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Vertreibung 1920
Botanikerin Dr. Àngela →
Piskernik, der Komponist
Anton →
Jobst sowie einige angesehene Ärzte (Dr.
Joško Erat, Dr. Josip Hebein, Dr. Zvonko Janežič,
Dr. Jakob Rebernik usw.). Der Epidemiolgoge und
Sachbuchautor Dr. Herman → Vedenik wirkte, nach-
dem er das Land verlassen musste, in Rogatica bei/in
Sarajevo. Besonders zu erwähnen sind jene Juristen, die
in der Zeit um die Volksabstimmung ihr Studium been-
deten, denn der Großteil von ihnen führte ihre Karriere
in Jugoslawien fort. Sie waren Richter, Anwälte, Inspek-
toren. So war u. a. der Staatsrechtler Dr. Julij → Fela-
her Staatsanwalt und Richter, Dr. Luka → Kravina
war Richter und Inspektor, Dr. Zdravko Wiegele, Dr.
Ožbolt Ilaunig und Dr. Blaž Reichman, Dr. Gregor
Wieser waren Richter, Dr. Ferdo Miler (Müller)
und Dr. Anton → Urbanc waren Anwälte, Inspektoren
waren auch Dr. Robert Kramberger, Dr. Ivan Likar,
Dr. Lovro Lipic u. a. Zahlreich waren auch jene Slowe-
nen, die zwar nicht gebürtige Kärntner waren, die sich
jedoch vor dem Krieg einen Ruf in Kärnten/Koroška
erworben hatten und die das Land nach der Volks-
abstimmung verlassen mussten : Dr. Janko → Brejc
(Präsident der Naroda vlada [Nationalregierung]),
Franc →
Smodej, Dr. Valentin → Rožič, Franc Ksaver
Meško u. a. Ein »Kärntner der besonderen Art« war
General Rudolf → Maister, der vor dem Krieg auch
in Klagenfurt/Celovec seinen Dienst versehen hatte. Zu
dem Kärntner Kreis zählen auch die Brüderpaare Dr.
France und Dr. Janko Kotnik sowie Dr. Alojz und Lo-
vro → Kuhar (Prežihov Voranc), die alle in jenem Teil
Kärntens beheimatet waren, der Jugoslawien zugespro-
chen wurde. Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg erlang-
ten die schon in Zentralslowenien geborenen Historiker
mit Kärntner Wurzeln Fran →
Zwitter und Bogo
→ Grafenauer hohes Ansehen.
Eines der Vereinsziele des 1928 gegründeten → Klub
koroških Slovencev (KKS) [Klub der Kärntner Slowe-
nen], das die slowenischen Flüchtlinge aus der Zeit
nach der Volksabstimmung einigte, war die Evidenz-
haltung aller slowenischen Kärntner Emigranten in Ju-
goslawien. Jedoch ging das Archiv des KKS im Zwei-
ten Weltkrieg verloren bzw. wurde zerstört, und so sind
auch die vollständigen Daten verloren gegangen. Nach
dem Krieg erstellte insbesondere der Vorsitzende des
KKS, Dr. Julij Felaher, einige Verzeichnisse, die die
soziale Struktur der Flüchtlinge und die Orte, aus de-
nen sie kamen, wiedergeben.
Nach dem → »Anschluss« und dem Ausbruch des
Zweiten Weltkriegs kam es zu einer neuen Welle der Emigration aus dem slowenischen Teil → Südkärn-
tens und aus anderen Teilen Österreichs. Felaher
und seinen Mitarbeitern gelang es, die Anstellung
und Beschäftigung von slowenischen Flüchtlingen aus
Kärnten/Koroška bzw. aus Nazideutschland zu orga-
nisieren, die sich mit der Flucht nach Jugoslawien der
Zwangsrekrutierung in deutsche Militäreinheiten ent-
zogen. Nach einem im Vorhinein vorbereiteten Plan
wurden sie großteils zeitweise eingesperrt und danach
nach Serbien geschickt, wo sie angestellt wurden. Nach
der mehrmaligen Änderung des Wohnortes und der
Beschäftigung »verloren« sich die Flüchtlinge offiziell
und konnten mit gefälschten Papieren und einer neuen
Identität wieder nach Slowenien (in die Drau-Ban-
schaft) zurückkehren. Nach den Unterlagen waren dies
über zweihundert dieser sog. »grünen Kader«.
Die deutschen Okkupatoren in Slowenien erfassten
in der ersten Welle der Festnahmen, Verfolgungen und
Erschießung von Geiseln zahlreiche ehemalige Flücht-
linge aus Österreich, insbesondere jene, die in den
Emigrantenorganisationen, wie dem KKS, führend tä-
tig waren. Die postplebiszitären Flüchtlinge zählten zu
den KZ-Opfern, zu den ersten Geiseln und gefallenen
Partisanen sowie zu den zwangsweise Deportierten. Ei-
nige kämpften in den Reihen der Kärntner Partisanen
auf der Nordseite der → Karawanken/Karavanke und
ließen dort ihr Leben.
Im Kontext Migrationen aus Kärnten/Koroška nach
Slowenien ist in der ersten Hälfte des 20. Jh.s noch die
Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg relevant, als der Po-
krajinski odbor OF [Regionalausschuss der slowenischen
Befreiungsbewegung] slowenische Schüler und Studen-
ten aus Kärnten/Koroška zu Schulungen nach Slowe-
nien schickte bzw. ihnen die Ausbildung in Slowenien
ermöglichte. Der Grund dafür war die erwartete Verei-
nigung der slowenischen ethnischen Gebiete Kärntens
mit Jugoslawien. Nach dem Jahr 1949, als klar wurde,
dass die Grenzen Österreichs unverändert bleiben wür-
den, nahm auch das Interesse an solchen Ausbildungs-
möglichkeiten in Slowenien ab. Von den mehreren
Hundert Schülern und Studenten, die nach Slowenien
gekommen waren, blieben auch viele im Land.
Die slowenischen Intellektuellen aus Kärnten/
Koroška, die postplebiszitären Flüchtlinge, erbrachten
in gewissen Epochen und in einigen Schaffensberei-
chen einen großen und in zahlreichen Fällen einen
überdurchschnittlich bedeutenden Beitrag zum Geis-
tesleben in Zentralslowenien und so auch zur Gesamt-
kultur der Slowenen im 20. Jh.
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 3 : PO - Ž
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 566
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602