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immergrünen Laubhölzer dagegen würde schon die Last eines einzigen mächtigen Schnee-
falles gefährden und jährlich sich wiederholende reichliche Schneefälle würden endlich den
dauernden Bestand solcher Arten unmöglich machen. Im Gebiete der mediterranen Flora
ist diese Gefahr eben niemals vorhanden, da im nördlichen Theile desselben die kälteste
Zeit des Jahres mit dem einen Minimum des atmosphärischen Niederschlages zusammen-
trifft und demzufolge auch in jenen Jahren, in welchen es zu Schneefällen kommt, die
Schneeschichte doch niemals eine mächtige und gefahrbringende wird, im südlichen Theile
aber der Schnee überhaupt nicht in Betracht kommt.
Man zählt im mediterranen Florengebiete Österreich-Ungarns nahezu 6.000 Arteu.
Hiervon entfällt die Hälfte auf Sporeupflauzen, die Hälfte auf Samenpflanzen. Von den
letzteren kommen 7 Percent auf Holzpflanzen, 3 Percent auf immergrüne Gewächse,
58 Percent auf ausdauernde und nicht weniger als 42 Percent auf ein- und zweijährige
Pflanzen. Im Vergleiche mit den anderen Floren Österreich-Ungarns ist das Vorwalten
der Schmetterlingsblütler, namentlich der Klee-, Schneckenklee-, Wicken-, Platterbfeu-
uud Ginsterarten, dann der Lippenblütler, Nelken- und Wolfsmilcharten nnd ebenso
die Häufigkeit der Zwiebel- und Knollengewächse erwähnenswerth. Der geringe Percent-
antheil der immergrünen Pflanzenarten scheint der gewöhnlichen Vorstellung von der
mediterranen Flora zu widersprechen. Der Widerspruch ist aber nur ein scheinbarer und
erklärt sich daraus, daß die Zahl der immergrünen Arten nur im Verhältniß zu der über-
großen Zahl einjähriger kleiner Gewächse eine geringe ist, daß aber diese wenigen immer-
grünen Pflanzenarten sich durch geselliges Wachsthum auszeichnen, daher physiognomisch
doch am meisten hervortreten und demzufolge weite Strecken im Winter ebenso grün,
beziehungsweise gran erscheinen wie im Sommer.
Die charakteristischen Arten der mediterranen Flora gruppireu sich zu folgende»
Genossenschaften. Zunächst der Lorbeerwald. Die vorherrschende Baumart ist der
immergrüne Lorbeer; eingesprengt finden sich sommergrüne Kastanienbäume, Eichen mit
flaumhaarigen Blättern und der Atlasbeerbaum. Im schattigen Waldgrunde ist nur fahles,
braunes abgefallenes Laub und, über dieses sich erhebend, spärliches Staudenwerk aus
Mäusedorn, Walderbsen, Melisse, Sockenblume, einige schlaffe Gräser, Frühlingscyclamen
und stellenweise ein die steinigen Plätze überkleidendes Moosgesilz anzutreffen. Durch die
dichte Beschattung und die Decke aus dürrem brauueu Laube erinnert der Lorbeerwald
lebhaft an den Buchenwald. Gegenwärtig sind die Lorbeergehölze nur mehr auf einige
wenige Stellen beschränkt. Der bekannteste Lorbeerwald ist jener, welcher das Gelände
bei Abazzia am östlichen Fuße des Monte maggiore in Jstrien beschattet. — Weit verbreitet
ist dagegen der immergrüne Eichenwald, in welchem die mit graugrünen starren
Blättern auch im Winter geschmückte Ouercus Hex als tonangebende Baumart auftritt.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil, Volume 2
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil
- Volume
- 2
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1886
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.77 x 26.41 cm
- Pages
- 344
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch