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fast alle durch steife Stengel, schmale Blätter und eine Fülle kleiner Blüten ausgezeichnet
sind. Überwiegend sind unter diesen Standen die nelkenartigen Gewächse, aber auch
Tragante und Doldeu nehmen einen hervorragenden Antheil. An diese Flugsandslnren
schließen sich die für das politische Gebiet so äußerst charakteristischen Federgrasfluren
au, in welchen die von den Steppenbewohnern in Liedern und Märchen so vielfach
verwebten Stiparafeu vorherrschen und sozusagen den Ton angeben. Zahlreiche Schmetter-
lingsblütler und Compositen, aber auch Zwiebelgewächse und Schwertlilien erscheinen in
den Lücken zwischen den Stiparascn eingeschaltet. Auf sandigem, von den Flugsandfluren
gefestigten und zubereiteten Erdreich, sowie an steinigen Bergabhängen herrschen jene
Federgräser vor, dereu lang wehende Granen an Reiherfedern erinnern und, unter dem
Namen Waifenmädchenhaar (^rvaleanxlia^) bekannt, auch als Hutzier iu Ungarn ganz
allgemein Verwendung finden; auf lehmigem Boden dagegen wird ein Federgras mit
südlichen, geringelten und zusammengedrehten Granen (Stipa capillata) vorherrschend, und
baun gesellen sich gewöhnlich der Kammweizen, die spätblühende Diplachue, der hanfblättrige
Eibisch, die langblütige Leimnelke, hohe Scabiosen, Kugeldisteln und zahlreiche andere
Stauden bei. Dort, wo zwischen die Stiparasen zahlreiche Gräser und niedere Kräuter ein-
gesprengt sind, kommt es mitunter auch zu einer geschlossenen Vegetationsdecke, welche den
Eindruck einer Wiese macht und auch geradezu als Wiese benützt, das heißt gemäht und auf
Heu ausgenützt wird. Vom Ansehen einer hochgrasigen Wiese erscheint auch die Goldbart-
flur. Als tonangebende Pflanze dieser Genossenschaft tritt hier der Goldbart (?ollinia
(Zi^Iws) auf, ein Gras, welches auf meterhohen schlanken Halmen lockere, violett und goldig
schimmernde Rispen wiegt, den Boden mit großen compacten Polstern bestockt und mit
Schmetterlingsblütlern, Korbblütlern und Lippenblütlern eine fest geschlossene Pflanzen-
decke über den schwarzen humusreichen Boden webt. Gewöhnlich sind zahlreiche Orchideen
und Zwiebelpflanzen in diese Grasflur eingeschaltet, doch sind es der Mehrzahl nach Arten,
welche auch über das politische Florengebiet hinaus noch weit verbreitet sind. Während
diese durch den Goldbart charakterisirte hohe Grasflur weite Strecken der sandigen Hügel-
wellen des Tieflandes und der ebenen oder sanft geneigten Flächen auf den unteren Stufen
des Karstes überzieht, beschränken sich die aus den niederen rasensörmigen Seslerien
gebildeten Kamm gras matten auf das Bergland und die höheren Stufen des Karstes,
überziehen dort die sonnigen breiten Lehnen, Rücken und Kuppen oder auch die Gesimse
und Terrassen steiler Felswände in Form schmaler überwallender Streifen, erscheinen
gewöhnlich angelehnt an die Gestrüppe, in welchen die aromatischen halbstranchigen Lippen-
blütler vorherrschen, und schieben sich mitunter auch in den Grund lichter Schwarzföhren-
wälder ein. Sehr regelmäßig sind den das Grundgewebe dieser Matten bildenden Seslerien
oder Kammgräsern auch die Rasenpolster kleiner Rispengräser, Schwingel und Seggen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil, Volume 2
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Übersichtsband, 1. Abteilung: Naturgeschichtlicher Teil
- Volume
- 2
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1886
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 15.77 x 26.41 cm
- Pages
- 344
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch