Ständestaat vertat in der Folge zudem im Kärntner
Landtag, neben den zwei slowenischen Vertretern der
Landwirte, Karel → Mikl und Albert →
Breznik,
Prälat Rudolf → Blüml die katholische Kirche.
Die slowenischen Priester nahmen vielfach den
zivilisatorischen Aufrag des Erhalts der sloweni-
schen Sprache und Identität im Sinne eines positiven
→
Identitätsbewusstseins trotz zahlreicher Schikanen
wahr. Dies umso mehr, als es 1920 zu einer massiven
→
Vertreibung praktisch der gesamten slowenischen
Intelligenzija aus dem Land kam und auch sonst die
Möglichkeiten einer realen gesellschaftlichen Partizi-
pation der Slowenen systematisch eingeengt wurden
und gesellschaftlicher Aufstieg mit einem → Assimi-
lationszwang junktimiert war. Ab 1918/19 waren nach
Vrečar über 40 slowenische Priester (sog. Sodale) aus
Kärnten/Koroška gewaltsam vertrieben worden (→ So-
daliteta). Jene slowenischen Priester in den sloweni-
schen Pfarren (→
Pfarrkarte der Diözese Gurk/Krška
škofija 1924) aber, die zurückgekommen waren oder
das Glück hatten, in slowenischen Pfarren bleiben zu
können, traten vielfach als →
Kulturaktivisten hervor.
Sie initiierten weiterhin die Gründung von lokalen → Kulturvereinen oder waren deren treibende Kraft bei
der Wiederaufnahme der Aktivitäten nach der Zäsur
von 1920. Zudem gaben sie slowenischen Religionsun-
terricht, der vielfach die einzige Form eines formellen
Sprachunterrichts im sonst utraquistischen →
Schul-
wesen darstellte, dessen gesetzliches (wenn auch ver-
fassungswidriges) Ziel die Germanisierung war. Noch
zentraler für jenen Teil der Bevölkerung, der sich nicht
regelmäßig und intensiv in Kulturvereinen engagierte
oder nicht die zahlreichen slowenischen Vereinsbiblio-
theken in Anspruch nahm (→ Lesekultur) oder aber
keinen Unterricht im Katechismus erhielt, war das so-
ziale Prestige der slowenischen Sprache in ihrer seel-
sorglichen Funktion von größter Bedeutung. In einer
Zeit, in der der sonntägliche Kirchgang noch die so-
ziale Norm im Land darstellte, stellte die lebenslange
Wiederholung slowenischer liturgischer Texte in der
klassischen slowenischen → Liturgiesprache durch den
repetitiven Charakter eine Form der Sprachausbildung
auf einem gesellschaftlich erhöhten Niveau mit einer
spirituellen Dimension dar. Wer regelmäßig in die Kir-
che ging oder gar in einem der zahlreichen slowenischen
→ Kirchenchöre mitwirkte und die → Kirchenlieder
(nebenbei) auswendig lernte und künstlerisch interpre-
tierte oder den Gesang einfach »konsumierte«, bildete
sich im Slowenischen ständig weiter. Zur formalen
Sprachkenntnis kam das gesellschaftliche Prestige der
liturgischen Sprache hinzu, die seit Luther und nach
ihm → Trubar die sprachlichen Bedürfnisse einer ag-
rarischen und frühbürgerlichen Gesellschaft abdeckte
– und das galt in Kärnten/Koroška in der ersten Hälfte
des 20. Jh.s für eine breite Masse der slowenischen Be-
völkerung. Angesichts dieser strukturellen Bedeutung
der slowenischen kirchlichen Volksbildung wurden die
slowenische Priesterschaft ad personam und die slo-
wenische Kirchensprache als Institution zentrale Ziele
der deutschnationalen zivilisationszerstörenden Gewalt
und Verfolgung. Das bedeutete in einer ersten Phase zu-
nächst einen regelrechten »messianischen« Kampf um
die Verhinderung jedes einzelnen slowenischen Religi-
onsunterrichts (vgl. → Brabenec, Jan) und die innere
Zersetzung des Slowenischen durch eine zunehmend
zweisprachige Liturgie (durch deutschsprachige Pfar-
rer in slowenischen Pfarrgemeinden), wo schrittweise
das Slowenische an gesellschaftlicher → Relevanz ver-
lor und auch psycholinguistisch durch diese Form der
→
Zweisprachigkeit das Slowenische auch auf indivi-
dueller Ebene zunehmend redundant wurde. Durch
die Zweisprachigkeit der Liturgie wurde die Grund-
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 3 : PO - Ž
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 566
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602