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überall in den Thälern und an den Berglehnen aufwärts wehen, bewirken, daß über jedem
Bergstocke, von dem Thäler ausstrahlen, ein aufsteigender Luftstrom sich einstellt, der die
Feuchtigkeit der Niederungen in die Höhe führt. Indem die aufsteigende Luft durch Aus-
dehnnng erkaltet, verdichtet sich ihr Wasserdampfgehalt zu jenen glänzenden Cumuluswolken,
welche an warmen Nachmittagen die Gebirgsgipsel krönen. Ist die Luftfeuchtigkeit groß,
so bilden sich aus diesen Haufenwolken die loealen Gebirgsgewitter, die wir schon früher
erwähnt haben. Aber selbst bei trockenem Wetter bewirken die aufsteigenden Liiftmafsen
eine leichte Trübung der Durchsichtigkeit der Luft, welche die Aussicht beschränkt. Nach
Sonnenuntergang sinken umgekehrt die durch die Wärme-Ausstrahlung der Erde und
namentlich auch der Vegetation erkalteten unteren Luftschichten längs den Berghängen und
längs den Thälern in die Tiefe; es entwickelt sich ein allgemeines Abwärtsfließeu der Luft-
massen. Die tagüber gebildeten Wolken lösen sich auf, die Luft auf den Höhen wird trockener
und bei Sonnenaufgang sind deßhalb die Höhen am klarsten, die Aussichtsweite am
unbeschränktesten. Die Feuchtigkeit lagert nun in den Thälern als Nebeldecke oder leichter
weißer Duust, aus dem die Berge in scharfen Contoureu sich erheben. So wie die Sonne
höher steigt, setzen sich auch die Lustmassen aus den Thäleru iu Bewegung nach aufwärts,
und schon vor Mittag meist erscheint am blanen Himmel als zerstreute leichte flockige
Wölken, was Morgens als weißer Nebeldnnst in der Tiefe über der Niederung lag.
Die Bergländer der Monarchie haben gegenüber den mehr flachen Landestheilen
eine größere Hänfigkeit der Gewitter, namentlich der Sommergewitter. Die östlichen
Alpenländer zählen jährlich durchschnittlich etwa 22 bis 25 Gewittertage, Oberungarn
und der Südfuß der Tatra, sowie Südostungaru und Siebenbürgen 22, die ungarische
Ebene dagegen nur 13, Galizien 17, Böhmen und Schlesien 18. In den nach außen
abgeschlossenen Thälern der Centralalpeu ist die Gewitterfrequenz eine geringere und fast
alle Gewitter drängen sich auf den Sommer zusammen, weil sie localer Natur sind und
durch die oben beschriebenen Vorgänge bei heißem Sommerwetter entstehen. Der
beschränkte Horizont des Beobachters in engen Gebirgsthälern ist natürlich auch mit
daran schuld, daß weniger Gewitter zur Beobachtung gelangen als in großen weiten
Thälern und am Fuße der Gebirge. Die gebirgigen Küstenländer der Adria haben
sehr zahlreiche Gewitter; au der Küste selbst vou 20 Gewittertagen im Jahre im Golf von
Trieft, bis zu 40 in der Gegend von Corsn. Es sind aber hier an der Küste die Gewitter
im Herbst fast ebenso hänfig wie im Sommer, und es kommen auch zahlreiche Wintergewitter
vor, je weiter uach Süden, desto mehr. Landeinwärts nehmen aber die Herbst- und
Wintergewitter rasch ab. In den übrigen Kronländern sind die Wintergewitter selten, am
seltensten in den östlichen Provinzen. Im Norden vou den Alpen haben Nordböhmen und
Schlesien noch die meisten Wintergewitter.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil, Volume 2
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil
- Volume
- 2
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1886
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.77 x 26.41 cm
- Pages
- 344
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch