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Wahlkreise der Landtagswahlordnungen in Kärnten/Koroška ab 1849
unterschiedlichen Wahlkörpern (Anzahl der notwen-
digen Stimmen pro Mandat) und unterschiedlichen
Steuerkriterien, was zusammen ein ungleiches Zensus-
wahlrecht charakterisiert. Ab 1849 bestanden folgende
Wählerklassen in Kärnten/Koroška : 1. Virilstimme für
den Bischof von Gurk, 2. »großer Grundbesitz« bzw.
Großgrundbesitz (GG), 3. Handels- und Gewerbe-
kammer (HGK), 4. Städte, Märkte, »Industrialorte«
(SMI/SMO), 5. die Wählerklasse der Landgemeinden
(LG) sowie 6. im historischen Prozess zuletzt die All-
gemeine Wählerklasse (AWK) (1896/1902). Insgesamt
sind die Landesverfassungen bzw. Landesstatuten zur
Zeit der Monarchie geprägt von der spätfeudalen, stän-
dischen Gesellschaftsstruktur und deren Machtverhält-
nissen, wo noch der Großgrundbesitz und die liberale
(deutsche) Bourgeoisie favorisiert wurden. Hingegen
diskriminierten sie systematisch mittels Kuriensystem
all jene Bevölkerungsteile unabhängig von Sprachzuge-
hörigkeit, die aufgrund des Kuriensystems unterreprä-
sentiert waren oder nicht erfasst wurden, so die aufkom-
mende Arbeiterschaft und die Frauen (→ Frauenfrage).
Aus der Perspektive der nationalen Frage waren insbe-
sondere die Slowenen und andere politisch, wirtschaft-
lich und gesellschaftlich nicht dominierende Völker
der Monarchie diskriminiert (Melik). So hatten im
Kärntner Landtag 1861 bei einer Gesamtbevölkerung
von 332.546 Einwohnern die Großgrundbesitzer 27 %
der Landtagsmandate, die Vertreter der Handels- und
Gewerbekammer 8,1 %, die Vertreter der Städte und
Märkte 24,3 % und jene der Landgemeinden 37,8 %.
Nach Einführung der allgemeinen Wählerklasse wur-
den diesen lediglich 9,3 % der Sitze im Landtag zuge-
sprochen (Melik, 12 ff.). 1869 umfasste bei einer Ge-
samtbevölkerung von 336.400 Einwohnern die Kurie
der LG 291.037 und jene der SMO 45.363 Personen,
d. h., dass die Stadtbevölkerung bei einem Anteil von
13 % der Gesamtbevölkerung 39 % der Abgeordneten
beider Kurien stellte. 1900 stieg der Anteil der städti-
schen Bevölkerung auf 18 %. Auf einen Abgeordneten
kamen 1869 5.040 Personen in der SMO, während es
20.788 bei der LG war. 1900 war die Zahl 7.305 res-
pektive 21.541 Personen (Melik, 54).
Landesverfassung und LWO vom 30. Dezember
1849 bestimmten ein ungleiches, indirektes Zensus-
wahlrecht für den aus 30 Mitgliedern bestehenden
Landtag des Herzogtums Kärnten/Koroška. 10 Abge-
ordnete stellten die Höchstbesteuerten, 10 die in der
Wahlordnung benannten Städte, Märkte und Indust-
rialorte sowie 10 Abgeordnete die übrigen Gemeinden. Laut § 2. LWO bildet für die Wähler aus der »Classe
der Höchstbesteuerten« das ganze Herzogtum Kärn-
ten/Koroška einen Wahlbezirk. Gemäß § 3 bildeten
Klagenfurt/Celovec (3 Mandate) und Villach/Beljak (1
Mandat) sowie jeweils zusammen (Anzahl der Abge-
ordneten in Klammer)
– Feldkirch(en)/Trg und St. Veit/Šentvid (1),
– Völkermarkt/Velikovec, Bleiburg/Pliberk und [Ei-
sen-] Kappel/(Železna) Kapla (1),
– Wolfsberg/Volšperk, St. Leonhard/Šentlenart,
St. Andrä/Šentandraž, St. Paul/Šentpavel und Unter-
Drauburg/Dravograd (1),
– Friesach/Breže, Hüttenberg, Straßburg und Altho-
fen/Stari Dvor (1),
– Spittal/Špital, Gmünd/Sovodenj, Greifenburg,
Obervellach/Zgornja Bela, Ob.-Drauburg/Zgornji
Dravograd, Tarvis/Trbiž, Hermagor/Šmohor und Mal-
borget/Naborjet (1),
– Bleiburg/Plajberk und Kreuth/Rute (1)
jeweils einen Wahlbezirk in der Klasse der Städte,
Märkte und Industrialorte.
Laut § 4 bildete »für die Wahl der Abgeordneten
der Landgemeinden […] jeder der sieben politischen
Bezirke einen Wahlbezirk, in der Art, daß die Bevöl-
kerung der nach Abzug der besonders wahlberechtig-
ten Städte, Märkte und Ortschaften höchstbevölkerten
Bezirke von Klagenfurt, Völkermarkt und Spital je zwei
und jeder der übrigen politischen Bezirke je einen Ab-
geordneten für den Landtag zu wählen haben«.
Aufgrund der Aufhebung der → Oktroyierten
Märzverfassung 1849 durch das Silvesterpatent 1851,
sowie der Festigung des Neoabsolutismus wurden die
Bestimmungen der Kärntner → Landesverfassung
1849 bzw. deren Wahlordnung nie angewendet, blie-
ben jedoch richtungweisend für die nachfolgenden
Regelungen, insbesondere – mit einigen kleinen Ver-
änderungen – im Hinblick auf die Wahlkreiseinteilung,
die der Verwaltungseinteilung folgte (→
Landesein-
teilungs-Erlass (1) und →
(2), → Landeseinteilungs-
Verordnung aus 1854).
Die Landes-Ordnung und Landtags-Wahlordnung für
das Herzogthum Kärnthen vom 26. Februar 1861 sah
einen Landtag vor, der das Herzogtum in Landesan-
gelegenheiten vertrat (§ 1). Die Regelung wurde durch
die gesamtstaatlichen Verfassungsbestimmungen des
Oktoberdiploms 1860 und des Februarpatents vom 26.
Februar 1861 notwendig. Die Landtags-Wahlordnung
sah ein ungleiches, indirektes Zensuswahlrecht für den
aus 37 Mitgliedern bestehenden Landtag vor. 36 Mit-
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 3 : PO - Ž
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 566
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602