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Jahreszeit der meisten ganz heiteren Tage und der durchschnittlich geringsten Bewölkung
überhaupt. (Die größte Bewölkung hat das Frühjahr.) Diese Thäler, von circa
1.300 Meter Seehöhe an, liegen oberhalb der Nebelschichten und niedrigen Schueewolken
des Winters. Da nun die Luft sehr rein und trocken und schon mehr verdünnt ist, so ist
die Sonnenstrahlung an den vielen heiteren Tagen sehr intensiv, und bei der herrschenden
Windstille wird dadurch der Aufenthalt im Freien selbst bei sehr niedrigen Luft-
temperaturen ganz behaglich. Windstillen sind im Winter in diesen Thälern vorherrschend,
sobald einmal die dann andauernde Schneedecke sich eingestellt hat, welche alle Unterschiede
der Erwärmung ausgleicht und die loealen Luftströmungen unterdrückt. So kommt es,
daß man diese Thäler, obgleich die mittlere Lufttemperatur des Winters sehr niedrig ist,
als klimatische Winterkurorte aufsucht, wie z. B. Davos in Graubünden. Doch gibt es
auch in unseren Alpen und selbst in den Centralkarpathen Hochthäler mit ähnlichen
klimatischen Verhältnissen.
Auch die Luftfeuchtigkeit, soweit sie durch den Grad der Sättigung der Luft mit
Wasserdampf gemessen wird, hat auf größeren Höhen der Gebirge den umgekehrten
jährlichen Gang wie unten in der Niederung. Die größte relative Trockenheit findet man
dort im Winter, unten in den Niederungen dagegen im Sommer, während im Winter die
Luft fast stets mit Wasserdampf gesättigt und zur Nebelbildung geneigt ist. Die trockene und
meist ruhige Luft macht die größere Kälte in den Hochthälern viel leichter erträglich als
die milderen Frostgrade in der Tiefe. Am feuchtesten ist die Luft auf den Höhen im
Frühling; es ist dies auch die Zeit der stärksten Bewölkung.
Die Gebirge hemmen die allgemeinen Luftströmungen und es herrscht daher in den
Gebirgsthälern im Allgemeinen eine viel schwächere Lnftbewegung als draußen auf den
Ebenen. Unter besonderen Verhältnissen kann manchen Thälern allerdings dieser Vorzug
durch heftige loeale Zugwinde verloren gehen. Ein gewisser täglicher Rhythmus der Luft-
bewegung ist dagegen allen Gebirgsthälern eigenthümlich. Tagüber, mit 9 Uhr Vormittags
etwa beginnend und bis nach Sonnenuntergang während, herrscht ein tha lanfwär t s
gehender, bei Nacht (bis zum Morgen) ein tha labwär t s ziehender Luftzug. Im Sommer
und bei schönem Wetter sind diese Thalwinde am kräftigsten. In den Alpen führen sie oft
nach den einzelnen Thälern verschiedene Namen. Am Gardasee und im unteren Etschthale
nennt man den Tagwind die Ora, den Nachtwind am Gardasee Sover, Paesano. An den
oberösterreichischen Seen spricht man von Unter- (Tag-) und Ober- (Nacht-) Wind. Der
Eintritt dieser Winde zur richtigen Tageszeit wird überall als ein gutes Zeichen für die
andauernd schöne Witterung angesehen — im Allgemeinen mit Recht, weil dies anzeigt, daß
noch keine heftigeren allgemeinen Winde sich eingestellt haben. Für die Meteorologie der
Bergländer sind diese periodischen Winde von großem Einfluß. Die Tagwinde, welche
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil, Volume 2
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil
- Volume
- 2
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1886
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.77 x 26.41 cm
- Pages
- 344
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch