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1493
Wehrkirche(n)
Diex/Djekše, Pfarrkirche mit
Wehrmauer, Wiki/Mefus-
bren69 entfernen, doch blieben sie vielfach als Zentrum des
bäuerlichen Lebens erhalten. Darin wurden in beson-
deren Gebäuden Wertsachen verwahrt und innerhalb
der Wehranlagen wurde Handel getrieben. Doch ent-
zündete sich in so manchen Wehranlagen der Funke
des bäuerlichen Widerstandes. Deshalb wurden sie der
Obrigkeit ein Dorn im Auge. Sie forderte bereits 1515,
dass alle bäuerlichen Wehranlagen überprüft und jene,
die »nicht angemessen« waren, beseitigt werden soll-
ten. Die Krainer Landstände begründeten das damit,
dass die bäuerlichen Wehranlagen veraltet seien, dass
sie keinen Schutz vor den neuen Waffen, vor allem vor
dem Beschuss von Belagerungskanonen böten, und
dass sie vielfach eher eine Falle für die Verteidiger seien
als Schutz. Diese Behauptung hatte zwar etwas Wah-
res an sich, doch kann diese Einschätzung durchaus
angezweifelt werden, da Erzherzog Karl noch 1578
gefordert hatte, dass die W. als Teil der organisierten
Türkenabwehr erneuert werden sollten, da die Angst
vor den Türken/Osmanen noch immer groß war und
die bäuerlichen W. in der Tat Schutz boten. Nach dem
Ende der Türkengefahr verschwanden die W. mit der
Zeit mangels Erhaltungsmaßnahmen. Meist blieben
lediglich Teile davon zurück, wobei diese ihre Funk-
tion veränderten und als Dorfspeicher dienten oder zu
Wohnzwecken genutzt wurden.
In Südkärnten/Južna Koroška wurden die bäuerli-
chen Wehranlagen vor allem entlang der Verkehrs- und
Einfallswege und als Zufluchtsorte in höheren Ge-
birgslagen errichtet. Dort, wo einfachere Befestigungen
um kleinere Kirchen errichtet werden sollten, genügte eine Absprache mit dem Pfarrer. Wo jedoch größere
Anlagen entstehen sollten, die einen Umbau der Kir-
che bedingten, oder in selteneren Fällen, in denen der
Feudalherr bei der Errichtung der Befestigungsanlagen
mitwirkte, war auch eine Genehmigung des Landes-
fürsten notwendig, da die Kirche selbst nur Befesti-
gungsanlagen der Klöster errichtete. Ein solcher Fall ist
mit großer Sicherheit die bestens erhaltene Wehran-
lage in Wackendorf/Večna vas. Da sie die einzige Form
eines wirksamen Schutzes vor den Türkeneinfällen dar-
stellte, wurde die Errichtung trotz des mehrfachen Wi-
derspruchs der Obrigkeit schließlich doch genehmigt,
zumal allein im Jahr 1478 nach Angaben von Chronis-
ten zumindest 24.000 türkische Soldaten vor allem in
Südkärnten/Južna Koroška eingefallen waren und das
Land ohne organisierte Gegenwehr geplündert hatten.
Als die slowenischen Bauern im selben Jahr aufbe-
gehrten, weil sie die Landstände nicht vor den Türken
schützten, wurde der Aufstand von den ins Land ein-
fallenden Türken/Osmanen zerschlagen und das Land
weiter verwüstet. Danach entstanden in Südkärnten/
Južna Koroška zahlreiche bäuerliche Wehranlagen.
Die Kärntner bäuerlichen Wehranlagen entstanden
in der Mehrzahl im → Jauntal/Podjuna, im → Rosen-
tal/Rož südlich der Drau/Drava, im nördlichen Bereich
des →
Klagenfurter Feldes/Celovško polje, an der Gail/
Zilja und an der Glan/Glina sowie auf der → Saualpe/
Svinja, wo auch die am besten erhaltenen Beispiele vor-
zufinden sind. Meist sind kleinere Kirchen mit Mauern
und Türmen umgeben. Charakteristisch für Kärnten/
Koroška ist, dass vornehmlich Kirchengebäude befestigt
wurden (über 20), wobei die für Zentralslowenien cha-
rakteristischen Befestigungssiedlungen (taborsko naselje)
hier nicht vorzufinden sind. Gleichzeitig wurden Ver-
suche unternommen, mit einer besonderen Form von
Wehrmauern auch wichtige Verkehrswege zu schüt-
zen. Die am besten erhaltenen Beispiele finden sich in
→ Eisenkappel/Železna Kapla und Ruše bei Dravograd.
Die slowenische Bezeichnung tabor [Tabor, Lager,
Wehrmauer, Wehrkirche] wurde aus dem Tschechi-
schen in Anlehnung an die Zeit der Hussiten und ihr
Zentrum, die Stadt Tabor, übernommen, wobei die
Form der volkstümlichen Befestigungen den völlig
gleichartigen älteren oder zeitgenössischen bäuerlichen
Befestigungen in Transsilvanien entspricht. Die erste
Bedeutungserklärung gab J. V. → Valvasor. Die An-
lehnung an die transsilvanischen »befestigten Kirchen«,
wie sie genannt werden, wird in einer päpstlichen Emp-
fehlung für den Schutz vor den Türken/Osmanen aus
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Volume 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1942
- Volume
- 3 : PO - Ž
- Authors
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Size
- 24.0 x 28.0 cm
- Pages
- 566
- Categories
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602