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Vertrag von Saint-Germain
vollen und ganzen Schutz von Leben und Freiheit zu
gewähren.
Alle Einwohner Österreichs haben das Recht, öf-
fentlich oder privat jede Art Glauben, Religion oder
Bekenntnis frei zu üben, sofern deren Übung nicht mit
der öffentlichen Ordnung oder mit den guten Sitten
unvereinbar ist.
Artikel 64.[ :] Österreich erkennt von Rechts wegen
und ohne irgendeine Förmlichkeit als österreichische
Staatsangehörige alle Personen an, die zur Zeit des
Inkrafttretens des gegenwärtigen Vertrages das Hei-
matrecht (pertinenza) auf dem österreichischen Staats-
gebiete besitzen und nicht Angehörige eines anderen
Staates sind.
Artikel 65.[ :] Die österreichische Staatsangehörig-
keit wird von Rechts wegen durch die bloße Tatsache
der Geburt auf österreichischem Staatsgebiete von je-
der Person erworben, die nicht vermöge ihrer Geburt
eine andere Staatsangehörigkeit geltend machen kann.
Artikel 66.[ :] Alle österreichischen Staatsangehö-
rigen ohne Unterschied der Rasse, der Sprache oder
Religion sind vor dem Gesetze gleich und genießen
dieselben bürgerlichen und politischen Rechte.
Unterschiede in Religion, Glauben oder Bekenntnis
sollen keinem österreichischen Staatsangehörigen beim
Genuß der bürgerlichen und politischen Rechte nach-
teilig sein, wie namentlich bei Zulassung zu öffentli-
chen Stellungen, Ämtern und Würden oder bei den
verschiedenen Berufs- und Erwerbstätigkeiten.
Keinem österreichischen Staatsangehörigen wer-
den im freien Gebrauch irgend einer Sprache im Pri-
vat- oder Geschäftsverkehr, in Angelegenheiten der
Religion, der Presse oder irgend einer Art von Veröf-
fentlichungen oder in öffentlichen Versammlungen,
Beschränkungen auferlegt.
Unbeschadet der Einführung einer Staatssprache
durch die österreichische Regierung werden nicht
deutschsprechenden österreichischen Staatsangehö-
rigen angemessene Erleichterungen beim Gebrauche
ihrer Sprache vor Gericht in Wort oder Schrift geboten
werden.
Artikel 67.[ :] Österreichische Staatsangehörige, die
einer Minderheit nach Rasse, Religion oder Sprache
angehören, genießen dieselbe Behandlung und diesel-
ben Garantien, rechtlich und faktisch, wie die anderen
österreichischen Staatsangehörigen ; insbesondere ha-
ben sie dasselbe Recht, auf ihre eigenen Kosten Wohl-
tätigkeits-, religiöse oder soziale Einrichtungen, Schu-
len und andere Erziehungsanstalten zu errichten, zu verwalten und zu beaufsichtigen mit der Berechtigung,
in denselben ihre eigene Sprache nach Belieben zu ge-
brauchen und ihre Religion frei zu üben.
Artikel 68.[ :] Was das öffentliche Unterrichtswe-
sen anlangt, wird die österreichische Regierung in
den Städten und Bezirken, wo eine verhältnismäßig
beträchtliche Zahl anderssprachiger als deutscher ös-
terreichischer Staatsangehöriger wohnt, angemessene
Erleichterungen gewähren, um sicherzustellen, daß in
den Volksschulen den Kindern dieser österreichischen
Staatsangehörigen der Unterricht in ihrer eigenen
Sprache erteilt werde. Diese Bestimmung wird die ös-
terreichische Regierung nicht hindern, den Unterricht
der deutschen Sprache in den besagten Schulen zu ei-
nem Pflichtgegenstande zu machen.
In Städten und Bezirken, wo eine verhältnismäßig
beträchtliche Anzahl österreichischer Staatsangehöri-
ger wohnt, die einer Minderheit nach Rasse, Religion
oder Sprache angehören, wird diesen Minderheiten
von allen Beträgen, die etwa für Erziehung, Religions-
oder Wohltätigkeitszwecke aus öffentlichen Mitteln in
Staats-, Gemeinde- oder anderen Budgets ausgeworfen
werden, ein angemessener Teil zu Nutzen und Verwen-
dung gesichert.
Artikel 69.[ :] Österreich stimmt zu, daß, soweit die
Bestimmungen der vorstehenden Artikel des gegen-
wärtigen Abschnittes Personen berühren, die nach
Rasse, Religion oder Sprache Minderheiten angehören,
diese Bestimmungen Verpflichtungen von internatio-
nalem Interesse darstellen und unter die Garantie des
Völkerbundes gestellt werden. Sie können nicht ohne
die Zustimmung der Mehrheit des Rates des Völker-
bundes abgeändert werden. Die im Rate vertretenen
alliierten und assoziierten Mächte verpflichten sich da-
gegen, keiner Abänderung der erwähnten Artikel ihre
Zustimmung zu verweigern, die durch die Mehrheit
des Rates des Völkerbundes in entsprechender Form
gutgeheißen werden sollte.
Österreich stimmt zu, daß jedes Mitglied des Rates
des Völkerbundes das Recht haben soll, die Aufmerk-
samkeit des Rates auf jede Verletzung oder Gefahr ei-
ner Verletzung irgendeiner dieser Verpflichtungen zu
lenken und daß der Rat in einer Weise vorgehen und
solche Weisungen geben könne, die im gegebenen Falle
geeignet und wirksam erscheinen könnten.
Österreich stimmt außerdem zu, daß im Falle einer
Meinungsverschiedenheit über Rechts- oder Tatfragen,
betreffend diese Artikel, zwischen der österreichischen
Regierung und irgendeiner der alliierten und assoziier-
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 3 : PO - Ž
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 566
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602